Türkei: Franziskus begegnet Muslimen und Patriarch

Mit der Blauen Moschee in Istanbul hat Papst Franziskus erstmals in seiner Amtszeit ein muslimisches Gebetshaus besucht. Danach traf er den orthodoxen Patriarchen Bartholomaios I. und Vertreter der Katholiken.

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Mehr dazu: Papst in der Türkei: Dialog und ökumenische Signale

Am zweiten Tag seiner Türkei-Reise flog der Papst am Samstag von der Hauptstadt Ankara nach Istanbul, wo ihn der orthodoxe Patriarch Bartholomaios I. in Empfang nahm. Anschließend fuhr der 77-Jährige weiter zur Blauen Moschee.

In der Blauen Moschee empfangen

Mufti Rahmi Yaran empfing das Oberhaupt der katholischen Kirche vor dem islamischen Gotteshaus. Die Männer betraten das Gebäude gemäß der Vorschrift ohne Schuhe. Die zu Beginn des 17. Jahrhunderts von Sultan Ahmet gestiftete Moschee gilt als eine der wichtigsten Istanbuls. Der Vorgänger von Papst Franziskus, Papst Benedikt XVI., hatte hier 2006 am letzten Tag seiner Türkei-Reise zusammen mit dem Mufti gebetet.

An der Seite des islamischen Geistlichen schloss auch Papst Franziskus die Augen, faltete die Hände und verneigte seinen Kopf gegen Mekka. Für Franziskus war es seit Beginn seines Pontifikats im März 2013 der erste Besuch in einem muslimischen Gebetshaus.

Blaue Moschee in Istanbul

CC by Steve Meinel/flickr

Die Sultan-Ahmed-Moschee in Istanbul wurde 1609 von Sultan Ahmed I. in Auftrag gegeben. Wegen der blau-weißen Fliesen, die die Kuppel zieren, wird sie auch die Blaue Moschee genannt.

Papst Franziskus lauscht dem Hausherrn  Rahmi Yaran

REUTERS/Tony Gentile

Mufti Rahmi Yaran empfängt das Oberhaupt der katholischen Kirche vor der Blauen Moschee

Nach seinem kurzen Besuch in der Blauen Moschee ging es für Papst Franziskus weiter zum Museum Hagia Sophia. Die ehemalige byzantinische Kirche und Kathedrale des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel war rund ein Jahrtausend lang das größte Gotteshaus der Christenheit. Nach der Eroberung Konstantinopels im Jahre 1453 durch die Osmanen wurde aus der Kirche die Hauptmoschee der Osmanen. Seit 1934 ist das Bauwerk ein Museum.

In Istanbul kam Franziskus auch mit Vertretern der katholischen Gemeinden zusammen. Der Papst traf die etwa 60 Menschen aus verschiedenen Gemeinden Istanbuls im Garten der örtlichen Päpstlichen Repräsentanz. Er habe die Katholiken herzlich begrüßt, mit ihnen gescherzt und ein Gruppenfoto gemacht, sagte Papst-Sprecher Federico Lombardi.

Gottesdienst in der Heilig-Geist-Kathedrale

In der Heilig-Geist-Kathedrale in Istanbul hat Papst Franziskus gemeinsam mit hunderten Gläubigen eine katholische Messe gefeiert. An dem Gottesdienst nahmen auch der orthodoxe Patriarch Bartholomaios sowie Vertreter anderer Konfessionen teil. Der Papst wurde im Hof vor der Kirche mit lautem Jubel, Applaus und „Viva il Papa“-Rufen begrüßt.

In seiner Predigt rief der Papst zur Einheit der verschiedenen christlichen Konfessionen auf. „Wenn wir uns (...) vom Heiligen Geist leiten lassen, geraten Reichtum, Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit niemals in Konflikt, denn er drängt uns, die Vielfalt der Gemeinschaft der Kirche zu leben“, sagte der Papst.

Es sei immer einfacher, in statischen und unbeweglichen Positionen zu verharren. „Diese Verteidigungsmechanismen hindern uns daran, die anderen wirklich zu verstehen und uns für einen aufrichtigen Dialog mit ihnen zu öffnen.“

Franziskus und Bartholomaios bei ökumenischem Gebet

Im Anschluss an den Gottesdienst sind Papst Franziskus und Patriarch Bartholomaios zu einem ökumenischen Gebet zusammengekommen. Die beiden Kirchenführer beteten am Samstagabend gemeinsam mit Vertretern ihrer beiden Kirchen in der Patriarchatskirche St. Georg im Stadtteil Fener.

„Unsere Freude ist nicht in uns, nicht in unserem Engagement, nicht in unseren Anstrengungen, sondern in unserem geteilten Vertrauen in Gottes Treue“, sagte Franziskus in seiner kurzen Ansprache.

Papst Franziskus wird vom orthodoxen Patriarchen Bartholomäus empfangen

REUTERS/Tony Gentile

Papst Franziskus wird vom orthodoxen Patriarchen Bartholomaios empfangen

Bartholomaios lobte, dass der Besuch ein „historisches und für die Zukunft vielversprechendes Ereignis“ sei. Er bringe den Wunsch zum Ausdruck, „dass der brüderliche und kontinuierliche Weg mit unserer orthodoxen Kirche zur Wiederherstellung der vollen Gemeinschaft zwischen unseren Kirchen fortgesetzt wird“, betonte der Ehrenvorsitzende von weltweit 300 Millionen Orthodoxen. Anschließend zogen sich das Oberhaupt der katholischen Kirche und der Patriarch zu einem Gespräch hinter verschlossenen Türen zurück. Mehr dazu in: Papst und Patriarch betonen Willen zur Einheit.

Am Sonntag wollen beide gemeinsam das orthodoxe Andreasfest feiern, der eigentliche Anlass für den Besuch des Papstes in der Türkei. Auch eine gemeinsame Erklärung, wie sie auch schon Bartholomaios und Papst Benedikt XVI. vor acht Jahren abgegeben hatten, ist geplant. Bartholomaios und der Papst hatten sich seit dem Amtsantritt von Franziskus im März 2013 bereits mehrmals getroffen, zuletzt im Mai in Jerusalem.

Istanbuls Polizei in Alarmzustand

Die Sicherheitsvorkehrungen während des Aufenthalts des Papstes in Istanbul sind enorm: Die Gebiete rund um die Blaue Moschee und die Hagia Sophia waren weiträumig gesperrt, Händler wurden verbannt. Gemäß seiner Außendarstellung als bescheidenes Kirchenoberhaupt ließ sich Franziskus im normalen Mittelklassewagen eines französischen Herstellers durch Istanbul chauffieren. Die vom Präsidentenpalast bereitgestellte, gepanzerte Limousine ließ er stehen.

Istanbuls Polizei, die mehrere tausend Beamte zum Schutz des Papstes aufbietet, hat indes die Autofahrer in der 15-Millionen-Stadt vor Verkehrsbehinderungen wegen des Papst-Besuches gewarnt. Im Rahmen der Sicherheitsvorkehrungen werde die Kennedy Caddesi, eine wichtige Durchgangsstraße am Rand der historischen Altstadt, zeitweise für den Verkehr gesperrt, teilte die Polizei laut Medienberichten mit.

religion.ORF.at/dpa/KAP/APA

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