Asylpolitik: Hilfsorganisationen fordern Umdenken

Caritas, Diakonie und die katholischen Frauenorden haben am Montag ihre tiefe Sorge im Zusammenhang mit der Abschiebung von acht pakistanischen Asylwerbern zum Ausdruck gebracht.

Caritas-Präsident Franz Küberl, der Wiener Caritasdirektor Michael Landau und Diakoniedirektor Michael Chalupka fordern gemeinsam ein Umdenken in der Asylpolitik und entsprechende Reformen. „Ich bezweifle, dass die österreichische Bundesregierung für die Sicherheit dieser acht Menschen in Pakistan garantieren kann und dass sie die Sicherheitslage in Pakistan richtig einschätzt“, so Caritasdirektor Landau. „Nicht alles, was rechtens ist, ist auch menschlich richtig.“

Präsidentin der Vereinigung der Ordensgemeinschaften Österreichs, Beatrix Mayrhofer

Katrin Bruder

Sr. Beatrix Mayrhofer

„Wir alle sind Malala“

Beatrix Mayrhofer, Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs zeigt sich in einer Aussendung „tief betroffen. Mitten in der großen Julihitze 2013 ist mir ganz kalt geworden. Ich protestiere“. Die Männer in der Votivkirche hätten Angst gehabt - und Hoffnung. „Ich habe mit ihnen gehofft“, so Mayrhofer. Einer der Flüchtlinge, habe zu ihr gesagt: „Wir sind alle Malala - wir kämpfen für Gerechtigkeit und Bildung“. Die Hoffnung der Männer habe darin bestanden, dass eine Gesellschaft, die Malala bewundere, vielleicht auch sie, die Flüchtlinge aus dem Swat-Tal, unterstützen würde, so Mayrhofer.

Malala ist jenes pakistanische, mittlerweile 16-jährige Mädchen aus dem Swat-Tal, das sich seit ihrem elften Lebensjahr für das Recht von Kindern auf Schulbildung einsetzt. 2012 wurde ein Attentat auf sie verübt, das sie nur knapp überlebte. Kürzlich feierte sie ihren 16. Geburtstag mit einer international beachteten Rede vor den Vereinten Nationen.

Caritas-Präsident Michael Landau

kathbild/Franz Josef Rupprecht

Caritasdirektor Michael Landau

Schwächen im österreichischen Asylsystem

Die Flüchtlinge aus dem Servitenkloster hätten sich in den vergangenen Monaten exponiert. Sie hätten auf Schwächen des österreichischen Asylsystems und auf menschenrechtliche Verletzungen in ihrem Herkunftsland - auf Verfolgung, Folter und Tod - hingewiesen. „Wenn diese Menschen nun abgeschoben werden, ist dies menschlich nicht nachvollziehbar. Wir appellieren an die Politik, die Abschiebung zu überdenken und das österreichische Asylwesen endlich zu reformieren, um den Menschen, um die es hier geht, auch als Menschen gerecht zu werden“, so Landau.

Caritas-Präsident Küberl betont mit Blick auf die Aussagen von Bundesministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) im Ö1 Morgenjournal vom Montag: „Es darf vor einer Nationalratswahl auch keinen humanitätsfreien Raum geben. Und deswegen ersuche ich um einen auch mitmenschlich fairen Umgang mit den Asylwerbern.“

Ringen um Verhältnismäßigkeit

Caritas und Diakonie wiesen einmal mehr darauf hin, dass Österreich in vielen Bereichen des Fremdenrechts noch immer weit von fairen und qualitätsvollen Asylverfahren entfernt ist. „Ziel muss es sein, dass das, was menschlich und menschenrechtlich richtig ist, auch in den Rechtsstandards und Gesetzen zum Ausdruck kommt. Im Asylrecht befinden wir uns in einem steten Ringen um Recht und Verhältnismäßigkeit“, so Diakoniedirektor Chalupka.

