Schönborn: „Massive Angriffswelle“ gegen Papst

Kardinal Christoph Schönborn hat nach der Synode im Vatikan von einer „massiven Angriffswelle“ gegen den Papst berichtet und sowohl die Kirche als auch die Medien für ihren „Tunnelblick“ auf die Themen der Synode kritisiert.

Bei einer Pressekonferenz in Wien erklärte Schönborn, dass der Blickwechsel auf Ehe- und Familienthemen, den der Papst anstrebe, bei manchen Kirchenverantwortlichen Angst auslöse. Es gebe die durchaus nicht unberechtigte Sorge, dass damit etwas von der Ernsthaftigkeit des Ideals verlorengeht. Papst Franziskus selbst sei deswegen derzeit einer „massiven Angriffswelle“ ausgesetzt, wie Schönborn wörtlich sagte.

Als Belege dafür nannte der Kardinal die Berichterstattung in Teilen der italienischen Presse wie beispielsweise in „Il Foglio“ oder eine beim „Mondadori“-Verlag erschienene Publikation, in der sogar die Gültigkeit der Wahl von Papst Franziskus bezweifelt werde. Von manchen Kreisen würden derzeit „apokalyptische Szenarien“ gezeichnet, in denen dem Papst vorgeworfen werde, die Kirche in den Untergang zu führen.

Solches habe man zuletzt vor über vierzig Jahren über den nun seliggesprochenen Paul VI. und seinen Vorgänger Johannes XXIII. gehört, so Schönborn. Es sei „erstaunlich“, dass der vom Papst geforderte Blickwechsel so viel Angst auslöst, wo er doch „Frische und Freude des Evangeliums“ in Erinnerung rufen wolle.

Kardinal Christoph Schönborn

APA/Georg Hochmuth

Kardinal Christoph Schönborn

Kritik an „Tunnelblick“

Schönborn richtete bei der Pressekonferenz außerdem einen Appell an die Kirche und an die Medien, den vorherrschenden „Tunnelblick“ auf die Themen Ehe und Familie zu weiten. Er kritisierte den Fokus auf Wiederverheiratete und gleichgeschlechtliche Partnerschaften sowohl bei der Synode selbst als auch in der diesbezüglichen medialen Berichterstattung.

Im Mittelpunkt sollte aus seiner Sicht vielmehr der Rückgang des institutionellen Heiratens an sich stehen. „Das große Thema dieser Synode war nicht die Homoehe, pardon“, sagte der Wiener Erzbischof. „Das große Thema ist, dass überhaupt nicht geheiratet wird, und zwar weltweit.“

Stattdessen täten sich die Menschen zusammen und blieben beieinander - und diese gelte es zu begleiten, wie Papst Franziskus bereits beim Ad-Limina-Besuch der österreichischen katholischen Bischöfe in Rom betont habe. „Das Erstaunliche ist, dass dieser Blickwinkel Angst auslöst.“

Papst warnte vor Extremen

Der Papst selbst habe in seiner Abschlussansprache vor der „Versuchung der feindlichen Erstarrung“ der Traditionalisten gewarnt, ebenso wie vor falscher Barmherzigkeit eines „zerstörerischen Gutmenschentums“. Die Botschaft der Synode sei jedenfalls das Thema selbst, nämlich sich intensiv mit dem Thema Familie zu beschäftigen.

Großes Echo habe bei der Synode auch sein Vorschlag gefunden, „semina verbi“ bzw. „Spuren Christi“ ähnlich wie in nichtkatholischen Kirchen bzw. nichtchristlichen Religionsgemeinschaften auch in Beziehungen abseits des katholischen Eheideals zu sehen. Dieser „theologische Schlüssel“ habe zwar keinen expliziten Eingang in das Abschlussdokument gefunden, wohl aber der auch von Papst Franziskus nahegelegte „positive Blick auf das, was da ist“ und nicht nur auf das, was fehlt.

Dementsprechend müsse auch die Kirche ihren Tunnelblick weiten und sich den Familienrealitäten zuwenden, meinte er. Er selbst habe mehrfach darauf gedrängt, auch Alleinerziehende, Scheidungswitwen bzw. -witwer oder Kinder in Patchworkfamilien zu beachten und zu begleiten, berichtete der Kardinal. „Richtet euren Blick zuerst in das Wohnzimmer und nicht in das Schlafzimmer“, sei die Devise einer Synodenteilnehmerin gewesen, die sich laut Schönborn die Bischöfe zu Herzen nehmen sollten.

religion.ORF.at/KAP

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