SK: Erzbischof löst ungarisches Benediktinerkloster auf

Das slowakische Kulturministerium hat am 4. Dezember 2014 einem Antrag des Erzbischofs von Trnava, Jan Orosch, entsprochen und der Benediktinerkommunität von Komorn die Rechtspersönlichkeit entzogen.

Wie die beiden in der Slowakei erscheinenden Tageszeitungen „SME“ und „Uj szo“ zu Jahresbeginn aufdeckten, schwelt zwischen der Erzdiözese Trnava, den Benediktinern von Komorn (ungarisch Komárom/slowakisch Komárno) sowie der ungarischen Benediktinerkongregation vom heiligen Martin mit Sitz in Pannonhalma seit längerer Zeit ein Rechtsstreit.

Eintragung im Grundbuch von Slowakei veranlasst

Der Wert der strittigen Grundstücke in Klizska Nema (Kolozsnema) und Travnik (Füss) auf der slowakischen Schüttinsel wird auf über 3 Millionen Euro geschätzt. Am 17. Juli 2014 war auf Veranlassung von Erzbischof Orosch im Komorner Grundbuch die Erzdiözese Trnava als neue Eigentümerin der rund 660 Hektar fruchtbaren Ackerlandes aus dem Besitz der Benediktiner von Komorn eingetragen worden.

Die ungarische Erzabtei Pannohalma

APA/Lorencz Barbara

Der ungarische Erzabt von Pannonhalma forderte den slowakischen Erzbischof auf, eine Erklärung abzugeben

Der Erzabt von Pannonhalma und Präses der ungarischen Benediktinerkongregation, Bischof Asztrik Varszegi, forderte Orosch daraufhin zu einer Erklärung auf, erhielt aber keine Antwort. Im November legte die Komorner Bezirksprokuratorin Katarina Purkartova auf Ersuchen der Komorner Benediktiner gegen ihre Enteignung Protest ein; die von der Erzdiözese Trnava vorgelegten Unterlagen entsprächen nicht den Anforderungen des Katastralgesetzes, weshalb die Eintragung der Erzdiözese im Grundbuch rechtswidrig sei.

Auf diesen Schritt der Bezirksprokuratorin reagierte Erzbischof Orosch schließlich mit der Aufhebung der Ordenskommunität in Komorn. Die Benediktiner erfuhren von diesem Schritt laut SME erst durch die Sperre ihres Kontos.

Erzdiözese Trnava bezieht Stellung zu Zeitungsberichten

In einer ausführlichen Erklärung hat die Erzdiözese Trnava zu den Enthüllungen der beiden Zeitungen Stellung genommen, deren einziges Ziel die Diskreditierung der Kirche sei. Der sogenannte Orden vom heiligen Benedikt in Komorn sei von der zuständigen kirchlichen Autorität und auf Grund der Nichterfüllung der Vorschriften des kirchlichen Gesetzbuches für die Aufnahme seiner Tätigkeit aufgelöst worden.

Der Orden habe sich laut Erzdiözese auch 20 Jahre nach seiner Entstehung nicht als Kommunität konstituiert, die ein ordentliches Ordensleben mit benediktinischer Spiritualität geführt hätte. Er habe während seines gesamten Bestehens in der Slowakei keine dauerhafte Wirkung entfaltet und es habe in Komorn auch nicht ein einziger Ordensmann Quartier genommen.

Der Orden in Komorn sei einzig von seinem Ökonom repräsentiert worden, einer Person im Laienstand, die unter dem ernsten Verdacht eines Missbrauchs ihrer Vollmacht und des Wirtschaftens stehe.

Komplexe Eigentumsverhältnisse

Besagter Verwalter, der Jurist Juraj Szalay, vertritt die Benediktiner von Pannonhalma auch in der Causa des Schlosses in Rusovce (Karlburg, Oroszvar) im heutigen Stadtgebiet von Bratislava. Die 1945 in Pannonhalma verstorbene Prinzessin Stephanie von Belgien, die Witwe von Kronprinz Rudolf, und ihr 1946 verstorbener zweiter Gemahl Fürst Elemer Lonyay hatten das bis zur Enteignung durch die SS im Jahre 1944 von ihnen bewohnte Schloss den Benediktinern von Pannonhalma vermacht.

1947 wurde das bis dahin auf ungarischem Staatsgebiet gelegene Rusovce jedoch der Tschechoslowakei zugeschlagen. Der damalige Staat und dessen Rechtsnachfolgerin seit 1993, die Slowakische Republik, verweigerten die Herausgabe.

Diözesangrenzen erst 1977 neu geordnet

Auch die Causa Komorn hängt eng mit der jüngsten Geschichte zusammen. Die auch heute noch zu 60 Prozent von Ungarn bewohnte Stadt war lange in einer kirchlich unklaren Situation, weil sich Rom mit einer dauerhaften Anerkennung der politischen Verhältnisse Zeit ließ.

Erst 1977 ordnete Papst Paul VI. mit der Bulle Qui divino die bis dahin die Donau überspannenden Diözesangrenzen neu und errichtete eine selbständige slowakische Kirchenprovinz mit Trnava als Sitz des Metropoliten.

Auffassungsunterschiede zwischen Slowakei und Ungarn

Nach Auffassung der Erzdiözese Trnava und der Slowakischen Bischofskonferenz sind mit der am selben Tag erlassenen Bulle Praescriptionum sacrosancti sämtliche Befugnisse der ungarischen Diözese Györ (Raab) sowie der Erzabtei Pannonhalma zu Orten nördlich der Donau auf die Erzdiözese Trnava übergegangen.

Auch die Eigentumsrechte der Abtei Pannonhalma seien mit diesem Datum auf die Erzdiözese Trnava als einzige rechtmäßige Vertreterin der römisch-katholischen Kirche auf ihrem Territorium übergegangen. Der Vatikan habe dies zuletzt im Jahr 2011 bestätigt.

Warten auf vatikanische Entscheidung

Rechtsanwalt Szalay teilte dazu mit, die Benediktiner hätten sich auch an die Pressburger Generalprokuratur gewandt, um die Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Erzbischof Orosch hat die Benediktiner von Komorn - laut Zeitung „SME“ leben dort derzeit neun Ordensangehörige, die Zeitung „Novy Cas“ traf keine an - aufgefordert, ihren Besitz und die ökonomischen Agenden herauszugeben, andernfalls er gezwungen wäre, nach dem Zivil- und Strafrecht vorzugehen.

Erzabt Varszegi wiederum hat die Komorner Benediktiner angewiesen, kein Eigentum und keine Unterlagen zu übergeben, solange der Vatikan in der Angelegenheit nicht entschieden hat. Dies habe er auch dem Apostolischen Nuntius in der Slowakischen Republik, Erzbischof Mario Giordana, mitgeteilt.

religion.ORF.at/KAP

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