Papst und Patriarch betonen Willen zur Einheit

Papst Franziskus und der ökumenische Patriarch Bartholomaios I. haben bei einem ökumenischen Gebet ihren Wunsch nach Einheit zwischen der katholischen und der orthodoxen „Schwesterkirche“ hervorgehoben.

Beide verbinde ein starkes gemeinsames Glaubensfundament, auf dem sie gemeinsam voranschreiten könnten, sagte Franziskus am Samstag am Sitz des Ökumenischen Patriarchats, dem Fanar, in Istanbul im Beisein von Bartholomaios I. Dieser dankte dem Papst für seinen Besuch, der ihn vom Alten in das Neue Rom geführt habe.

In seiner Begrüßungsrede nannte Franziskus das Ehrenoberhaupt von 300 Millionen Orthodoxen seinen „verehrten, geliebten Bruder“ und verwies darauf, dass die Jünger Andreas, der Schutzpatron des Patriarchats, und Petrus nicht nur Brüder von Geblüt, sondern auch im Glauben und in der Liebe zu Christus gewesen seien.

Papst Franziskus und Patriarch Bartholomaios I.

Reuters/Tony Gentile

Papst Franziskus bittet Patriarch Bartholomaios I. um seinen Segen

Brüder

Als Brüder in der Hoffnung auf den auferstandenen Herrn trügen ihre Nachfolger große Verantwortung, gemeinsam in die Zukunft zu gehen. Diese gemeinsame Hoffnung werde nicht enttäuscht werden, sagte Franziskus.

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Er zitierte den Vers des Propheten Zacharias: „Seht, ich werde mein Volk befreien aus dem Land des Sonnenaufgangs und aus dem Land des Sonnenuntergangs ... und ich werde ihr Gott sein, unwandelbar und treu.“

Bartholomaios I. erinnerte zunächst an die Besuche der drei Vorgängerpäpste Paul VI. (1963-1978), Johannes Paul II. (1978-2005) und Benedikt XVI. (2005-2013). Die Reise von Franziskus an den Bosporus bringe den Wunsch zum Ausdruck, „dass der brüderliche und kontinuierliche Weg mit unserer orthodoxen Kirche zur Wiederherstellung der vollen Gemeinschaft zwischen unseren Kirchen fortgesetzt wird“.

Vertrauensvolle Beziehung

Am Freitag hatte der Patriarch in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung „Avvenire“ die enge und vertrauensvolle Beziehung betont, die ihn mit Franziskus verbinde. Seine Wahl habe einen „neuen Antrieb“ für die ökumenischen Bemühungen zur Folge gehabt.

Gemeinsam beteten Papst und Patriarch danach das Vaterunser, der Papst auf Lateinisch, Bartholomaios auf Griechisch. Anschließend umarmten sie sich und Bartholomaios küsste Franziskus auf dessen Scheitelkappe. Zum Schluss zogen sie sich zu einem privaten Gespräch zurück.

Vor dem Treffen hatten Papst und Patriarch gemeinsam mit zahlreichen Oberhäuptern von Ostkirchen einen gemeinsamen Gottesdienst in der katholischen Heilig-Geist-Kathedrale Istanbuls gefeiert. Der Papst würdigte bei diesem Anlass die Vielfalt christlicher Kirchen als Bereicherung. Sie sei ein Zeichen der Inspiration durch den Heiligen Geist, nicht der Spaltung, sagte er in seiner Predigt.

Gefahr von Spaltung

Allerdings bestehe die Gefahr von Spaltungen, wenn die Christen nicht offen blieben füreinander. „Und es ist immer einfacher und bequemer, sich in den eigenen statischen und unveränderlichen Positionen auszustrecken“, so Franziskus. Umgekehrt dürfe der Wunsch nach Einheit aber auch nicht zur Uniformität der christlichen Kirchen führen.

Papst Franziskus und Patriarch Bartholomaios I.

Reuters/Osman Orsal

Papst Franziskus und Patriarch Bartholomaios I. nach dem gemeinsamen Gebet

Bei der interrituellen Messe waren auch der syrisch-katholische Patriarch, Ignatius III. Younan, der Istanbuler Vikar der Armenisch-Apostolischen Kirche, Erzbischof Aram Ateshian, der syrisch-orthodoxe Metropolit von Istanbul, Filuksinos Yusuf Cetin sowie Vertreter evangelischer Kirchen anwesend. Während der Feier wurden Gebete in mehreren Sprachen gesprochen, darunter Armenisch, Türkisch und Aramäisch sowie europäischen Sprachen.

Der Papst mahnte die Teilnehmer, jede Haltung von Ehrgeiz und Eitelkeit abzulehnen. „Diese Verteidigungsmechanismen hindern uns, die anderen wirklich zu verstehen und uns für einen ehrlichen Dialog mit ihnen zu öffnen.“ Wenn sich die Menschen allein der Leitung durch den Heiligen Geist anvertrauten, könnten Unverständnis, Streit und Spaltung überwunden werden, sagte er.

religion.ORF.at/KAP

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