Causa Heizer: Einlenken möglich, aber unwahrscheinlich

Der Kirchenrechtler Wilhelm Rees hält ein Einlenken von Martha und Gert Heizer bezüglich der ihnen angedrohten Exkommunikation zwar für möglich, aber unwahrscheinlich.

Ein Einlenken des kürzlich mit einem Exkommunikationsdekret bestraften Ehepaars wegen unbefugt und privat durchgeführter Eucharistiefeiern ist bis zum Ablaufen der zehntägigen Bedenkfrist (kommendes Wochenende) noch möglich.

Der Innsbrucker Kirchenrechtler Wilhelm Rees fügte in einem „Kathpress“-Interview hinzu, er halte einen Gesinnungswandel der beiden Eheleute für „unwahrscheinlich“. Denn Gelegenheit zur Beendigung ihrer Tätigkeit und zur Reue habe ihnen der zuständige Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer mehrfach eingeräumt.

Bischof Scheuer „konnte nicht anders“

Scheuer habe die Exkommunikation nach Kräften abwenden wollen, letztlich „konnte er nicht anders“, als das Verfahren wegen des schwerwiegenden Verstoßes gegen eine kirchenrechtliche Bestimmung mit der Bekanntgabe des Strafdekrets abzuschließen, sagte Rees.

Der Kirchenrechtler wies darauf hin, dass Rom Bischof Scheuer zum Letztverantwortlichen in der Causa gemacht habe: Im Fall von „delicta graviora“, also schwererwiegenden Verfehlungen, wie eben der Vortäuschung der Eucharistiefeier, muss ein Ortsbischof die römische Glaubenskongregation involvieren. Diese habe Scheuer in diesem Fall beauftragt, ein außergerichtliches Strafverfahren gemäß CIC (Der Codex Iuris Canonici - „Kodex des kanonischen Rechtes“ - ist das Gesetzbuch des Kirchenrechts der katholischen Kirche) durchzuführen, falls das Ehepaar Heizer ihr Verhalten nicht bedauert; trotz mehrmaliger Versuche des Bischofs, zu einer Einigung zu kommen, sei letztlich dem Paar das Strafdekret ausgefertigt worden.

Martha Heizer

APA/Hans Klaus Techt

Martha Heizer

Für eine Rückkehr in die volle Kirchengemeinschaft würde - so Rees - dem Ehepaar Heizer die glaubhafte Reue gegenüber Bischof Scheuer und die Zusicherung, hinkünftig von derartigen Verstößen gegen die Lehre und das Recht der Kirche abzusehen, genügen. Dass Papst Franziskus mit dem Tiroler Fall persönlich befasst war, kann sich der Kirchenrechtsprofessor nicht vorstellen - und er würde es wohl auch nicht bei einer etwaigen Re-Integration der Heizers.

Manche Delikte gehen „an die Substanz“

Rees erinnerte daran, dass Franziskus’ Vorgänger Benedikt XVI. erst 2010 unter dem Eindruck des Missbrauchsskandals die „delicta graviora“ kirchenrechtlich neu festgelegt hatte: Zu traditionellen Verstößen gegen katholische Glaubensüberzeugungen sei damals auch der Missbrauch Minderjähriger durch Kirchenvertreter, die Verletzung des Beichtgeheimnisses durch Kleriker, die unerlaubte Weihe von Frauen zu Priestern gekommen, also Verfehlungen, die „an die Substanz der Kirche gehen“, so Rees.

Was genau unter die „delicta graviora“ falle, könne seitens der Kirche festgelegt werden und sei auch diskutierbar, räumte Rees ein. Zum Teil waren es aktuelle Anlässe, zum Teil aber auch in der Tradition der Kirche stehende Vergehen. Rees hält es für legitim, dass die Kirche hier theologisch-sakramentale Aspekte besonders berücksichtigt. Auch im staatlichen Recht werden schwerwiegende Vergehen streng geahndet. Zu einer Strafrechtsreform, die Benedikt XVI. für den CIC anstrebte und die bereits in einem Entwurf zur innerkirchlichen Begutachtung ausgesandt wurde, kam es aufgrund seines Rücktritts nicht mehr, so Rees. Im Pontifikat von Franziskus stehe dies nicht im Vordergrund, der Papst setze derzeit andere Schwerpunkte.

