Papst: Jede Pfarrgemeinde soll Flüchtlinge aufnehmen

Angesichts der Flüchtlingskrise hat Papst Franziskus alle katholischen Gemeinden in Europa aufgerufen, eine betroffene Familie aufzunehmen. Kardinal Christoph Schönborn forderte eine gemeinsame Linie der EU-Bischöfe.

Als „konkrete Geste“ zur Vorbereitung des kommenden Heiligen Jahrs solle „jede Pfarrgemeinde, jede religiöse Gemeinschaft, jedes Kloster“ in Europa eine Familie beherbergen, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche am Sonntag während des Angelus-Gebets auf dem Petersplatz in Rom.

Angesichts des Leids der Zehntausenden Menschen, die „in der Hoffnung auf Leben“ Krieg und Hunger zu entkommen versuchten, reiche es nicht, „Mut, Geduld“ zu predigen, sagte der 78-Jährige weiter. „Die christliche Hoffnung ist kämpferisch“. Er appellierte an „Europas Bischöfe“, seinen Aufruf in ihren Diözesen zu unterstützen.

Papst Franziskus am Balkon beim Angelusgebet

APA/EPA/Osservatore Romano

Geht es nach Papst Franziskus, soll „jede Pfarrgemeinde, jede religiöse Gemeinschaft, jedes Kloster“ in Europa eine Flüchtlingsfamilie aufnehmen

Vatikan geht mit Beispiel voran

Nach seinen Angaben werden die beiden Pfarrgemeinden des Vatikans „in den nächsten Tagen“ mit gutem Beispiel vorangehen. Das im Dezember beginnende Heilige Jahr soll nach dem Willen des Papstes als „Jubiläum der Barmherzigkeit“ begangen werden.

In Anspielung auf die biblische Überlieferung der Heilung eines Taubstummen durch Jesus sagte Franziskus weiter, auch in Europa sei ein Wunder geschehen: „Wir wurden von unserer Taubheit und unserer Selbstsucht und dem Schweigen der Abschottung geheilt“. „Die verschlossene Familie, die verschlossene Pfarrgemeinde, das verschlossene Land, all das kommt von uns und hat nichts mit Gott zu tun“, fügte er hinzu.

Schönborn fordert gemeinsame Linie von EU-Bischöfen

Kardinal Christoph Schönborn appellierte unterdessen an die Bischöfe der Europäischen Union, in der Flüchtlingsfrage „eine gemeinsame Linie“ zu finden. „Wir fordern von der EU eine gemeinsame Position in der Flüchtlingsfrage - das dürfen wir aber auch von den Bischöfen erwarten“, sagte Schönborn in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview mit dem ORF.

Schönborn äußerte sich im Vorfeld der Vollversammlung des „Rates der Europäischen Bischofskonferenzen“ (CCEE), die vom 11. bis 16. September erstmals in Israel stattfinden wird: „Ich erwarte mir ein deutliches Wort der europäischen Bischöfe zur gegenwärtigen Situation“, so Schönborn.

Kardinal Schönborn in der ZIB2

ORF

Kardinal Schönborn erwartet sich von Europas Bischöfen ein „deutliches Wort zur gegenwärtigen Situation“

Schönborn: Sonderregelung zur Abtreibung „richtig“

Darüber hinaus äußerte sich der Wiener Erzbischof im ORF-Fernsehen („Orientierung“) zur päpstlichen Erlaubnis an Priester, im kommenden „Jahr der Barmherzigkeit“ auch im Fall von Abtreibungen die Absolution zu erteilen. Er halte diese Sonderregelung, die in Deutschland und Österreich bereits seit langem gelte, für „sehr richtig und gut“. So wisse er aus der seelsorglichen Praxis, dass es „psychologisch und menschlich falsch“ sei, eine Frau, die in der Beichte aufrichtig um Entlastung von ihrer Gewissenlast bitte, wegzuschicken.

Der Auftakt der CCEE-Vollversammlung findet am 11. September im Bildungszentrum „Domus Galilaeae/Beit HaGalil“ im nordisraelischen Chorazim unweit des Sees Genezareth statt. Vorsitzender der Messfeier ist dabei der Präfekt der vatikanischen Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet. Das Generalthema der CCEE-Vollversammlung lautet „Die Kirche in den verschiedenen europäischen Ländern und die großen Herausforderungen, die sie zu bewältigen hat“.

Dieses Generalthema wird in insgesamt sieben Arbeitssitzungen behandelt werden. Den Abschluss bildet ein Gottesdienst unter Leitung des CCEE-Vorsitzenden Kardinalprimas Peter Erdö in der Jerusalemer Grabeskirche sowie eine Pressekonferenz im „Christian Media Center“.

religion.ORF.at/AFP/KAP

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