Aufruf zu unkonventionellen Wegen in der Arbeitswelt

Papst Franziskus hat Unternehmen, staatliche Organisationen und NGOs zu unkonventionellen sozialen Maßnahmen aufgerufen. Er sprach von einem „Experimentieren mit neuen Formen der Partizipation“.

Solche Maßnahmen seien insbesondere in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit notwendig, sagte er in einer Videobotschaft für das kirchliche „Festival della Dottrina Sociale“, das am Donnerstagabend in Verona eröffnet wurde.

„Was wir brauchen, ist eine veränderte Beziehung in der Arbeitswelt, ein Experimentieren mit neuen Formen der Partizipation und der Mitverantwortung der Arbeiter und Angestellten, die Einführung neuer Wege zum Eintritt in die Arbeitswelt, die Schaffung einer solidarischen Beziehung zwischen dem Unternehmen und der Region, in dem es Arbeitsplätze bietet“, sagte der Papst. Es gehe bei diesen Initiativen darum, Innovationen Raum zu verschaffen.

Kritik an budgetären Schwerpunkten

Franziskus übte Kritik an den budgetären Schwerpunktsetzungen in Europa. Oft sei zu hören, für neue Arbeitsplätze, Bildung, höhere Sozialausgaben oder den Klimaschutz fehle das Geld. „Um Waffen zu kaufen, Kriege zu führen oder skrupellose Finanzgeschäfte zu tätigen, hat man es aber“, sagte er in der Videobotschaft: „Das wahre Problem sind nie die Mittel, sondern immer die Menschen.“

Papst Franziskus bei der UNO-Ernährungskonferenz in Rom 2014

APA/EPA/ANSA/Alessandro Bianchi

Papst Franziskus bei der UNO-Ernährungskonferenz in Rom

Franziskus wandte sich in seiner Botschaft gegen eine Globalisierung, in der alles erlaubt sei, was den Profit erhöht. Das Geld sei der Herr dieser Entwicklung. Doch nur Menschen, nicht Geld, könnten Entwicklung zum Wohle der Gesellschaft schaffen. Nötig sei eine solidarische Arbeitswelt, in der die unternehmerische Initiative nicht nur den technologischen Fortschritt anstrebe, sondern auch Verantwortung für die Menschen und ihre Teilhabe am Fortschritt.

Fokus auf Menschen, nicht auf Geld

Der Papst appellierte an die Teilnehmer des Treffens, angesichts der herrschenden Wirtschaftskrise nicht zu resignieren. Die Versuchung sei groß, sich auf die eigenen Probleme zu konzentrieren und den Schrei der Armen und Arbeitslosen nicht zu hören. „Die Gefahr ist, dass die Gleichgültigkeit blind, taub und stumm macht“, sagte er. Die Gesellschaft dürfe nicht stehen bleiben, sondern müsse neue Anläufe unternehmen, um ihre Energien zum Wohle der Gemeinschaft zu heben.

Bei der UNO-Ernährungskonferenz in Rom am Donnerstag hatte Franziskus zu mehr Solidarität und konkreten Aktionen im Kampf gegen den Hunger in der Welt aufgerufen. Es gebe die „moralische Verpflichtung, den wirtschaftlichen Reichtum der Welt zu teilen“, sagte der Argentinier in Rom. Herausforderungen seien die mangelnde Solidarität und die fehlende Verteilungsgerechtigkeit in der Welt. Die Delegierten der zweiten Welternährungskonferenz aus rund 170 Ländern tagen noch bis Freitag in Rom.

Am kommenden Dienstag in Straßburg wird der Papst vor dem EU-Parlament und dem Europarat Reden halten. Beobachter rechnen dabei mit eindringlichen Worten zur Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer. Anders als bei der Straßburg-Reise von Johannes Paul II. im Oktober 1988 dürften diesmal eher soziale, kulturelle und geistige Aspekte des zusammenwachsenden Europa in den Redemanuskripten stehen.

Menschenrechte, Arbeitslosigkeit Themen

Franziskus könnte jetzt die Themen vertiefen, die ihn wiederholt im Zusammenhang mit Europa beschäftigt haben. Dazu gehört mit Sicherheit die Flüchtlingsaufnahme, die er bereits bei seiner allerersten Reise nach Lampedusa als eine der herausragenden Menschenrechtsaufgaben bezeichnet hatte. Als weitere große Zukunftsaufgabe hat er insbesondere bei seinen Italien-Reisen immer wieder die Probleme von Jugendlichen angesprochen. Vor allem die beängstigend hohe Jugendarbeitslosigkeit in einer Reihe europäischer Staaten bereitet ihm Sorgen.

Die Erwartungen an Franziskus’ Europa-Reise sind hoch. Schon weil am 25. November erstmals ein nichteuropäischer Papst seine Vision vom alten Kontinent, der Wiege der Weltmission, entwickeln könnte, der die Genese des „europäischen Gedankens“ nicht aus eigenem Erleben kennt. In Zeiten einer Identitätskrise Europas, in der viele am positiven Fortgang des Einigungsprozesses zweifeln, könnte die „Außenperspektive“ des argentinischen Papstes womöglich ganz neue Denkanstöße liefern.

religion.ORF.at/KAP

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