Papst-Reise in Türkei: Ökumene und Flüchtlinge Themen

Papst Franziskus bereist bis Sonntag die Türkei. Der Papst wird ein dichtes Programm absolvieren in dem Land, wo die Christen heute eine kleine Minderheit sind.

Nach politischen Gesprächen mit der Staatsspitze in Ankara trifft Franziskus in Istanbul den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I., der den Papst zum Andreasfest eingeladen hat. Papst Franziskus hat der Türkei für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien und dem Irak gedankt. Das Land helfe an seinen Grenzen vielen von ihnen, sagte er am Freitag auf dem Flug von Rom in die Türkei vor Journalisten.

Entgegen vieler Erwartungen fehlt auf dem offiziellen Reiseprogramm des Papstes eine Begegnung mit syrischen Flüchtlingen, die zu Hunderttausenden in der Türkei Zuflucht gesucht haben. Dies sei nicht geplant - aber natürlich könnten bei einigen Gelegenheiten in Istanbul auch Flüchtlinge anwesend sein, betonte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi.

Einladungen an Franziskus hatten laut Kathpress der Patriarch, Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und der Vorsitzende der Türkischen Bischofskonferenz, Erzbischof Ruggero Franceschini, ausgesprochen. Eigentlicher Anlass der Reise ist das orthodoxe Patronatsfest am Sonntag im Phanar, am Sitz des Patriarchen. Die beiden Kirchenführer sind einander freundschaftlich verbunden und bereits mehrmals zusammengetroffen. Auch bei der Amtseinführung von Franziskus in Rom war Bartholomaios zugegen.

Höflichkeitsbesuch bei Erdogan

Franziskus wird am Freitagmittag in Ankara eintreffen. Dort besucht er das Mausoleum des Republikgründers Atatürk und stattet Präsident Erdogan einen Höflichkeitsbesuch ab. Kritische Stimmen werteten es als schlechtes Signal, dass der Papst als erster Staatsgast den umstrittenen neuen Präsidentenpalast betritt. Das oberste Verwaltungsgericht hatte den pompösen Bau für illegal erklärt, weil er in einem Naturschutzgebiet errichtet wurde. Vatikan-Sprecher Federico Lombardi sagte dazu, wie jeder höfliche Mensch gehe der Papst dorthin, wohin er eingeladen werde.

Poster mit Papst Franziskus und Patriarch Bartholomaios I. vor der St.-Antons-Kirche in Istanbul

APA/EPA/Tolga Bozoglu

Ein Treffen mit dem orthodoxen Patriarchen Bartholomaios steht auf der Agenda des Papstes

Außerdem stehen Treffen mit Ministerpräsident Ahmet Davutoglu und dem Präsidenten des Amtes für religiöse Angelegenheiten (Diyanet), Mehmet Görmez, auf der Tagesordnung. Görmez war im September mit Angriffen auf den Papst aufgefallen, der sich nach seinen Worten zu wenig hinter Opfer islamischer Angriffe in Europa stelle. Zur massenhaften Vertreibung und Tötung von Christen im Irak und in Syrien durch die radikalen Islamisten fand der Diyanet-Chef hingegen keine Worte.

Besuch der Hagia Sophia

Am Samstag fliegt Franziskus nach Istanbul weiter. In der Bosporus-Metropole besucht er die Hagia Sophia, einst byzantinische Kathedrale, dann Moschee und jetzt Museum, sowie die Sultan-Ahmed-Moschee (Blaue Moschee). Anschließend feiert er in der katholischen Heilig-Geist-Kathedrale einen Gottesdienst. Schließlich begibt sich der Papst zum Phanar, wo er an einem ökumenischen Gebet in der orthodoxen Patriarchalkirche St. Georg teilnimmt. Es folgt eine private Begegnung mit Bartholomaios, dem Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie.

Der Sonntag beginnt für Franziskus mit einer Messe im kleinen Kreis in der Apostolischen Delegatur. Danach nimmt er an der Andreas-Liturgie am Patriarchensitz teil. Die Kirchenführer werden eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen. Bei einem Gespräch mit österreichischen Journalisten hatte Bartholomaios jüngst das gemeinsame Anliegen der Ökumene unterstrichen. Die Erklärung werde ein wichtiger Schritt in den Beziehungen sein und Hoffnung auf eine Versöhnung der Christen ausdrücken. Laut Vatikan-Sprecher Federico Lombardi will der Papst bei der Verabschiedung in Istanbul noch mit Jugendlichen aus Nahost sprechen, die nach ihrer Flucht von Salesianern betreut werden.

Vierter Papst in der Türkei

Franziskus ist der vierte Papst der jüngeren Geschichte, der in die Türkei und zum Sitz des Ökumenischen Patriarchen nach Istanbul reist. Vor ihm kamen bereits Paul VI. (1967), Johannes Paul II. (1979) und Benedikt XVI. (2006) an den Bosporus. Johannes Paul II. hatte dabei kurz vor seiner Abreise das Wort geprägt „Petrus besucht Andreas“ - eine Anspielung auf die beiden Apostel, die als Begründer der zwei bedeutendsten Bischofsstühle der Christenheit gelten.

Paul VI. besuchte nicht nur den Patriarchen Athenagoras, sondern auch den armenisch-apostolischen Patriarchen Shnork Kalustian. Die Reise Benedikts 2006 stand wegen der vorangegangenen „Regensburger Rede“ des Papstes, in der er die Frage nach dem Verhältnis des Islam zur Gewalt aufgeworfen hatte, unter angespannten Vorzeichen. Nach dessen Besuch in der Blauen Moschee sprachen türkische Staatsmedien aber vom „Frieden von Istanbul“.

religion.ORF.at/APA

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