Vatikan: „Wirtschaftsminister“ Pell ab Ende März im Amt

Der australische Kardinal George Pell, bisher Erzbischof von Sydney, will Ende März sein Amt als Präfekt des neuen vatikanischen Wirtschaftssekretariats aufnehmen. Das wurde am Dienstag in Rom bekannt.

Pell wird in den kommenden vier Wochen sein Büro in Sydney für die Übergabe vorbereiten. Am Montag war er vom Papst zum Chef einer neuen vatikanischen Behörde ernannt worden, die die Budgets und Bilanzen sowohl des Heiligen Stuhls (religiöse Einrichtungen und Büros) als auch des Vatikanstaates erstellen und kontrollieren soll. Das neue Sekretariat erhält seine Direktiven von einem 15-köpfigen Wirtschaftsrat, dem acht Kardinäle oder Bischöfe und sieben nicht-geweihte Finanzexperten angehören.

Die Errichtung der neuen Wirtschaftsstrukturen durch ein „Motu proprio“ (Erlass) des Papstes gehört zu den ersten großen Maßnahmen der Kurienreform. Vergangene Woche hatten im Vatikan mehrere Prüfungs- und Kontrollkommissionen getagt, die dem Papst Vorschläge für eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der Arbeitsabläufe und der Zuständigkeiten in der Kirchenzentrale unterbreiten sollten.

Kardinal George Pell

Reuters/Tim Wimborne

George Pell

„Der treue und kluge Verwalter“

Das am Montagabend veröffentlichte Motu proprio mit dem Titel „Fidelis dispensator et prudens“ („Der treue und kluge Verwalter“) sieht neben dem 15er-Wirtschaftsrat, der Richtlinienkompetenz und Kontrollbefugnissen in allen Bereichen der Finanz- und Güterverwaltung hat, das von Pell geleitete Sekretariat vor.

Unter anderem obliegt ihm die Überwachung der Anlagepolitik, aber auch Personalentscheidungen. Das Sekretariat ist direkt dem Papst rechenschaftspflichtig. Sein Präfekt muss mit dem Staatssekretariat als der zentralen Leitungsbehörde der Weltkirche „zusammenarbeiten“, untersteht ihm also nicht.

Generalrevisor mit umfassenden Vollmachten

Neu geschaffen wird auch die Funktion eines Generalrevisors, eines Wirtschaftsprüfers mit umfassenden Vollmachten. Er wird direkt vom Papst ernannt. Für den Wirtschaftsrat und das Sekretariat hat der Finanzpräfekt Statuten zu erstellen. Dies soll, so der Papst, „so schnell wie möglich“ geschehen.

Das neue Amt löst den bisherigen Kardinalsrat für organisatorische und wirtschaftliche Angelegenheiten des Heiligen Stuhls und des Vatikanstaats ab. Unberührt bleibt die Rolle der vatikanischen Güterverwaltung APSA, die die Funktion einer Zentralbank des Vatikan hat. Auch die vatikanische Finanzaufsichtsbehörde AIF, geleitet von dem Schweizer Anti-Geldwäsche-Experten Rene Brülhart, soll nach Angaben des vatikanischen Presseamts ihre Aufgabe fortsetzen. Auch die Vatikanbank IOR sei von der neuen Anordnung unberührt und dürfte seine Aufgabe als Finanzdienstleister weiterhin versehen, hieß es am Dienstag.

Teil der Kurienreform durch „C8“-Gremium

Die Schaffung des neuen Ministeriums ist nach Aussage des Papstes Teil der Kurienreform, über die Franziskus mit einem Rat von acht Kardinälen („C8“) seit Oktober berät. Das Gremium hatte vergangene Woche seine dritte Sitzung. Pell ist eines der Mitglieder dieser Runde.

Der Vatikan war in der Vergangenheit aufgrund von Finanzaktivitäten immer wieder in Kritik geraten. Der Erlass zur Gründung des Ministeriums verweist auf die Verantwortung gegenüber den Armen und auf eine Orientierung am Gemeinwohl.

Die neuen Strukturen sollen nach manchen Skandalen der Vergangenheit die vatikanischen Wirtschaftsstrukturen und -aufgaben vereinfachen und vereinheitlichen. Denn die wirtschaftlichen und administrativen Belange des Heiligen Stuhls wie des Vatikanstaats wiesen bislang einen getrennten Haushalt aus.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu: