Oben-ohne-Protest im Kölner Dom

Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hat am Christtag seinen 80. Geburtstag gefeiert. Im Festgottesdienst rief er zu Versöhnung und Gottvertrauen auf. Eine Femen-Aktivistin sprang auf den Altar und schrie: „Ich bin Gott“.

Die erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit zu Meisners rundem Geburtstag an Weihnachten nutzte eine Femen-Aktivistin, um im Kölner Dom gegen eine sexistische und patriarchalische Haltung der katholischen Kirche zu protestieren. Die 19-Jährige sprang zu Beginn des Weihnachtsgottesdienstes am Mittwoch mit nacktem Oberkörper auf den Altar und schrie „Ich bin Gott“.

Femen-Aktivistin protestiert nackt im Kölner Dom

APA/dpa/Elke Lehrenkrauss

Femen-Aktivistin protestiert nackt im Kölner Dom

Nach kurzer Zeit fassten Domwächter die junge Frau und führten sie aus der Kirche. Der Kardinal blieb gelassen und setzte die Messe fort. Man wolle Weihnachten feiern und sich die Stimmung nicht vermiesen lassen, sagte er. Vor dem Schlusssegen schloss er die Frau in sein Gebet ein.

Meisner: „Keine Angst vor der Zukunft“

Der Kardinal bekundete am Ende der Feier Dankbarkeit. Er sei froh, dass er es „schon so weit geschafft hat“. Künftig werde er viel Zeit zum Beten und viele Gelegenheiten zum Beichte-Hören im Kölner Dom haben, meinte er im Hinblick auf seine altersbedingte Emeritierung.

„Ich habe vor der Zukunft keine Angst“, sagte der Kardinal. Er habe mehr Zukunft vor sich als Vergangenheit und Gegenwart zusammen. Nun hoffe er, dass Papst Franziskus ihm über kurz oder lang den Hirtenstab aus der Hand nehme. Der Kardinal rechnet damit, dass ihn der Papst spätestens im Februar in den Ruhestand entlässt. Am 12. Februar jährt sich sein Amtsantritt in Köln zum 25. Mal.

Meisner: „Kein Reformbedarf“

In einem Weihnachtsinterview des Deutschlandfunks lehnte Meisner Reformen etwa im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen ab. Er berief sich dafür auch auf persönliche Gespräche mit Papst Franziskus und wies damit Initiativen anderer deutscher Bischöfe wie des Freiburger Erzbischofs Robert Zollitsch zurück, die etwa die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion und zur Beichte in bestimmten Fällen befürworten.

„Die Kirche hat sich dem Worte Gottes anzupassen und nicht der Meinung der Menschen“, sagte er auch mit Blick auf Umfragen in der Erzdiözese Köln, nach der die Katholiken mit großer Mehrheit eine andere Sexualmoral und einen barmherzigeren Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen fordern. „Wir müssen als Kirche die Meinung der Menschen kennen, um dann das Wort Gottes entsprechend zu verkünden. Aber anpassen ist keine Kategorie des Evangeliums.“

Meisner: „Zeitgeistigkeit schützt nicht vor Austritten“

Nach Meinung des Erzbischofs kann die hohe Zahl an Kirchenaustritten nicht mit der Haltung der Kirche zu Fragen der Sexualität begründet werden. Die evangelische Kirche zeichne sich in diesem Bereich durch eine „totale Angleichung an den Zeitgeist“ aus. „Wie ich höre, sind die Austrittszahlen da noch größer als bei uns.“

Meisner kritisierte auch das Zentralkomitee der Katholiken, das sich kürzlich in einer Stellungnahme für eine aufgeklärte, beziehungsorientierte und lebensfreundliche Sexualmoral ausgesprochen hatte. Das Gremium müsse sich die Frage stellen, ob es seinem Auftrag treu geblieben sei, das Evangelium in der Welt „sichtbar und wirksam werden zu lassen“.

Auf die Frage, ob er keine Angst habe, sich mit seiner Position zu isolieren, verwies Meisner auf seine Erfahrungen in der DDR-Zeit. Er sei schon in der Schule der einzige katholische Junge gewesen und habe sich trotzdem nicht isolieren lassen. Er sorge sich vielmehr um die Menschen, die sich ihren Glauben selbst zurechtbögen, „und die ihn nicht ehrfürchtig entgegennehmen“, wie ihn Christus ihnen anvertraut habe.

KAP

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