Kirchenvertreter befürworten Kampf gegen IS

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hält Waffenlieferungen an die Kurden im Irak für gerechtfertigt. Immer mehr Kirchenvertreter befürworten ein militärisches Eingreifen.

Das Evangelium gebiete zwar Gewaltverzicht, sagte Schneider dem Berliner „Tagesspiegel“. Dem Evangelium folgen, bedeute aber nicht „zuzusehen, wie andere gequält, geköpft, versklavt werden“. Bei den geplanten Waffenlieferungen in den Nordirak gehe es um „Nothilfe“ für die von der Dschihadistenmiliz IS gejagten Menschen. Und in der „Zeit“ wird schneider wie folgt zitiert: „Bonhoeffer zog angesichts der Naziverbrechen den Schluss, dass es Situationen gibt, in denen es nicht reicht, Unter-die-Räder-Gekommene zu verbinden. Dem Rad muss auch in die Speichen gegriffen werden – und sei es mit Gewalt.“

Kurdische Kämpfer beobachten IS

Reuters/Youssef Boudlal

Kurdische Peshmerga Kämpfer auf Patrouille in der Nähe der Stadt Makhmur, südlich von Erbil

Schneider räumt ein, dass bei der Ausübung von Gewalt gegen Gewalttäter ein moralisches Dilemma bleibt: „Dabei werden Menschen schuldig. Aber auch der Verzicht auf den Griff in die Speichen ist nicht schuldfrei.“

Waffenlieferungen an Kurden im Irak

Im Hintergrund stehen Angaben des US-Verteidigungsministeriums wonach neben den USA nun auch Kanada, Kroatien und Albanien Kriegsgerät an die Kurden im Irak liefern. Die deutsche Bundesregierung hat die Entscheidung über Waffenlieferungen Deutschlands auf Sonntag verschoben. - Mehr dazu in Der Westen rüstet Iraks Kurden gegen IS-Terroristen auf

Nothilfe sei zuerst und vor allem humanitäre Hilfe, sagte Schneider. „Wer Nothilfe übt, muss sich aber auch Gedanken darüber machen, wie das Wüten der IS, das die Not verursacht, eingegrenzt und möglichst beendet werden kann, damit die humanitäre Hilfe auch nachhaltig wirkt.“ In diesem Zusammenhang „kann über Waffenlieferung und militärische Hilfe nachgedacht werden“, sagte er weiter. Es gehe dabei aber „nicht um Waffengeschäfte, sondern um Hilfe für den Kampf gegen die Verursacher der Not und die Absicherung der humanitären Hilfe“.

Papst hält Einsatz von Waffen für legitim

Der Papst selbst hatte erst kürzlich die Vereinten Nationen aufgerufen, die Opfer des „Islamischen Staates“ im Irak zu schützen und den Einsatz von Waffen im Irak für unter Umständen „legitim“ erklärt. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) sprach sich dieser Tage für Waffenlieferungen Deutschlands an die irakischen Kurden aus.

Der Präsident des internationalen Hilfswerks „Kirche in Not“, Johannes Freiherr Heereman, hat sich mit einem Aufruf an die Staatengemeinschaft zu Wort gemeldet und aufgerufen den Völkermord im Irak zu beenden - notfalls mit Waffen.

Der Direktor von „Kirche in Not“ in Österreich, Herbert Rechberger, sagte dazu auf Anfrage von religion.ORF.at, dass im Fall der IS diplomatisch „gar nichts“ gehe, es also Situationen gebe, in denen keine anderen Möglichkeiten mehr blieben, als Gewalt mit Gegengewalt zu begegnen. Mehr dazu in Die Kirchen und der Kampf um den Frieden

Walter Kasper: „Absoluter Pazifismus nur im Paradies"

Immer mehr katholische und evangelische Kirchenrepräsentanten unterstützen einen Militäreinsatz im Irak und stärken die Position des ehemaligen Ratsvorsitzenden der EKD Wolfgang Huber. „Hilfe für Menschen in extremer Gefahr für Leib und Leben ist moralisch geboten“, sagt der deutsche emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper in einem Interview für die „Zeit“. „Das muss im Extremfall auch militärisch geschehen.“ Kasper stützt damit Wolfgang Hubers Thesen zu einer Verantwortungsethik.

Zum gerechten Krieg erklärte Kasper, der ein Vertrauter des neuen Papstes Franziskus ist: „Als Ultima Ratio kann es einen gerechtfertigten militärischen Einsatz geben.“ Weiter sagte Kasper: „Ein absoluter Pazifismus ist nur im Paradies oder im vollendeten Reich Gottes möglich, aber nicht in dieser Welt, in der es das Böse nun einmal gibt.“ Damit widersprach Kasper jenen Christen in Deutschland, die angesichts islamistischer Gewalt einen Pazifismus aus Prinzip vertreten.

religion.ORF.at/DPA/APA

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