Missbrauch: Prozess im Vatikan gegen Nuntius?

Einen Tag nach den UNO-Befragungen zu den Kinderschutzmaßnahmen des Vatikans am Donnerstag haben Insider darauf hingewiesen, dass auch ein energisches Vorgehen in der „Causa Wesolowski“ bevorstehen dürfte.

Demnach dürfte man im Vatikan im Blick auf die Missbrauchsaffäre eines Nuntius - Erzbischof Jozef Wesolowski hatte den Posten in Santo Domingo inne - auf die im Juli 2013 von Papst Franziskus verfügte verschärfte Strafgesetzgebung zurückgreifen, die für Fälle von Missbrauch und Geldwäsche erlassen worden war.

„Mit aller Strenge“ vorgehen

Wie die Schweizer katholische Nachrichtenagentur APIC am Freitag meldete, habe Tomasi bei der Befragung vor dem im Genfer Menschenrechtshochkommissariat angesiedelten UNO-Kinderrechtskomitee, auf die Frage nach dem Vorgehen in der „Causa Wesolowski“ betont, es werde „mit aller Strenge vorgegangen, so wie sie jetzt bei der Straftat der Pädophilie vorgeschrieben ist“. Dabei verwies Tomasi auf die verschärfte Strafgesetzgebung von 11. Juli 2013.

Erzbischof Jozef Wesolowski

APA/EPA/Orlando Barria

Erzbischof Jozef Wesolowski

Laut APIC ist somit zu erwarten, dass dem Nuntius, dessen Nichtauslieferung nach Santo Domingo bzw. Warschau vielseits Kritik am Vatikan ausgelöst hatte, jetzt im vatikanischen Gerichtsgebäude der Prozess gemacht wird. Einziger jüngerer Präzedenzfall ist der des Papstbutlers Paolo Gabriele im Zuge der „Vatileaks“-Affäre.

Kirchliche Richtlinien verschärft

Tomasi hatte am Donnerstag in Genf die Vatikan-Politik bei Missbrauch verteidigt. Der Heilige Stuhl habe kirchliche Richtlinien verschärft, die Zusammenarbeit mit staatlichen Strafverfolgungen ausgebaut und neue Wege in der Prävention beschritten, sagte er vor der UNO-Einrichtung. Für pädophile Übergriffe gebe es „keine Entschuldigung“. Das US-amerikanische Netzwerk für Opfer pädophiler Priester (SNAP) äußerte sich dennoch enttäuscht.

Anhörung des Vatikans zum Thema Kindesmissbrauch vor der UNO in Genf

APA/Martial Trezzini

Der Botschafter des Vatikan-Staates bei der UNO, Silvano Tomasi (li.) und Charles Scicluna (re.), Ex-Chefermittler für Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, während der Anhörung in Genf

Der Vatikan stellte sich als Unterzeichner der UNO-Kinderrechtskonvention erstmals der turnusmäßigen Prüfung seiner Maßnahmen zum Schutz von Minderjährigen. Tomasi erklärte, der Kinderschutz bleibe ein „Hauptanliegen“ der katholischen Kirche. Neben entsprechenden Leitlinien nannte er auch ein von der Päpstlichen Universität Gregoriana und der Universität München gemeinsam entwickeltes Präventionsprogramm als Beispiel.

Kirche will „Vorbild“ werden

Weiter verwies Tomasi auf eine von Papst Franziskus angekündigte Kinderschutzkommission, die weitere Vorschläge erarbeiten soll. Die katholische Kirche wolle ein „Vorbild“ auf diesem Feld werden, so der Vatikan-Diplomat. Zugleich betonte er die rechtliche Eigenständigkeit der katholischen Ortskirchen.

Bischof Scicluna, früherer Strafverfolger bei der Glaubenskongregation und ebenfalls Teilnehmer der Anhörung in Genf, sagte laut Medienberichten, der Vatikan erziele Erfolge bei der Ahndung von Missbrauch. Dabei räumte er ein, es gebe „bestimmte Dinge, die man anders machen muss“, etwa hinsichtlich der Vertuschung von Pädophilie-Fällen.

religion.ORF.at/KAP

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