VfGH: ORF-Schweigeminute am Karfreitag zulässig

Höchstrichter weisen eine Beschwerde der Initiative „Religion ist Privatsache“ gegen „KommAustria“ und Bundeskommunikationssenat ab. Beide Medienbehörden hatten die Schweigeminute für rechtens erklärt.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat eine Beschwerde der Initiative „Religion ist Privatsache“ im Zusammenhang mit im Radio-sowie Fernsehprogramm des ORF am Karfreitag gehaltenen Schweigeminuten (deren Länge unter 60 Sekunden liegt) zum Andenken an den Tod Jesu als unbegründet abgewiesen.

In ihrem am Mittwoch veröffentlichten Entscheid bestätigen die Höchstrichter entsprechende Bescheide der Medienbehörde „KommAustria“ (Kommunikationsbehörde Austria) sowie des Bundeskommunikationssenats (BKS) aus dem Jahr 2012, wonach die Schweigeminute nicht gegen das Neutralitäts- und Objektivitätsgebot des ORF verstoße. „Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat nicht stattgefunden“, teilte der VfGH mit und trat gleichzeitig die letztinstanzliche Entscheidung über die etwaige Verletzung anderer Rechte an den Verwaltungsgerichtshof ab.

„Kein Eingriff in die Religionsfreiheit“

Es sei für den Verfassungsgerichtshof „nicht ersichtlich, dass eine Schweigeminute im Programm des ORF einen Eingriff in die Religionsfreiheit des Beschwerdeführers darstellen könnte“, heißt es unter anderem in den Ausführungen der Richter. Zurückgewiesen wurde darin unter mehreren Punkten auch eine rein negative Sichtweise von Religionsfreiheit. Hinsichtlich des Grundrechts der Religionsfreiheit sei zu beachten, „dass zwar ein Schutz vor Übergriffen einer Religionsgemeinschaft oder Angehörigen derselben gewährleistet ist, nicht aber die Freiheit vor jeder Konfrontation mit religiösen Auffassungen“.

Insbesondere sprachen die Höchstrichter die „KommAustria“ wie auch BKS vom Vorwurf frei, sie hätten mit ihren Entscheidungen Willkür geübt. Dem ORF komme ein redaktioneller Gestaltungsspielraum zu, wie er den öffentlich-rechtlichen Kernauftrag erfüllt, erinnerte der VfGH. Es liege - unter Berücksichtigung des für jegliche Programmgestaltung im ORF geltenden Objektivitätsgebots - „im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften in angemessener Weise in den Programmen des ORF zu berücksichtigen“.

Jahrelanger Rechtsstreit

Die Initiative Religion ist Privatsache, vertreten durch Eytan Reif, hatte in der Abhaltung der Schweigeminute am Karfreitag 2012 eine Verletzung der verfassungsgemäßen Verpflichtung zur konfessionellen und weltanschaulichen Neutralität sowie der Verpflichtung zur Objektivität und Sachlichkeit seitens des ORF geortet und Beschwerde bei der dafür zuständigen „KommAustria“ eingebracht. Die Beschwerde richtete sich sowohl gegen die Tatsache, dass die Schweigeminute abgehalten wurde, als auch gegen die begleitende Moderation beziehungsweise Gestaltung, bei der eine entsprechende Passage über den Tod Jesu aus dem Evangelium verlesen wurde.

„KommAustria“ wie auch der nächstinstanzliche Bundeskommunikationssenat (dessen Funktionsperiode des Bundeskommunikationssenates 2013 endete) wiesen die Beschwerde zurück. Der BKS ging in seinem nun vom VfGH bestätigten Bescheid unter anderem auf das geltende ORF-Gesetz ein: Darin sei von einer umfassenden Verpflichtung zur religiösen Neutralität „keine Rede“ und schon gar nicht lasse sich aus dem Gesetz ein Verbot ableiten, religiöse Texte vorlesen zu lassen.

Religiöse Sendungen „keine Diskriminierung anderer“

Weiters wurde festgehalten, das spezifische religiöse Sendungen „keine automatische Diskriminierung anderer Personengruppen mit anderen oder keiner religiösen Grundhaltung darstellen“. Bei der Schweigeminute handle es sich weder um „Indoktrinierung“, sie sei auch nicht „unverhältnismäßig“.

Vielmehr hielt die Behörde fest, dass der ORF durch die Ausstrahlung der Beiträge seinem im ORF-Gesetz festgelegten „öffentlich-rechtlichen Kernauftrag entsprochen“ hat. Dabei verwies der BKS darauf, dass es beim Karfreitag, so wie beim Karsamstag, Ostersonntag und bei Weihnachten „um ein Hauptfest der christlichen Kirchen handelt“.

religion.ORF.at/KAP

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