Caritas: Unschuldsvermutung auch für Asylwerber

Für die der Schlepperei verdächtigten pakistanischen Flüchtlinge, die am Dienstag verhaftet wurden, sollte ebenso die Unschuldsvermutung gelten wie für Politiker oder Lobbyisten, so Caritas-Generalsekretär Schwertner.

Das äußerte Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien, am Mittwoch im Online-Chat der Tageszeitung „Der Standard“. Die gestern erhobenen Vorwürfe seien für die Caritas „völlig neu“ und man habe den Behörden „volle Kooperation“ zugesagt. Eine „Vorverurteilung“ sei das jedoch keinesfalls, stellte der Generalsekretär klar. Besorgt sei die Caritas vor allem darüber, „dass die erhobenen Vorwürfe einzelner schwarzer Schafe zu einem erheblichen Schaden für alle Flüchtlinge in Österreich führen könnten“.

Rund um das ehemalige Servitenkloster überschlugen sich in den vergangenen Tagen die Ereignisse: Nachdem am Sonntag die Asylstatistik des Innenministeriums veröffentlicht und acht Bewohner auf der Polizeistation festgenommen wurden, fanden am Montag und Dienstag die ersten Abschiebungen statt.

Servitenkloster durchsucht

Ebenfalls am Dienstag wurden Vorwürfe der Schlepperei laut und es kam zu drei Verhaftungen, „obwohl bereits seit März dieses Jahres Ermittlungen laufen sollen“, wie Schwertner betonte. Am Mittwochmorgen durchsuchte die Polizei das Servitenkloster.

Klaus Schwertner

Kathbild/Franz Josef Rupprecht

Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner

Jeder müsse sich angesichts der Ereignisse der letzten Tage selbst ein Bild machen, ob es sich hier tatsächlich um die seitens der Behörden behauptete „Verkettung von Zufällen“ handle, kommentierte Schwertner das Geschehen. Er verwies auch auf die „klaren Worte“ von Kardinal Christoph Schönborn, der am Sonntag von einem „traurigen Tag“ sprach und die Frage stellte, ob der Zeitpunkt dieser Aktion mit dem Wahlkampf in Verbindung zu bringen ist.

„Österreich hat kein Flüchtlingsproblem“

Flüchtlinge und das Flüchtlingsthema würden immer wieder politisch missbraucht, bedauerte der Caritas-Generalsekretär. Auch abseits der Beschuldigung der Schlepperei kämen immer wieder Gerüchte auf, die offenbar zur Kriminalisierung des Flüchtlingsprotestes beitragen sollten. Ein kleiner Trost sei hier die Wortwahl der Innenministerin, die „eine gewisse Sensibilität“ zeige.

Österreich habe kein Flüchtlingsproblem, betonte Schwertner: Es sei „zynisch“, wenn angesichts von 1,5 Millionen syrischen Flüchtlingen in libanesischen Flüchtlingslagern bei 8.200 Asylanträgen im ersten Halbjahr 2013 von einem „dramatischen Anstieg“ der Asylanträge gesprochen werde. Er selbst hoffe auf die Rückkehr zu einer sachlichen Debatte. „Leider sind die, die hetzen, oft sehr laut, und es entsteht der falsche Eindruck, dass es die Mehrheit in unserem Land ist.“

Mehr Rechtsstaat nötig

Not von Menschen dürfe nicht gegeneinander ausgespielt und politisch instrumentalisiert werden. Standpunkt der Caritas sei weiterhin, „dass nicht alle, die Asyl beantragen auch Asyl erhalten werden“, so Schwertner.

Gleichzeitig brauche es im Asylwesen „mehr Rechtsstaatlichkeit und nicht weniger“, wobei Menschlichkeit nicht vernachlässigt werden dürfe. So würden etwa die neun Bundesländer ihren Umgang mit rechtskräftig negativen Asylwerbern unterschiedlich handhaben, was durch einheitliche Standards zu überwinden sei.

Auf „dringenden Handlungsbedarf“ deute auch der Umstand, dass der Europäische Flüchtlingsrat Österreichs vergleichbar niedrige Asylanerkennungsquote bei Pakistanis am Montag als „Willkür“ bezeichnet habe. „Es ist völlig unverständlich, dass die prekäre Sicherheitslage in Pakistan von EU-Ländern unterschiedliche eingeschätzt wird“, so Schwertner. Schon lange habe die Caritas auf die schwierige Sicherheitslage in Pakistan aufmerksam gemacht, und auch die partielle Reisewarnung des Außenministeriums gelte weiterhin.

Serviten-Flüchtlinge in großer Angst

Bei den zurückbleibenden Bewohnern im Servitenkloster sei nach den Abschiebungen die Verunsicherung und Angst „sehr, sehr groß“, berichtete Schwertner über Gespräche mit den Betroffenen. Diese würden Verfolgung und Tod im Falle einer Abschiebung fürchten, auch deshalb, da nun nach dem Medieninteresse bei ihrem Hilfeschrei und Protest in der Votivkirche ihre Namen, Fotos und Aussagen mühelos auffindbar seien. Schwertner: „Durch ihre öffentliche Kritik an der pakistanischen Regierung und dem Taliban-Regime fühlen sie sich besonders gefährdet.“

Die Caritas werde sich weiterhin um die Flüchtlinge im ehemaligen Servitenkloster, das vom Fonds Soziales Wien bis 31. Oktober als Grundversorgungshaus anerkannt wurde, kümmern. „Unsere Aufgabe ist die Begleitung, Beratung und Betreuung von Menschen in Not. Kriminalitätsbekämpfung ist Aufgabe der Polizei, nicht der Caritas“, so der Generalsekretär.

religion.ORF.at/KAP

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