Historisches ökumenisches Treffen in der Grabeskirche

Zu einer historischen ökumenischen Feier ist Papst Franziskus am Sonntagabend in der Grabeskirche von Jerusalem mit dem Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I., zusammengekommen.

Erstmals hielten Führer der katholischen und der orthodoxen Kirchen in der Grabeskirche von Jerusalem gemeinsam einen Gottesdienst ab. Sie erinnerten damit an die historische Begegnung von Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras in Jerusalem vor genau 50 Jahren. Ihr brüderliches Treffen sei ein „neuer und nötiger Schritt auf dem Weg hin zur Einheit“, hielten Franziskus und der Patriarch in einer zuvor abgestimmten gemeinsamen Erklärung fest. Unterschiede seien nicht zu leugnen, vieles bleibe noch zu tun, sagte der Papst.

„Gemeinsame Ökumenische Erklärung“

In der zehn Punkte umfassenden Erklärung hielten die beiden Kirchenoberhäupter fest, dass die katholische und die orthodoxe Kirche einander „als Glieder ein und derselben christlichen Familie betrachten, unter einem Herrn und Heiland, Jesus Christus, und einander lieben“. Die Erklärung ist vor allem vor dem Hintergrund der konfessionellen Spannungen in Osteuropa, relevant. Beide Kirchen bekennen sich demnach zum Ziel der Eucharistiegemeinschaft, aber auch zu einem gemeinsamen Einsatz für soziale Gerechtigkeit, Ökologie und Religionsfreiheit.

Wie es in der Erklärung weiter heißt, seien die Kirchen „noch auf dem Weg zur vollen Gemeinschaft“. Doch schon jetzt „haben wir bereits die Pflicht, gemeinsam die Liebe Gottes zu allen Menschen zu bezeugen, indem wir im Dienst der Menschlichkeit zusammenarbeiten, besonders dadurch, dass wir die Würde des Menschen in allen Lebensphasen und die Unantastbarkeit der auf die Ehe gegründeten Familie verteidigen, den Frieden und das Gemeinwohl fördern und uns um das Leiden kümmern, das unsere Welt immer wieder heimsucht“.

Kirchen in der Pflicht

So seien Hunger, Armut, Analphabetismus und die ungleiche Verteilung der Güter Übel, die „ständig unserer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen“. Es sei Pflicht der Kirchen, sich „zu bemühen, gemeinsam eine gerechte und menschliche Gesellschaft aufzubauen, in der sich niemand ausgeschlossen oder an den Rand gedrängt fühlt“.

Papst Franziskus und Bartholomaios I. in der Grabeskirche in Jerusalem

Reuters/Andrew Medichini

Papst Franziskus und Patriarch Bartholomaios I. knieten nieder und küssten den Stein, auf dem Jesus gesalbt worden sein soll

Ein eigener Abschnitt widmet sich den verfolgten Christen und Minderheiten. Auch das Ökologie-Thema, zu dem Papst Franziskus gerade eine Enzyklika verfasst, wird angesprochen: „Wir geben mit Bedauern die rücksichtslose Misshandlung unseres Planeten zu, die in Gottes Augen der Sünde gleichkommt“, heißt es, und weiter: „Erneut bestätigen wir unsere Verantwortung und Pflicht, den Sinn für Bescheidenheit und Maß zu fördern, so dass alle die Notwendigkeit empfinden, die Schöpfung zu achten und sorgsam zu bewahren.“

Im Anschluss an ihr privates Treffen im Gebäude der Apostolischen Delegation in Jerusalem trafen die beiden Oberhäupter in der Grabeskirche ein. Das Gebet an dem zentralen christlichen Heiligtum und das Treffen war der Anlass der dreitägigen Nahost-Reise von Franziskus und seiner zweiten Auslandsreise überhaupt.

Zahlreiche Geistliche unterschiedlicher Konfessionen

Der ökumenischen Begegnung in der Grabeskirche wohnten der örtliche lateinische Patriarch, zahlreiche orientalisch-katholische Patriarchen sowie Patriarchen, Bischöfe und ranghohe Geistliche der in Jerusalem vertretenen nichtkatholischen Kirchen bei. Auch der argentinische Rabbiner Abraham Skorka, Freund des Papstes aus dessen Zeit in Buenos Aires, nahm an der Feier teil.

Bartholomaios I., Patriarch von Konstantinopel und Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, hatte Franziskus wenige Tage nach dessen Wahl im März 2013 zu der gemeinsamen Pilgerreise eingeladen. Bartholomaios I. hält sich schon seit Freitag in Jerusalem auf, Franziskus traf am Sonntagabend von Bethlehem kommend ein. Gemeinsam repräsentieren die Kirchenführer 1,5 Milliarden Christen weltweit.

Papst und Patriarch treffen am Montagvormittag um 14.30 Uhr wiederum zusammen. Franziskus stattet dann Bartholomaios in der Residenz des griechisch-orthodoxen Patriarchen von Jerusalem auf dem Ölberg einen Besuch ab.

religion.ORF.at/KAP/APA

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