Gescheiterte Ehen: Synodale rufen zu Barmherzigkeit auf
In ihren Redebeiträgen hätten viele Synodenteilnehmer das Verhältnis zwischen katholischer Lehre und dem Gebot der Barmherzigkeit gegenüber Menschen mit gescheiterten Lebensentwürfen und wiederverheirateten Geschiedenen thematisiert, berichtete Vatikansprecher Federico Lombardi bei der Pressekonferenz.
Etliche Redner zitierten demnach einen Ausspruch des Konzilspapstes Johannes XXIII. (1958-1963), der damals von der „Medizin der Barmherzigkeit“ gesprochen hatte. Es dürfe auch nicht übersehen werden, dass viele dieser Menschen unverschuldet in solche für sie oft leidvolle Situationen gerieten, hieß es in einer vom Vatikan veröffentlichten Zusammenfassung der bisherigen Redebeiträge am Mittwoch.
Die Diskussion der Synode über die Frage des Kommunionsempfangs für wiederverheiratete Geschiedene war bereits im Vorfeld mit Spannung erwartet worden. Dazu trugen auch Wortmeldungen mehrerer prominenter Kardinäle - allen voran der emeritierte deutsche Kurienkardinal Walter Kasper sowie sein Landsmann, der Präfekt der Glaubenskongregation Gerhard Ludwig Müller bei - mehr dazu in Geschiedene: Kasper warnt vor „theologischem Krieg“ und Geschiedene: Hardliner-Protest gegen Papst-Kurs.
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Entwicklung braucht Zeit
Der argentinische Erzbischof Victor Fernandez betonte bei der Pressekonferenz am Mittwoch, die Suche nach einer besseren pastoralen Begleitung der Betroffenen könne nicht gelingen, wenn man dabei die Komplexität der kirchlichen Lehre ausklammere. Diese Lehre sei immer wieder weiterentwickelt worden, doch diese Entwicklung brauche Zeit, so der Rektor der Päpstlichen Universität in Buenos Aires, der als enger Vertrauter von Papst Franziskus gilt. An der Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe könne es jedoch keine Abstriche geben, darin seien sich die Synodenväter einig.
Debatte: Was wird die Familiensynode bewegen?
Am Mittwoch befassten sich die Teilnehmer nach Angaben Lombardis auch mit den besonderen Problemen von Familien im Zeitalter der Globalisierung und der Krisen. Dabei kamen insbesondere Afrikanerinnen und Afrikaner zu Wort.
Gefahr aus dem Westen
Es bestehe die Gefahr, dass ein starker westlich-säkularer Einfluss die religiösen und kulturellen Traditionen der afrikanischen Katholiken zerstöre, sagte der Erzbischof von Jos (Nigeria), Ignatius Kaigama. Dies betreffe insbesondere die massive Propagierung der Empfängnisverhütung. „Sie geben uns Kondome, doch wir brauchen Ernährung, Bildung, Gesundheitswesen und Infrastruktur“, so Kaigama.
Nach 50 Jahren Unabhängigkeit seien die afrikanischen Länder in der Lage, selbst für sich zu denken. Afrikas Familien seien materiell arm, doch besäßen dafür einen großen spirituellen Reichtum. Kaigama wehrte sich gegen Vorwürfe, die katholische Kirche, besonders in Afrika, befürworte ein repressives Vorgehen gegen Homosexuelle. Vielmehr vertrete sie die Würde jedes Menschen, lehne die Ehe zwischen Homosexuellen aber entschieden ab. „Lehre bleibt Lehre“, so der afrikanische Geistliche.
APA/Herbert Neubauer
Schönborn: Familie enorm wichtig für Menschen
Auch der einzige österreichische Teilnehmer der Synode, der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn, meldete sich am Mittwoch erstmals während der Synode zu Wort. In einem Interview mit der deutschsprachigen Abteilung von Radio Vatikan sagte er, die Synode stelle die „Familie in jener Zeit auf ein Podest, in der sie für viele als überholtes Auslaufmodell gilt“ - mehr dazu in Schönborn: Vollform der Ehe für viele nicht möglich.
Hoffnung auf „Impulse für Situationen des Scheiterns“
Als weitere Erwartungen an die noch bis Ende nächster Woche andauernde Synode nannte Schönborn „Impulse für Situationen des Scheiterns“, ebenso aber auch für den Umgang mit Paarbeziehungen außerhalb der kirchlichen Ehe. Bei den „unveränderlichen“ Zehn Geboten existiere eine „Gradualität“ hinsichtlich ihrer Umsetzung, „wir können uns in unserem Leben dem Wort Jesu mehr oder weniger annähern“, so der Erzbischof. Ähnlich würden auch viele Menschen „diese volle Gestalt der Ehe, so wie sie im Plan Gottes vorgesehen ist, erst allmählich erreichen“.
Bei Paarbeziehungen sollte die Kirche stärker als bisher „auf das, was bereits da ist“, blicken, so Schönborns Anliegen. „Sicher ist es schon ein großer Schritt, wenn junge oder auch ältere Menschen nicht nur auf flüchtige Beziehungen setzen, sondern den Wert einer treuen, stabilen, in gegenseitiger Hilfe gelebten Beziehung finden. Wenn sie das finden und sich wirklich dafür engagieren - da kann ich sagen, ja, das ist keine sakramentale Ehe, da fehlt etwas. Aber ich kann auch sagen, da ist schon etwas da!“
religion.ORF.at/KAP
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