Entführung zweier syrischer Bischöfe jährt sich

Vor einem Jahr sind zwei hohe kirchliche Repräsentanten in Syrien verschleppt worden: Von den Metropoliten Mar Gregorios Johanna Ibrahim und Bulos Jasidschi fehlt seither jede Spur.

„Unbekannte“ entführten die beiden Erzbischöfe von Aleppo, die dort die syrisch-orthodoxe (Mar Gregorios) bzw. die griechisch-orthodoxe Ortskirche (Bulos Jasidschi) leiteten. Seit dem 22. April 2013 sind sie verschwunden, es gibt kein sicheres Lebenszeichen. Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) forderte die Freilassung der beiden Metropoliten. „Wir hoffen auf ein baldiges Zeichen, dass beide Bischöfe wohlauf sind und fordern weiterhin ihre sofortige und bedingungslose Freilassung“, teilte Kurz am Dienstag in einer Aussendung mit.

„Glaubenszugehörigkeit missbraucht“

„Was den beiden Bischöfen widerfahren ist, macht uns neuerlich bewusst, wie leicht Glaubenszugehörigkeit missbraucht werden kann“, erklärte Außenminister Kurz, der sich seit Ostersonntag zu einem Besuch in Israel und den Palästinensischen Autonomiegebieten im Nahen Osten aufhält. Religion dürfe nie als Rechtfertigungsgrund für Gewalttaten herangezogen werden.

Bischöfe Boulos Jasidschi (li.) und Mar Gregorios Johanna Ibrahim (re.)

APA/EPA/SANA Handout/Fotomontage religion.ORF.at

Bischöfe Boulos Jasidschi (li.) und Mar Gregorios Johanna Ibrahim (re.)

Christliche Minderheiten seien als „Opfer des Syrien-Konflikts“ von den Gewalttaten und Entführungen der letzten Monate und Jahre „stark betroffen“, betonte der Außenminister. Insgesamt hätten die „Unruhen“ in Syrien bisher über 150.000 Menschen, darunter auch vielen Geistlichen, das Leben gekostet.

Am Ostersonntag hatte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) angekündigt, dass Österreich zusätzlich zur bereits zugesagten Aufnahme von 500 Syrien-Flüchtlingen weitere 1.000 Menschen aus dem Krisengebiet aufnehmen werde. Dabei wolle man erneut „besondere Rücksicht auf verfolgte Christen“ nehmen, so die Innenministerin in einem „Kurier“-Interview.

Emirat Katar soll helfen

Das Emirat Katar am Persischen Golf soll jetzt bei der Aufklärung ihres Schicksals helfen. Diesen Aufruf richtete die „Gesellschaft für bedrohte Völker“ (GfbV) an den Emir, Scheich Tarmin bin Hamad al-Thani. Viele Christen seien in Sorge um die Erzbischöfe, schreibt GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch.

Die Regierung von Katar habe großen Einfluss auf die Rebellen im syrischen Bürgerkrieg. Sie habe bereits bei der Freilassung von 13 griechisch-orthodoxen Nonnen am 9. März geholfen, so Zülch. Die radikalislamische Al-Nusra-Front hatte die Ordensschwestern am 2. Dezember aus dem Thekla-Kloster im Wallfahrtsort Maalula entführt. Die verschollenen Erzbischöfe waren auf dem Weg von Aleppo nach Al-Mansura, um über die Freilassung eines entführten Priesters zu verhandeln. Dabei gerieten sie in einen Hinterhalt. Ihr Fahrer, ein Diakon, wurde erschossen. Bisher hat sich niemand zu der Tat bekannt.

Christen und Kurden hingerichtet

Wie die deutsche evangelische Nachrichtenagentur idea am vergangenen Mittwoch berichtete, ist die Region um Aleppo zwischen Regierungstruppen und radikalislamischen Rebellen umkämpft. Der GfbV zufolge sei bekannt, dass Gruppen wie die Al-Nusra-Front oder der „Islamische Staat im Iran und Syrien“ (ISIS) immer wieder Christen und Kurden entführen und hinrichten ließen. Unter den Rebellen seien auch Ausländer.

Die sunnitisch dominierten Regierungen von Katar, der Türkei und Saudi-Arabien unterstützten die Aufständischen mit Geld und Waffen. Das Regime von Präsident Baschar al-Assad erhalte Rückendeckung aus dem schiitischen Iran. Die religiösen Minderheiten, darunter die Christen, gerieten zwischen die Fronten. Von den 21 Millionen Einwohnern Syriens waren vor dem Bürgerkrieg 90 Prozent Muslime und 6,3 Prozent Christen, davon jeweils drei Prozent Katholiken und Orthodoxe plus kleine Gruppen von Protestanten. Die übrige Bevölkerung bestand aus Nichtreligiösen oder Anhängern anderer Religionen.

Papst beklagte Zustände in Syrien

Der Bruder des entführten Metropoliten Bulos Jasidschi, Patriarch Johannes (X.) Jasidschi, hatte im September Papst Franziskus über den Krieg in seiner Heimat informiert und am Friedensgebet der Gemeinschaft Sant’Egidio teilgenommen. Der abwechselnd in Syrien und Libanon lebende griechisch-orthodoxe Patriarch von Antiochien war einer der prominenten Teilnehmer am großen interreligiösen Sant’Egidio-Friedenstreffen in Rom.

Der Papst hat immer wieder die Kämpfe in Syrien beklagt und zuletzt am Ostersonntag eindringlich zum Frieden aufgerufen. Ohne die beiden Erzbischöfe namentlich zu nennen hat Franziskus bei der Ansprache vor dem Segen „Urbi et orbi“ der Opfer von Entführung gedacht - mehr dazu in Papst spendete Segen „Urbi et Orbi“.

religion.ORF.at/KAP

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