„Mutternacht“: Wenn Schwangerschaft tödlich endet

Hunderttausende Frauen sterben jährlich an Komplikationen durch Schwangerschaft und Geburt. Daran erinnert die Plattform „Mutternacht“, an der christliche Frauenorganisationen beteiligt sind.

Fast 290.000 Frauen sterben jedes Jahr weltweit an Komplikationen in Schwangerschaften oder bei der Geburt, die meisten davon in Ländern des Südens. Die Zahl lebenslanger gesundheitlicher Schäden liegt noch 25-mal höher. Die Plattform „Mutternacht“ hat sich zum Ziel gesetzt, die weltweit erschreckend hohe Müttersterblichkeit nach Komplikationen bei Schwangerschaft oder Geburt zu senken.

Selbstbestimmung von Frauen fördern

Bei einer Pressekonferenz im Vorfeld des Muttertags am 10. Mai unter dem Titel „Wenn das größte Glück zum größten Leid wird“ betonten Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), die Generalsekretärin der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö), Anja Appel, SPÖ-Bereichssprecherin für globale Entwicklung, Petra Bayr und CARE-Geschäftsführerin Andrea Wagner-Hagner die Notwendigkeit von gezielter Entwicklungszusammenarbeit (EZA) mit den am stärksten betroffenen Ländern des Südens, um sexuelle Selbstbestimmung und reproduktive Gesundheit von Frauen und Mädchen zu fördern.

„Die Senkung der Müttersterblichkeit ist jenes Millenniumsziel, von dem wir am allerweitesten weg sind, obwohl es von den Kosten her günstig zu realisieren wäre“, so Bayr. Sie holte gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung die „Mutternacht“ vor fünf Jahren nach Österreich. Der Initiative haben sich mittlerweile 20 Organisationen und Akteure - darunter auch die Katholische Frauenbewegung (kfb) und die Evangelische Frauenarbeit (EFA) - angeschlossen.

Wenig Fortschritte

Die Vereinten Nationen haben 1990 im Rahmen ihrer sogenannten Millenniumsziele die Reduktion der Müttersterblichkeit um 75 Prozent bis zum Jahr 2015 ins Auge gefasst. Gelungen ist das nur in neun Ländern, darunter Bangladesch. 99 Prozent der Todesfälle während der Schwangerschaft und bei der Geburt ereignen sich in den sogenannten Ländern des Globalen Südens - viele in Afrika. Die meisten von ihnen wären durch bessere Gesundheitsversorgung, Bildung - damit einhergehend spätere Schwangerschaften und ein Zurückdrängen der Tradition der Genitalverstümmelung - und den Zugang zu Verhütungsmitteln vermeidbar.

Der österreichische Beitrag an den UNO-Bevölkerungsfonds, der Programme zur Förderung der sogenannten reproduktiven Gesundheit in Entwicklungsländern umsetzt, ist laut der Plattform von 1,9 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 150.000 Euro im Jahr 2013 geschrumpft. Anja Appel, Generalsekretärin der Katholischen Frauenbewegung, erhob angesichts dieser Zahlen die Forderung an die Bundesregierung: Sie solle „ihre Entwicklungspolitik ernsthaft“ überdenken.

Andrea Wagner-Hagner von der Hilfsorganisation CARE wies auf die besonders problematische Lage von Frauen in Subsahara-Ländern hin. Somalia sei der weltweit schlechteste Ort, um Mutter zu werden, kaum besser sei die Lage im Tschad und in Mali. In dieser Region liege das Risiko für eine 15-Jährige, an Schwangerschaft oder Geburt zu sterben, bei 1:40; in Europa sei dieses Verhältnis 1:3300.

kfb: Reproduktive Gesundheit fördern

Für die Katholische Frauenbewegung sei die Förderung der reproduktiven Gesundheit ein „wesentlicher Beitrag zu mehr Gerechtigkeit und einer nachhaltigen Entwicklung“, betonte kfbö-Generalsekretärin Appel. 18 Prozent aller EZA-Projekte, die die Frauenbewegung vor allem durch ihre „Aktion Familienfasttag“ unterstützt, hätten einen Fokus auf Gesundheitsthemen. Das Ziel einer „ganzheitlichen Ermächtigung“ von Frauen bedeute auch die Fähigkeit, „für sich selbst und den eigenen Körper Sorge zu tragen“.

Mit manchen Positionen der Plattform „Mutternacht“ geraten katholische Organisationen allerdings in Konflikt. Denn „Mutternacht“ fordert zum Beispiel legale, medizinisch betreute Möglichkeiten zu Abtreibungen. "Viele Todesfälle von Frauen sind auf unsichere Abbrüche zurückzuführen. Frauen müssen die Möglichkeit haben, selbst über die Anzahl und den Zeitpunkt ihrer Nachkommen zu entscheiden und dürfen dabei nicht in die Illegalität getrieben werden. Gesundheitsbetreuung bei Schwangerschaftsabbrüchen ist zu gewährleisten, so die Forderung von „Mutternacht“.

Aber auch seitens der Kirchen gibt es sehr unterschiedliche Herangehensweisen an heikle Themen - wie etwa die Verteilung von Verhütungsmitteln. Bei einer AIDS-Konferenz in Wien habe sich ein afrikanischer Bischof dazu bekannt, Kondome zu verteilen - als geringeres Übel gemessen am möglichen Tod vieler Menschen, sagte Appel. Zudem kooperiere die kfb nicht nur mit kirchlichen Organisationen und bekenne sich zum Grundsatz: „Wir sind mit den Frauen.“

religion.ORF.at/APA/KAP

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