Irland-Votum: Kirchen in Österreich zu Homoehe

Nach dem irischen Referendum zur Homosexuellenehe, bei dem sich eine Mehrheit für die Gleichstellung aussprach, ist die gleichgeschlechtliche Ehe in ganz Europa ein Thema. Österreichs Kirchen bleiben einstweilen bei ihren Positionen.

Eine „Niederlage für die Menschheit“ hatte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der zweitmächtigste Mann im Vatikan, am Dienstag das Ergebnis genannt. Seine Wortwahl wurde seither vielfach kritisiert, auch von katholischer Seite - doch inhaltlich folgen ihm wohl, jedenfalls hierzulande, die meisten Kirchenvertreter.

Erzdiözese: Ausrichtung auf Nachkommen

Die Ansicht der katholischen Kirche in dieser Frage „ist ja sehr klar: Wenn die Ausrichtung auf Nachkommen ein Wesensmerkmal der Ehe ist – und das sieht die Kirche so -, gehört vernünftigerweise die Komplementarität der Geschlechter dazu. Insofern gibt es auch wenig zum irischen Referendum hinzuzufügen“, hieß es von der Pressestelle der Erzdiözese Wien am Freitag gegenüber religion.ORF.at.

Klaus Küng

APA/Georg Hochmuth

Diözesanbischof Klaus Küng

Der St. Pöltner „Familienbischof“ Klaus Küng kommentierte die Aussage Parolins im Interview mit der ORF-„Orientierung“: „Es ist eine sehr pointierte und ich würde sagen, sehr mutige Aussage, die im Grunde genommen etwas sehr Richtiges zum Ausdruck bringt, nämlich, dass die Familie - auf der Grundlage der Ehe zwischen Mann und Frau, ausgerichtet auf Kinder - das Fundament der Gesellschaft ist und bleiben wird.“

Katholische Laien: Regelung beibehalten

Die Katholische Aktion (KA), die offizielle Laienorganisation der römisch-katholischen Kirche in Österreich, formuliert vorsichtiger als Parolin, ist in der Sache jedoch auf derselben Linie wie der Vatikan. „Ich denke, dass die in Österreich bestehende Regelung im Wesentlichen beibehalten werden sollte“, so KAÖ-Präsidentin Gerda Schaffelhofer am Donnerstag in einer schriftlichen Stellungnahme auf Anfrage von religion.ORF.at.

Diskriminierung im Sinne einer ungerechtfertigten Benachteiligung sei zu vermeiden und abzulehnen. Dem trage das Rechtsinstitut der eingetragenen Partnerschaft Rechnung, und diese Partnerschaften seien „wie die Ehe Ausdruck von Liebe und gegenseitiger Verantwortung. In einzelnen Rechtsdetails kann und soll auch nachgebessert werden“, so die KAÖ-Präsidentin.

Freude nach dem Referendum zur Homosexuellenehe in Irland

Reuters/Cathal McNaughton

Freudentränen nach dem Referendum in Irland

„Aber insgesamt habe ich den Eindruck, dass von der früher vorhandenen Diskriminierung, die nicht gerechtfertigt war und die nun beseitigt ist, das Pendel in die Richtung völliger Gleichmacherei ausschlägt. Wenn man für Vielfalt der Formen menschlichen Zusammenlebens und für Respekt vor dieser Vielfalt eintritt, sollte man nicht alles nivellieren“, schreibt Schaffelhofer. Österreichs katholische Bischöfe haben sich zum Thema Homosexuellenehe bisher noch nicht geäußert.

Wir sind Kirche: „Wir freuen uns“

Die Gleichbehandlung „homosexuell empfindender Menschen gehört notwendig zu den Menschenrechten und entspricht damit dem fundamentalen christlichen Grundsatz: ‚Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen!‘ (Mt 7,12)“, so Matthias Jakubec für die Plattform Wir sind Kirche Österreich am Freitag in einer schriftlichen Stellungnahme an religion.ORF.at.

„Wir freuen uns, wenn, wie jetzt in Irland, diese Leitlinien der Menschlichkeit in der staatlichen Gesetzgebung berücksichtigt werden“, so die Plattform weiter. Wir sind Kirche werde sich weiter dafür einsetzen, „dass auch die Kirchenleitung zu einer solchen Sichtweise auf dem Boden des Evangeliums findet, und wünschen uns in diesem Sinn eine weitere und tiefere Reflexion ihres Umgangs mit dem Thema Homosexualität“.

