Finanzreformer: „Hunderte Millionen“ im Vatikan entdeckt

Bei den Bemühungen um mehr Finanztransparenz im Vatikan haben Reformer nach eigenen Angaben Hunderte Millionen Euro entdeckt, die bisher nicht in den Bilanzen aufgetaucht waren.

„Es ist wichtig zu betonen, dass der Vatikan nicht pleite ist“, schrieb der Vorsitzende der Finanzbehörde des Vatikans, George Pell, in der englischsprachigen katholischen Wochenzeitung „Catholic Herald“. „Vielmehr haben wir entdeckt, dass die Situation viel besser ist als es schien, weil einige Hundert Millionen Euro auf bestimmten Konten versteckt waren und nicht in der Bilanz auftauchten.“

Der australische Bischof George Pell hat "hunderte Millionen Euro" entdeckt

REUTERS/Tony Gentile

Der australische Bischof George Pell hat „hunderte Millionen Euro“ entdeckt

Vatikan bleibt „liquid“

Abgesehen von einer nötigen Stärkung des Pensionsfonds mit Blick auf höhere Ausgaben in 15 oder 20 Jahren bleibe der Vatikan „liquid“ und verfüge über „beträchtliche Aktiva und Vermögenswerte“. Aus seiner Sicht nicht zu beantworten sei, „ob der Vatikan viel größere Reserven haben sollte“.

Der australische Bischof George Pell ist Leiter des von Papst Franziskus im Februar ins Leben gerufenen Wirtschaftssekretariats. Die Richtlinienkompetenz liegt bei einem übergeordneten Wirtschaftsrat, dessen Präsident der Münchner Kardinal Reinhard Marx ist.

Standards der modernen Buchhaltung ignoriert

Der australische Kardinal war im Februar eingesetzt worden, um mehr Transparenz in die undurchsichtigen Finanzen des Vatikans zu bringen. In dem Artikel spricht er offen über nebulöse Strukturen und Praktiken.

"Kongregationen, Räte und besonders das Staatssekretariat genossen und verteidigten eine gesunde Unabhängigkeit. Probleme wurden „hausintern" gehalten“, heißt es in dem Artikel weiter, der vorab online zu lesen war. Die Standards der „modernen“ Buchhaltung seien „ignoriert“ worden.

Beteiligung von nichtgeistlichen Experten notwendig

Pell bezeichnete die Beteiligung von nichtgeistlichen Experten an der vatikanischen Finanzverwaltung als grundlegend für die Reformen. Für 2015 kündigte er die Ernennung eines externen Beraters an. Dieser werde allein dem Papst rechenschaftspflichtig sein, autonom agieren und jede Abteilung des Heiligen Stuhls jederzeit prüfen können.

Spender erwarteten, dass ihre Mittel „effizient und ehrlich“ eingesetzt würden. „Eine Kirche der Armen sollte nicht ärmlich verwaltet werden“, betonte der Kardinal.

Zuständig für 200 Einrichtungen

Das von Pell geleitete Wirtschaftssekretariat ist für Wirtschafts-und Finanzentscheidungen des Heiligen Stuhls, des Vatikanstaates und für fast 200 dem Vatikan direkt unterstehende Einrichtungen zuständig. Ob die im November im Vatikan eingeführten Verfahren für Finanzgeschäfte und Kontenpläne auch Bischofskonferenzen weltweit zugeleitet würden, sei „eine Sache für die Zukunft“, so Pell.

Der Vatikan steht wegen seiner intransparenten Finanzstrukturen und vor allem wegen der Skandale bei der Vatikanbank seit längerem in der Kritik. Seit seinem Amtsantritt geht Papst Franziskus mit mehreren Kommissionen die dringend notwendigen Reformen an.

religion.ORF.at/dpa/KAP

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