Papst: Kommunion für Geschiedene „keine Lösung“

Papst Franziskus hat sich für einen neuen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen in der katholischen Kirche ausgesprochen. Hoffnungen auf eine Zulassung zur Kommunion versetzte er hingegen einen kräftigen Dämpfer.

Das sei „keine Lösung“, sagte er in einem Interview der argentinischen Zeitung „La Nacion“, das am Montag auch von der italienischen „La Repubblica“ veröffentlicht wurde. Nach Angaben von „La Nacion“ wurde es am Donnerstag im vatikanischen Gästehaus Santa Marta von der Vatikan-Korrespondentin, Elisabetta Pique, einer persönlichen Bekannten des Papstes, geführt. „Die Lösung ist Integration“, fügte Franziskus hinzu. „Man muss etwas die Türen öffnen.“ Wiederverheiratete Geschiedene seien zwar nicht exkommuniziert, praktisch würden sie jedoch so behandelt, klagte Franziskus.

„Einige Theologen erschreckt“

Der deutsche Kardinal Walter Kasper habe auf der letzten Synode zur Erörterung verschiedener Möglichkeiten für die Frage der wiederverheirateten Geschiedenen aufgerufen und damit die Debatte eröffnet. „Dies hat einige Theologen erschreckt“, sagte der Papst. Sie hätten eine Zulassung zur Eucharistie abgelehnt, gleichzeitig jene zur geistlichen Kommunion jedoch befürwortet.

Der emeritierte Kurienkardinal Kasper hatte im Februar hinter verschlossenen Türen und im Auftrag von Franziskus eine Grundsatzrede zu Ehe und Familienseelsorge gehalten und dabei eine gewisse Offenheit in der Frage des Umgangs mit wiederverheirateten geschiedenen Katholiken und deren neuen Partnerinnen und Partnern erkennen lassen. Danach hatte es seitens anderer Kardinäle herbe Kritik gegeben - mehr dazu in Geschiedene: Kasper warnt vor „theologischem Krieg“

Papst Franziskus erteilt einer Gläubigen die Kommunion

APA/EPA/Claudio Peri

Die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene ist wohl noch lange kein Thema in der katholischen Kirche

Die im Oktober im Vatikan abgehaltene Synode zu Fragen der Familienpastoral hatte keine definitiven Entscheidungen in dieser und anderen heiklen Fragen gebracht - mehr dazu in Familiensynode: Kirche muss allen offen stehen. Eine weitere Synode zum gleichen Thema soll im kommenden Jahr stattfinden.

Homosexuellen-Ehe „kein Thema“

Die Ehe zwischen Homosexuellen sei bei der Synode im Oktober im Vatikan kein Thema gewesen, so Franziskus weiter. „Die Synode hat über die Familie und Homosexuelle in Beziehung zu ihren Familien gesprochen, weil das eine Realität ist, der wir begegnen“, sagte der Argentinier. Die Kurienreform sieht das Oberhaupt der katholischen Kirche nicht als Aufräumprozess, sondern als neuen Weg, der im Vorkonklave gefordert worden sei. „Es gibt noch viel zu tun“, erklärte er dazu. Es sei ein langsamer und komplexer Prozess, der sich über 2015 hinausziehen werde.

Die Widerstände gegen die Reformansätze bezeichnete der Papst als eine „gesunde Offenlegung“ unterschiedlicher Meinungen. „Die Widerstände sind jetzt offensichtlich, dies ist aber ein gutes Zeichen, dass die Meinungsverschiedenheiten nicht heimlich ausgesprochen werden“, sagte der Papst. Das sei ein normaler Vorgang, der ihm keine Sorge mache.

Es sei zwar wahr, dass es unterschiedliche Positionen während der Synode gegeben habe, so Franziskus weiter. Doch diese hätten sich noch in einem „Stadium des Suchens nach der Wahrheit“ befunden. Für jene, die in ihren Positionen sehr festgelegt seien, müsse man beten, dass der Heilige Geist sie verwandele, so Franziskus. Indirekt verteidigte Franziskus damit auch die Entscheidung, die Redebeiträge der Bischöfe während der Synode nicht wie bisher zu veröffentlichen. Das war von einigen Teilnehmern als mangelnde Transparenz kritisiert worden.

Benedikt: Einmischung „völliger Unsinn“

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat indes Spekulationen über eine Einmischung in die Debatte um die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion zurückgewiesen. Sogar von einem möglichen „Gegenpapst“ Benedikt war die Rede - mehr dazu in Kirchenhistoriker befürchtet „Gegenpapst“ Benedikt. Es sei „völliger Unsinn“, dass er die Bischofssynode im Herbst habe beeinflussen wollen, sagte der 87-Jährige der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Vielmehr versuche er, „so still zu sein wie nur möglich“.

Sein Nachfolger Franziskus sei „von so starker Präsenz, wie ich es selbst körperlich und psychisch bei meinen schwachen Kräften nie sein konnte“, so das frühere Kirchenoberhaupt (2005 bis 2013). Auch den Gläubigen sei klar, „wer der wahre Papst ist“. Um Missverständnisse zu vermeiden, habe er sich seit seinem Rücktritt die Anrede „Vater Benedikt“ gewünscht, aber er sei zu schwach gewesen, um das durchzusetzen.

Debatte über überarbeiteten Text

Wiederverheirateten Geschiedenen solle die Kirche „nicht mehr als unbedingt nötig“ auferlegen, sie sollten „die Liebe der Kirche wirklich spüren“, betonte er weiter. Die Debatte war durch den jüngst erschienen vierten Band der Gesammelten Werke Joseph Ratzingers/Benedikts XVI. ausgelöst worden. Dafür hatte der emeritierte Papst einen mehr als 40 Jahre alten Text überarbeitet.

1972 hatte Ratzinger im Blick auf die aus katholischer Sicht unauflösliche Ehe zwischen Getauften geschrieben, die Kirche könne „in klaren Notsituationen begrenzte Ausnahmen zur Vermeidung von noch Schlimmerem zulassen“, nämlich dann, wenn die erste Ehe „in einer für beide Seiten irreparablen Weise zerbrochen“ sei und die zweite sich „über einen längeren Zeitraum hin als eine sittliche Realität bewährt“ habe. Diesen Vorschlag zog Benedikt XVI. in der überarbeiteten Fassung zurück. Allerdings plädierte er dafür, den Betroffenen die Mitarbeit in kirchlichen Gremien oder die Annahme eines Patenamts zu ermöglichen.

religion.ORF.at/dpa/KAP/KNA

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