Pakistan: Stärkerer Schutz für Kalasha-Minderheit

Nach Todesdrohungen der Taliban gegen die kleine Kalasha-Minderheit in Pakistan, die sich zum Teil als Nachfahren der Soldaten von Alexander dem Großen verstehen, haben die Behörden deren Schutz verstärkt.

Aus hochrangigen Polizeikreisen hieß es am Donnerstag, Soldaten und Sondereinsatzkräfte der Polizei seien in das abgelegene Chitral-Tal nahe der afghanischen Grenze entsandt worden. Die Regierung habe einen „Notfallplan“ erarbeitet. In einem kürzlich veröffentlichten, 50-minütigen Video drohten die Taliban den noch etwa 500 Familien der Kalasha (Kalash), sie zu töten, sollten sie nicht zum Islam konvertieren.

Uralte Riten und Gebräuche

Die Kalasha sind eine in einigen Hindukusch-Tälern lebende Ethnie mit einer eigenen Sprache (Kalasha-Mun), die ihre Abstammung zum Teil von Alexander dem Großen (356 bis 323 v. Chr.) und dessen Soldaten herleiten. Gesichert ist diese Herkunft nicht, wahrscheinlich ist aber eine Abkunft von einer griechisch geprägten Kultur, die bereits vor dem Eintreffen von Alexanders Truppen in der Gegend bestanden hat, wie antike Funde bezeugen. Die für die Weltregion ungewöhnliche helle Haut und Haarfarbe der Chitral-Kalasha ist ein weiteres Indiz für eine indoeuropäische Abstammung.

Kalasha-Frauen in traditionellen Gewändern

APA/EPA/Hammad Khan Farooqi

Chitral-Kalasha-Frauen in traditionellen Gewändern

Die Kalasha leben seit mehr als 2.000 Jahren im Chitral-Tal. Sie hängen keiner modernen Religion an, sondern uralten Riten und Gebräuchen, an denen sich sunnitische Extremisten wie die Taliban stören. So tanzen die Kalasha beispielsweise, wenn jemand aus der Gemeinschaft stirbt. Tote werden nicht beerdigt, sondern in Särgen über der Erde aufbewahrt.

Polytheistischer Glaube

Ihr polytheistischer Glaube ähnelt dem Vielgötterglauben des alten Griechenlands und leitet sich möglicherweise von einer vor-indoeuropäischen Kultur her. Die Kalasha führen noch immer weitgehend eine bäuerliche Lebensweise, in der eine starke Naturverbundenheit eine große Rolle spielt. Der Umgang der Geschlechter miteinander ist ein relativ freier, die Frauen können sich vergleichsweise ungezwungen bewegen.

In den Gegenden um das Chitral-Tal gibt es Hochburgen der afghanischen und der pakistanischen Taliban. Viele Angehörige der Ethnie sind bereits unter dem Druck durch die umgebenden sunnitischen Muslime zum Islam konvertiert. Doch auch moderate Muslime werden in dem Taliban-Video mit dem Tod bedroht. Laut einem „Guardian“-Artikel (Donnerstag-Ausgabe) behauptet der Sprecher in dem Taliban-Video auch, NGOs seien dabei, für die Kalasha in Chitral einen „israelähnlichen Staat“ zu errichten.

Insbesondere richtet sich die Drohung gegen eine wohltätige Organisation des Aga Khan, des religiösen Anführers der Ismailitien. Ihr werfen die Taliban vor, die Menschen des Chitral-Tals mittels Gehirnwäsche „vom Islam fernzuhalten“. Die von der Organisation gegründeten Krankenhäuser und Schulen dienten Zwecken der Spionage und „Gehirnwäsche“ im Dienst fremder Mächte.

religion.ORF.at/dpa

Link: