Vatikan: Öffnung der Weltkriegsarchive verzögert sich

Die Öffnung der vatikanischen Archive für die Weltkriegsjahre im Pontifikat von Pius XII. (1939 bis 1958) verzögert sich nach Aussage von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin.

Die Vorbereitungen erforderten mehr Zeit als vorhergesehen, sagte er in einem Interview der Tageszeitung „Jerusalem Post“. Verantwortlich dafür seien vor allem „technisch-archivalische Fragen“, so Parolin in dem Gespräch, das das Internetportal Vatican Insider am Donnerstag im Wortlaut veröffentlichte. Die „imposante Zahl“ von Archiven im Vatikan habe die Situation komplexer gemacht. Einen Zeitpunkt für die Freigabe der Akten nannte er nicht. Bisher hatte der Vatikan sie bis 2015 in Aussicht gestellt.

Jüdische Verbände und Historiker fordern schon seit längerem die Freigabe dieser Akten für die Forschung. Sie erhoffen sich davon weitere Aufschlüsse über das umstrittene Verhalten von Pius XII. angesichts des Holocausts.

Vatikan: Papiere erst sortieren

Der Vatikan hatte wiederholt gesagt, dass die Archivare erst die rund 16 Millionen Papiere aus dieser Zeit sortieren und katalogisieren müssten. Erst dann seien die Bestände für die Wissenschaft überhaupt benutzbar. Außerdem sei das Vatikanische Geheimarchiv mit rund 50 Mitarbeitern personell vergleichsweise schlecht ausgestattet. Hinzu komme, dass sich die Unterlagen der päpstlichen Botschaften osteuropäischer Länder durch Kriegseinwirkungen oder die Zeit des Kalten Kriegs in extremer Unordnung befänden.

In der Regel wurden die Aktenbestände im Vatikanischen Geheimarchiv 70 Jahre nach Pontifikatsende freigeben. Seit September 2006 können Forscher jedoch auch schon die Bestände des Pontifikats von Pius XI. einsehen, das im Februar 1939 endete. Eine Ausnahme gibt es allerdings für die Zeit danach auch jetzt schon: den Bestand des Vatikanischen Informationsbüros für Kriegsgefangene, der auch Dokumente aus der Zeit von 1939 bis 1947 enthält.

Zugang nur für Historikerkommission

Die übrigen Dokumente aus der Zeit von Pius XII. hat bisher nur eine päpstliche Historikerkommission einsehen dürfen, die eine Auswahl von mehreren Tausend Aktenstücken in elf Bänden zwischen 1965 und 1981 veröffentlichte. Neben dem Vatikanischen Geheimarchiv gibt es etwa noch das Archiv des vatikanischen Staatssekretariats und das der Glaubenskongregation.

Weiter sagte Parolin, mit der Freigabe der Akten wolle der Vatikan seinen Beitrag dazu leisten, die komplette historische Wahrheit ans Licht zu bringen. Nötig sei insbesondere einen vertiefende Beschäftigung mit jenen Akteuren und Einrichtungen, die der „Barbarei des Holocaust“ Widerstand leisteten und teils ihr Leben dafür opferten Juden zu retten.

religion.ORF.at/KAP

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