Kirchenreformer fordern „Taten statt Gesten“ von Papst

Sowohl die Reformbewegung „Wir sind Kirche“ als auch der kritische Theologe Hans Küng beurteilen das erste Jahr im Pontifikat von Papst Franziskus positiv, fordern aber künftig Taten statt Gesten aus dem Vatikan.

„Jede Hoffnung erwartet Realisierung. Das ist der Punkt, wo sich entscheidet, ob die Hoffnung begründet war oder blinde Illusion ist“, schrieb der Vorsitzende der österreichischen Plattform „Wir sind Kirche“ Hans Peter Hurka am Montag in einer Aussendung.

„Mit kleinen Gesten und einfachen Worten hat Franziskus die Herzen vieler Menschen erobert“, so Hurka in einer Bilanz des ersten Amtsjahres des Papstes. Doch brauche es darüber hinaus „auch die Korrektur von Glaubenssätzen und die Anpassung des Kirchenrechts“.

Hans Peter Hurka

APA/Herbert Pfarrhofer

Hans Peter Hurka

Zwar sehe man ein, dass Reformen dieses Umfangs Zeit brauchen. „Sie dürfen aber keinesfalls wieder zu einem Abbruch führen, wie nach dem letzten Konzil. Die Enttäuschung der Menschen wäre ein noch größerer Schaden“, so Hurka mit Blick auf das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65), dem „40 Jahre Eiszeit“ gefolgt seien.

Küng: Nachhaltige Veränderung zum Positiven

Eine etwas positivere Zwischenbilanz nach einem Jahr Papst Franziskus zieht deutsche Theologe und Kirchenkritiker Hans Küng. Er glaubt, dass Papst Franziskus die katholische Kirche schon nach einem Jahr im Amt nachhaltig zum Positiven verändert hat. „Er hat schon einige Dinge erreicht, die nicht mehr zurückzunehmen sind“, sagte Küng der „Südwest Presse“ (Montag-Ausgabe).

Theologe Hans Küng

APA/EPA/Rainer Jensen

Hans Küng

So würde wohl kein Kardinal mehr zum Papst gewählt werden, „der einen barock-absolutistischen Regierungsstil verkörpert“. Diesen Stil hatte Küng zuvor jahrelang an Papst Benedikt XVI. kritisiert. Trotzdem, so auch Küng, müsse Franziskus seinen Worten nun auch Taten folgen lassen.

Würden jetzt Menschen, die nach einer Scheidung erneut heiraten, „wieder nur halbe Lösungen angeboten, wie Erleichterungen bei der Eheannullierung, dann wäre die Enttäuschung groß und hätte sofort Auswirkungen“, glaubt Küng. Bisher sind wiederverheiratete Geschiedene vom Sakramentenempfang ausgeschlossen.

Küng war während der Amtszeit von Papst Johannes Paul II. und Benedikt XVI. einer der einflussreichsten deutschsprachigen Papstkritiker in der katholischen Kirche. 1979 wurde ihm die kirchliche Lehrerlaubnis entzogen. Dass er nun mit 85 Jahren das Attribut verliere, störe ihn nicht im Geringsten. „Ich habe immer gesagt, Papstkritiker ist kein Beruf“, sagte er. „So bin ich jetzt hocherfreut, dass ich nicht mehr als Papstkritiker auftreten muss.“

religion.ORF.at/APA