Schweizer Bischof distanziert sich von Huonder

Nach dem umstrittenen Vortrag des Schweizer Bischofs Vitus Huonder über Homosexuelle ist der Sankt Galler Bischof Markus Büchel indirekt auf Distanz zu seinem Amtsbruder gegangen: Man solle Menschen nicht auf ihre Sexualität reduzieren.

Ein verantwortungsvoller Umgang mit Sexualität sei für das eigene Wohl wichtiger als die Frage, ob jemand hetero- oder homosexuell ist, schreibt Büchel, der auch Vorsitzender der Schweizer Bischofskonferenz ist, in einem am Wochenende veröffentlichten Brief an alle Seelsorgemitarbeiter seiner Diözese. Er reagiert damit auf zahlreiche „besorgte Reaktionen“, die ihn in Zusammenhang mit Äußerungen Huonders über Homosexualität und Bibel erreicht hätten.

„Nicht auf Sexualität reduzieren“

Katholische Gläubige dürften mit Blick auf die sexuelle Verantwortlichkeit „auf das Gewissen jedes und jeder Einzelnen vertrauen“, so Büchel. Und weiter: „Freuen wir uns an jeder Beziehung, in der sich die Partner als gleichwertige, wertvolle, geliebte Kinder Gottes annehmen und die Würde des anderen achten!“

Bischof Markus Büchel

Bistum St. Gallen

Sankt Galler Bischof Markus Büchel

Zur Beachtung dieser Würde gehöre auch, „eine Person und ihre Beziehungen nicht auf die Sexualität zu reduzieren“. In der Botschaft Jesu stehe die Nächstenliebe im Vordergrund. Solche Grundaussagen seien auch der Schlüssel zur Interpretation von Bibelstellen in die jeweilige Zeit hinein. „Unser heutiges Wissen um die Homosexualität als Anlage und nicht frei gewählte sexuelle Orientierung war zur Zeit der Bibel gar nicht bekannt.“

Historische Last der Kirche

Büchel sieht es als Aufgabe der Kirche, die Menschen auf ihrem Weg zu begleiten, „auf dem sie ihre Sexualität als Geschenk Gottes in ihr Leben und die Gestaltung ihrer Beziehungen integrieren können“. Die Kirche müsse sich der historischen Lasten im Umgang mit Homosexualität bewusst stellen „und eine neue menschen- und sachgerechte Sprache finden“.

Hintergrund von Büchels Äußerungen ist ein jüngster Vortrag des Churer Bischofs Huonder beim Kongress „Freude am Glauben“ im deutschen Fulda über Ehe, Sexualität und Familie, der auch Bibelstellen aus dem alttestamentlichen Buch „Levitikus“ zitierte.

Debatte über Huonder-Vortrag

Unter anderem werden darin sexuelle Handlungen zwischen Menschen gleichen Geschlechts als „Gräueltaten“ bezeichnet, die „mit dem Tod bestraft“ werden. Diese zitierten Stellen allein, so Huonder, „würden genügen, um der Frage der Homosexualität aus der Sicht des Glaubens die rechte Wende zu geben“. Die Aussage habe auch Bedeutung für die Definition der Ehe und der Familie: „Da gibt es keine Vielfalt der Ehe- und Familienmodelle“, folgerte der Bischof.

Diese Aussagen hatten eine breite Debatte in den Medien und den Sozialen Netzwerken ausgelöst. Huonder bedauerte später in einer Erklärung, dass sein Vortrag „in den Medien vereinzelt als Herabsetzung homosexueller Menschen verstanden“ worden sei. „So war es nicht gemeint.“ Huonder erklärte weiter, homosexuelle Menschen sei dennoch mit „Achtung, Mitleid und Takt“ zu begegnen; sie seien aber „zur Keuschheit gerufen“.

Kritik an „Hassrede“

Der Dachverband der Schweizer Schwulen, „Pink Cross“, sprach von einer „Hassrede“ und kündigte eine Prüfung möglicher strafrechtlicher Verfolgung an. Vertreter einer konservativen Kirchenauffassung lobten Huonders Verteidigung der kirchlichen Lehre.

Die Schweizer Bischofskonferenz erklärte, sie äußere sich nicht zu Aussagen einzelner Bischöfe. Für ihre Haltung zu Fragen der Homosexualität sei die im Katechismus zusammengefasste Lehre der Universalkirche maßgeblich.

religion.ORF.at/KAP

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