Bünker: Aussage Parolins „überzogen“

„Für die evangelische Kirche ist auf der rechtlichen Ebene die Gleichberechtigung selbstverständlich“, sagte Michael Bünker, Bischof der Evangelischen Kirche A. B., am Donnerstag gegenüber religion.ORF.at. „Ethisch-theologisch geben wir der nicht-gleichgeschlechtlichen Ehe den Vorzug“, so der Bischof. Die Aussage Parolins findet er „überzogen. Das ist eine gesellschaftliche Frage, dass es vielfältigere Formen des Zusammenlebens gibt. Deswegen muss man nicht apokalyptische Vorstellungen entwickeln“, sagte Bünker.

Bischof Michael Bünker

APA/Herbert Neubauer

Bischof der Evangelischen Kirche A. B. Michael Bünker

In der reformierten Kirche sei es in Österreich bereits jetzt möglich, sich in einem „seelsorgerischen Rahmen“ als gleichgeschlechtliches Paar segnen zu lassen. In Schweden gebe es auch kirchliche Trauungen - die evangelischen Kirchen behandelten das „unterschiedlich“, so der Bischof. In Österreich seien ja auch evangelische, gleichgeschlechtliche Pfarrerpaare aktiv. Bünker hob den Unterschied zur Eheschließung in der katholischen Kirche hervor und zitierte Martin Luther: „Die Ehe ist ein weltlich’ Ding.“ Es gibt in der evangelischen Kirche eine Segnungsfeier für Paare, doch die Ehe ist kein Sakrament.

Deutschland: „Noch nicht so weit“

In Deutschland geht die Debatte um die gleichgeschlechtliche Ehe ebenfalls weiter. Die Gesellschaft in Deutschland sei noch nicht so weit, wie man glaube, sagte der Kirchenreformer Christian Weisner (Wir sind Kirche Deutschland) am Mittwoch im Inforadio. "... die Bischöfe grade hier in Deutschland müssen sich fragen: Hören alle noch auf das Wort der Bischöfe? Ich habe den Eindruck, dass die Gesellschaft mittlerweile weiter voran ist als die Kirche. Die Kirche ist da nicht mehr Vorreiter", sagte Weisner.

Wenn homosexuelle Menschen in Treue miteinander lebten, müsse man das erst einmal positiv bewerten. „Und das Recht wird dann nachfolgen“, so Weisner. Die katholische Kirche habe „erneut eine Chance verpasst, in der Gegenwart anzukommen“, sagte am Mittwoch der innen- und religionspolitische Sprecher der deutschen Grünen, Volker Beck.

Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin

APA/EPA/Tatyana Zenkovich

Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin polarisierte mit seiner Aussage zum irischen Votum für die Homosexuellenehe

Formulierung Parolins „sehr brachial“

Der Generalvikar der deutschen Stadt Essen, Klaus Pfeffer, sagte am Mittwoch im Kölner Domradio: „Beim Hören dieser Nachricht habe ich erst einmal einen Schrecken bekommen, weil ich diese Formulierung für sehr brachial halte. Niederlagen für die Menschheit sind für mich andere Dinge. Dinge, die mit Gewalt, Terror, Krieg und Unmenschlichkeit zu tun haben. Eine solche Formulierung in Zusammenhang mit Homosexualität und all den Fragen dazu ist völlig unangemessen.“

Er befürchte, dass die katholische Kirche mit dieser Wortwahl „weltweit den sehr unangenehmen Eindruck“ erwecke, sich nicht mit den Lebensrealitäten der Menschen in der heutigen Zeit auseinanderzusetzen zu können, sagte der Priester laut einer dpa-Meldung. Der katholischen Kirche gehe es letztlich darum, die Werte Ehe und Familie hochzuhalten, was auch richtig sei. Diesem Ziel diene sie aber nicht, indem sie „in einer sehr brachialen Weise auf Distanz“ gehe.

Johanna Grillmayer, religion.ORF.at

Mehr dazu:

Links: