„Präsident Sanac muss weg“: Aufstand der Muslime

Bundesländervertreter der Muslime und Muslimische Jugend fordern den Rücktritt von IGGiÖ Präsident Fuat Sanac. Grund sei das schlechte Verhandlungsergebnis beim neuen Islamgesetz.

Über Facebook verbreitete sich die Nachricht „Sanac muss weg“ wie ein Lauffeuer. Die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) fordert den Rücktritt von Fuat Sanac, dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ). Hintergrund ist das von der Regierung beschlossene Islamgesetz. Der Präsident habe es nicht geschafft, den Forderungen der Basis gebührend nachzukommen und ordentlich zu verhandeln, sagt MJÖ-Vertreterin Dudu Kücükgöl auf Anfrage von religion.ORF.at.

Die Verhandlungen seien nicht transparent gelaufen, das Ergebnis schade den Musliminnen und Muslimen in Österreich und stelle einen Rückschritt gegenüber dem alten Gesetz dar. Eine klare Strategie des Präsidenten bei den Verhandlungen, war nicht zu erkennen, so Kücükgöl. “Der Präsident hat im Alleingang gehandelt, deshalb gibt es auch ein großes Unverständnis von allen Seiten der Basis.”

Fuat Sanac, Vorsitzender der Islamischen Glaubensgemeinschaft

APA/HERBERT NEUBAUER

IGGiÖ Präsident Fuat Sanac ist wegen den Verhandlungen zum neuen Islamgesetz im Kreuzfeuer der Kritik

„Gesamtgesellschaftlicher Friede bedroht“

Es gehe bei diesem Thema nicht nur um den Islam und die Muslime, sondern um einen gesamtgesellschaftlichen Frieden, der nur bei Gleichheit, Anerkennung und gegenseitiger Wertschätzung erreicht werden kann. Österreich hatte bis zum neuen Entwurf hier eine Pionierstellung inne, und wir sorgen uns darum, dass diese verloren gehen könne,” begründet Kücükgöl den Schritt der MJÖ.

Mit der Rücktrittsaufforderung an Sanac stehen die jungen Musliminnen und Muslime in Österreich nicht alleine da. Am Freitag hat sich auch die Religionsgemeinde Linz via Facebook für einen Rücktritt von Sanac stark gemacht. Im Gespräch mit religion.ORF.at bekräftigt Murat Baser, Vorsitzender der Islamischen Religionsgemeinde, die Forderung. Die Entscheidungsgremien Schurarat und Oberster Rat der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) seien wenig bis gar nicht in die Verhandlungen mit der Regierung einbezogen worden. Änderungsvorschläge der muslimischen Basis in Österreich für das neue Islamgesetz seien von Sanac ungenügend an die Ministerien kommuniziert worden.

“Voraussichtlich wird jetzt von der Bundesregierung ein Gesetz gegen Hunderttausende Muslime in Österreich beschlossen werden. Das ist ein wenig wünschenswerter Vorgang und in der Geschichte Österreichs einmalig. Da hat der Präsident der IGGiÖ versagt,” so Baser. An einen raschen Rücktritt Sanac glaube er aber nicht. “Da müssten alle Verbände und Vereine in Österreich weit geschlossener auftreten. Aber Neuwahlen sind ohnedies für Mitte 2015 geplant. Das neue Islamgesetz könnte aber genau diese Neuwahlen verzögern, weil überhaupt noch nicht klar sei, wie sich die geforderte Neuorganisation der Moscheegemeinden auf die Wahlordnung auswirken werde.”

Stimmung gegen Sanac wächst

Die Stimmen der mit Präsident Sanac unzufriedenen Musliminnen und Muslime werden lauter. So kommt auch aus dem „Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft“ eine Rücktrittsforderung: „Viele Muslime an der Basis wünschen sich Konsequenzen“, sagt Ibrahim Yavuz vom Netzwerk gegenüber der Kleinen Zeitung. „Wie konnte es zu einem schlechteren Gesetz kommen, als 1912 und dann gibt es keine Konsequenzen?“. Auch der Vorsitzende der Islamischen Religionsgemeinde Salzburg, Ahmet Yilmaz, hat sich mittlerweile dieser Forderung angeschlossen.

Bei den Forderungen auf Facebook geht die MJÖ aber weiter und kritisiert auch die großen muslimischen Verbände im Obersten Rat. Sie würden den Präsidenten schützen, erklärt Kücükgöl. Es stelle sich die Frage, wie die Verbände so lange ihrem damaligen Wunschkandidaten das Vertrauen schenken konnten und bis heute hinter ihm stehen. Die MJÖ als bundesweit agierende Jugendorganisation verstehe sich selbst als unabhängig und gehört keinem Verband an. Von Seiten des Büros des Präsidenten Sanac gibt es aktuell keine Stellungnahme zu den Rücktrittsaufforderungen.

Marcus Marschalek, religion.ORF.at

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