Dass Martha Heizer Befremden darüber äußerte, die Einstufung ihrer Privatfeiern als „delictum gravius“ setze sie mit Missbrauchstätern auf eine Stufe, von denen noch dazu keine Exkommunikation bekannt sei, wertete Prof. Rees als „propagandistisch“. Beides werde als schwerwiegendere Straftat sanktioniert, im Fall von Missbrauch etwa (zusätzlich zu den staatlich vorgesehenen Strafen) durch Suspendierung vom Priesteramt bis hin zur Entlassung aus dem Klerikerstand oder Auflagen wie dem Wechsel zu einem nichtpädagogischen Tätigkeitsfeld.

Eucharistie kirchenrechtlich genau geregelt

„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“: Auf die Frage, wie sich dieses Jesus-Wort aus dem Matthäusevangelium mit einer derart strengen Sanktion gegen die Feiern im kleinen Kreis im Hause Heizer vereinbaren ließen, sagte der Innsbrucker Kirchenrechtler: Dass Jesus in diesem Kreis anwesend ist, stehe außer Zweifel. Jedoch sei die Eucharistiefeier kirchenrechtlich exakt geregelt, sie erfolge öffentlich und im Auftrag der Kirche durch geweihte Priester; wo dies nicht der Fall ist, liege eine Täuschung beziehungsweise ein „Etikettenschwindel“ vor, wie der Innsbrucker Dogmatiker Roman Siebenrock die Messfeiern der Heizers nannte.

Ob die Causa anders zu beurteilen wäre, wenn diese Gottesdienste z.B. als private „Jesu-Gedächtnis-Feiern“ deklariert worden wären, wagte Rees nicht mit Sicherheit zu beurteilen. Eucharistie sei immer eine Feier der Kirche. Martha Heizers Agieren habe durch ihr langjähriges kirchenpolitisches Engagement (sie ist Vorsitzende von „Wir sind Kirche“ auf Österreich- und internationaler Ebene) und ihren Einsatz für Reformen in der Kirche wohl auch einen demonstrativen Charakter.

Evangelischer Cheftheologe: Privat-Eucharistie nicht korrekt

Auch aus der evangelischen Kirche wird Verständnis für Maßnahmen gegen ein eigenmächtiges Vorgehen von Gläubigen laut. Der Cheftheologe der evangelischen Kirche in Deutschland, Thies Gundlach sagte gegenüber der Beilage „Christ & Welt“ der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ (Ausgabe vom 28.5.2014), es sei „nicht korrekt“, dass Heizer privat und ohne Priester die Eucharistie gefeiert habe.

Keine katholische Kirche der Welt erlaube die Eucharistie ohne Priester, „und auch bei uns Protestanten wäre es auf andere Weise nicht in Ordnung“. Solche Feiern gehörten nicht zum Privatleben. Bei ihnen sei die Kirche mit im Spiel. Daher müssten sie durch eine ordnungsgemäß berufene Person geleitet werden.

Doch würde die evangelische Kirche nach Einschätzung des Theologen bei Verstößen keine Exkommunikation verhängen, also die härteste Kirchenstrafe, sondern im Gespräch einen Ausweg suchen.

Erschwerend kommt nach Gundlachs Ansicht hinzu, dass Martha Heizer als österreichische Vorsitzende der katholischen Reformgruppe „Wir sind Kirche“ amtiere. Damit verbinde sich die Regelverletzung mit dem Anspruch der Gruppe, „mitzubestimmen, was Kirche ausmacht, bis hin zu dem Anklang, die eigentliche Kirche zu sein“. Das, so der evangelische Theologe, „macht den Regelverstoß nicht richtiger, und es schwächt leider die Gruppe“.

religion.ORF.at/KAP

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