Vatikan ruft zum Vorgehen gegen IS-Terrormiliz auf

Der Vatikan hält ein militärisches Vorgehen gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ für gerechtfertigt. Nahost-Experte Karim El-Gawhary hingegen sieht politische Lösungen in der Region als sinnvoll an.

Es sei „erlaubt“, einen „ungerechten Aggressor zu stoppen“, heißt es in einer vom Vatikan am Samstag veröffentlichten Mitteilung. Militärisches Eingreifen müsse jedoch stets im Einklang mit dem internationalen Recht erfolgen. Zudem dürfe man nicht darauf vertrauen, dass eine „militärische Antwort“ allein das Problem lösen könne. Es müssten auch die Ursprünge der fundamentalistischen Ideologie bekämpft werden. Von Donnerstag bis Samstag hatten die vatikanischen Botschafter im Nahen Osten mit dem Papst und vatikanischen Spitzenvertretern über die Lage der Christen im Nahen Osten beraten.

Papst: Ungerechten Aggressor zu stoppen „legitim“

Papst Franziskus hatte bereits im August vor Journalisten gesagt, es sei „legitim“, einen ungerechten Aggressor zu stoppen. Welche Mittel dafür infrage kämen, solle innerhalb der Vereinten Nationen diskutiert werden. Die Staatengemeinschaft dürfe nicht untätig bleiben angesichts des Massakers an Personen aufgrund ihrer religiösen und ethnischen Zugehörigkeit sowie den öffentlichen Enthauptungen und Kreuzigungen, so die Abschlusserklärung des Treffens weiter. Auch die Zerstörung von Kultstätten und die Flucht tausender Menschen dürfe sie nicht gleichgültig lassen.

Zugleich bekräftigte der Vatikan das Recht der Christen im Nahen Osten und anderer Minderheiten in ihrer angestammten Heimat zu bleiben. Der Nahe Osten sei ohne Christen nicht vorstellbar, Flüchtlinge müssten ein Recht auf Rückkehr haben. Zudem forderte der Vatikan führende Repräsentanten des Islam auf, die Instrumentalisierung von Religion zur Rechtfertigung von Gewalt „deutlich zu verurteilen“ und den Dialog zwischen den Religionen fördern.

Kasper: Kampf gegen IS „fast Gebot der Nächstenliebe“

„Fast als Gebot der Nächstenliebe“ sieht der emeritierte deutsche Kurienkardinal Walter Kasper einen militärisch-gewaltsamen Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) an. Das Vorgehen des IS müsse gestoppt werden, auch mit Waffenlieferungen an die Kurden, betonte der Kardinal am Samstag bei einer Diskussion mit dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

Es würde unterlassener Hilfeleistung gleichkommen, den vom IS bedrohten Menschen nicht zu helfen, so Kasper im Rahmen der Veranstaltung in der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Pallottiner in Vallendar.

Nahost-Experte: Lösung nicht militärisch möglich

Für die Schlichtung der Konflikte in Syrien und im Irak seien regionale Mächte wie etwa die Türkei, Saudi Arabien oder den Iran gefragt, nicht aber den Westen, sagte der ORF-Korrespondent Karim El-Gawhary in einer Diskussion des Karl-Renner-Instituts am Freitagabend in Wien. „Es hat noch nie funktioniert, mit militärischer Macht die Kräfteverhältnisse im Inneren eines Landes in seinem Sinn zu verändern“, sagte El-Gawhary. Je mehr bombardiert und beschossen werde, desto eher würden sich die Kämpfer in die Guerilla-Technik zurückziehen und Anschläge verüben.

Der Schlüssel zur Beilegung der Konflikte liegt für El-Gawhary nicht im Einschreiten des Westens. „Wir haben eine Situation, in der regionale Mächte wie die Türkei, Saudi Arabien und der Iran viel wichtiger sind. Ohne sie kann man keine Politik machen. Wir müssen uns langsam an den Gedanken gewöhnen, dass der Westen hier nicht der Tonmeister ist.“

religion.ORF.at/KAP/KNA/APA

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