D: Mit Comics gegen Islamklischees

Eine junge Muslima wirbt in Deutschland mit ihren Comics für mehr Toleranz gegenüber Kopftuch-Trägerinnen. Mit den Zeichnungen sollen Vorurteile sichtbar gemacht werden.

Eine junge Muslima mit Kopftuch schaut argwöhnisch auf eine junge Frau ohne Kopftuch. „Sie blickt mich an. Ich bin mir sicher: Sie hasst Muslime“, ist in einer Sprechblase über dem Kopftuch zu lesen. „Sie blickt mich an: Ich bin mir sicher: Sie hasst Ungläubige“, denkt die andere. Zu sehen ist diese Szene in einem Comic-Strip. Gezeichnet von der 24-jährigen deutschen Studentin Soufeina Hamed.

Erste Veröffentlichungen im Internet

Die gläubige Muslima wirbt mit ihren Comics für mehr Toleranz gegenüber Kopftuch-Trägerinnen. Seitdem sie eine Zeichnung auf einer Internet-Plattform veröffentlicht hat, die eine junge Kopftuch-Trägerin zeigt, die in der U-Bahn von einer alten Dame angestarrt wird, steht Hamed im Fokus der Medien. Das Echo hat sie überrascht. „Es gibt so viele große Künstler. Warum ich?“, fragt sie, schiebt die Erklärung für die Aufmerksamkeit aber sofort nach: „Das liegt wohl am Kopftuch.“

Hamed wurde in Tunesien geboren, ihr Vater kommt von dort, ihre Mutter ist Deutsche. Im Alter von sieben zog sie mit ihren Eltern nach Berlin, seit sie zwölf ist, trägt sie ein Kopftuch. „Es war ganz natürlich für mich, irgendwann ein Kopftuch zu tragen.“ Dass die Leute komisch schauen, hat sie aus eigener Erfahrung in Berlin erlebt. „Man fühlt sich verletzt, wie ein Tier im Zoo.“

„Humor ist eine Tür für heikle Themen“

Nach der Volksschule fing Soufeina Hamed an, zu zeichnen. Das half ihr, ihren Ärger auszudrücken. Innerhalb der islamischen Community gebe es viele Blogs, in denen Frauen ihren Frust auslassen, berichtet die Studentin. Ihren Zeichnungen ist der Groll nicht anzusehen. Im Gegenteil - die jungen Frauen, die Hamed darstellt, sehen oft pfiffig aus oder begegnen Vorurteilen mit gleichmütigem Humor.

„Humor ist eine Tür für heikle Themen“, sagt Hamed. Auch die Mohammed-Karikaturen in der dänischen Zeitung „Jyllands-Posten“ habe sie gelassen gesehen, obwohl sie persönlich verletzt gewesen sei. „Mohammed war ein sehr wichtiger Mensch für mich.“ Die Aufregung um das Thema habe sie jedoch nicht geteilt. Religion, sagt Soufeina Hamed, sei für sie Privatsache, die Comics dagegen ein Medium, um in den Dialog zu kommen. Sie selbst ist noch nie auf die Idee gekommen, ihr Tuch wegen Anfeindungen abzulegen. „Das ist keine Alternative. Das Kopftuch ist Teil meiner Identität.“

Vorurteile sichtbar machen

Wie Vorurteile abgebaut werden können, darüber denkt auch Martina Blasberg-Kuhnke nach, die Professorin am Institut für Katholische Theologie an der Uni Osnabrück ist. „Comics und Humor sind ein probates Mittel, um Vorurteile zuerst einmal sichtbar zu machen. Manchmal auch, um sie als das zu zeigen, was sie oft genug sind: Zum Lachen“, sagt sie. Zum Abbau der Vorurteile brauche es jedoch zusätzlich Argumente und ein differenziertes Vorgehen.

Die Professorin plädiert für mehr Toleranz gegenüber Menschen, die ihre Religion offen zeigen. „Natürlich trägt die muslimische Mathe-Lehrerin, so sie Kopftuchträgerin ist, ihr Kopftuch auch in Mathe, weil sie es eben immer trägt“, sagt sie. Sofern sicher gestellt sei, dass damit kein politisches, sondern ein rein religiöses Bekenntnis verbunden sei, sollte die Lehrerin das ihrer Meinung nach auch tun.

Hamed will im Sommer ihr Studium an der Uni Osnabrück mit dem Master in Interkultureller Psychologie beenden. Anschließend will sie als Wirtschaftspsychologin arbeiten. Eine Hintertür in einen anderen Bereich hält sie sich jedoch offen. Sollte mal ein Verlag wegen eines Graphic Novels anfragen, wäre sie wohl nicht abgeneigt.

APA/dpa

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