Diakonie-Direktor Michael Chalupka

kathbild/Franz Josef Rupprecht

Diakoniedirektor Michael Chalupka

Er forderte nicht nur eine „notwendige Verbesserung der Qualität“ im Asylverfahren sondern auch mehr Solidarität im europäischen Asylsystem ein. „Auch müssen noch immer in Österreich Grundversorgungseinrichtungen geschlossen werden, weil sie jeder menschenwürdigen Beschreibung spotten“, so Chalupka.

Landau wies auf jüngste kirchliche Aussagen hin: „In Tagen, da Papst Franziskus auf der Flüchtlingsinsel Lampedusa vor einer Globalisierung der Gleichgültigkeit warnt und Kardinal Christoph Schönborn zu Recht betont, dass Rechtsstaat und Mitmenschlichkeit kein Widerspruch sein dürfen, sollten sich auch die österreichischen Politiker erneut fragen, ob sie ihrer Verantwortung gerecht werden. Gesetze können dahingehend geändert werden, dass sie nicht nur rechtens, sondern auch menschlich besser vertretbar sind.“

Bessere Bedingungen für alle Asylwerbenden

Die Spitzenvertreter von Caritas und Diakonie hielten gemeinsam fest: „Die Flüchtlinge aus dem Servitenkloster können nicht besser gestellt werden als Tausende andere Flüchtlinge, die in Österreich Schutz suchen. Deshalb fordern wir, dass es menschenrechtliche Anpassungen für alle Asylsuchenden in Österreich geben muss.“

Die acht Asylwerber aus Pakistan waren schon am Montagmorgen aus dem Polizeianhaltezentrum an der Rossauer Lände in Wien in Richtung Flughafen Wien-Schwechat gebracht worden. Eine Protest-Kundgebung vor dem Anhaltezentrum, an der zwischen 80 und 100 Personen teilnahmen, war zuvor von einem massiven Polizeiaufgebot aufgelöst worden.

Innenministerin verteidigt Abschiebung

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat am Montag in einem ORF-Interview die Festnahme von acht Flüchtlingen aus dem ehemaligen Servitenkloster und deren Abschiebung nach Pakistan verteidigt. Der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, hatte zuvor in einer Aussendung vermutet, hinter der Aktion könnten wahltaktische Motive stehen. „Wir leben in keinem Willkürstaat sondern in einem Rechtsstaat“, wies die Innenministerin die Vorwürfe zurück. Deshalb werde es auch zehn Wochen vor der Nationalratswahl keine „rechts-noch polizeifreie Zeit“ geben.

Jeder Asylantrag werde in Österreich einzeln nach objektiven Kriterien geprüft, so Mikl-Leitner. Im Fall der acht pakistanischen Flüchtlinge seien das Bundesasylamt und der unabhängige Asylgerichtshof zu dem Schluss gekommen, dass keine Gefährdung bestünde. Da nun „alle Ermessenspielräume, die das Gesetz den Behörden einräumt ausgeschöpft sind, ist die Behörde verpflichtet fremdenpolizeilich zu handeln“, so Mikl-Leitner.

„Menschlich und politisch nicht hinnehmbar“

Sowohl Caritas, die Grünen als auch Kardinal Schönborn äußerten allerdings Zweifel an der angeblich „ungefährlichen Lage“ in Pakistan. Eine Abschiebung in ein Land mit hoher Terrorgefahr sei „menschlich wie politisch nicht hinnehmbar“, heißt es etwa von den Grünen und bei der Caritas. Mikl-Leitner wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in Österreich jeder Fall auf die Gefährdung der einzelnen Person hin überprüft werde. Die bestehende Reisewarnung gelte in erster Linie für Österreichische Staatsbürger, da „diese über keine lokalen Kenntnisse verfügen und zum Ziel von antiwestlichen Gruppen werden könnten.“

Von ihrer Weisungsbefugnis, mit der sie die Abschiebung noch stoppen könnte, wird die Ministerin nicht Gebrauch machen, „denn das würde als politischer Zuruf oder Einmischung verstanden werde“, so die Innenministerin. Vielmehr müsse man sich auf die unabhängigen Behörden verlassen.

religion.ORF.at/KAP

Links: