USA: Proteste gegen Heiligsprechung von Missionar

Papst Franziskus wird im Zuge seines USA-Besuchs kommende Woche in Washington den Missionar Junipero Serra (1713 bis 1786) heiligsprechen. Dagegen protestiert allerdings die indigene Bevölkerung. Sie sehen in Serra einen Unterdrücker.

Mit einer Petition will man den Papst zum Umdenken drängen. Mehr als 10.000 Menschen haben die Onlinepetition gegen die geplante Heiligsprechung des spanischen Missionars am 23. September bereits unterschrieben. Auch in den Sozialen Netzwerken wird die Heiligsprechung sehr heftig kritisiert: Auf Facebook wird der Missionar mit blutigem Kreuz dargestellt und als Monster bezeichnet.

Doch der Protest gegen die Heiligsprechung findet nicht nur im Netz, sondern auch auf den Straßen statt. In den vergangenen Tagen protestierten Indigene gegen die Heiligsprechung des Mannes, den sie für Unterdrückung, Zwangstaufen und den Tod von 60.000 ihrer Vorfahren verantwortlich machen.

Missionarischer Eifer

Der Franziskanerpater Junipero Serra aus Mallorca wurde 1713 geboren und ging mit 36 Jahren in die spanische Kolonie auf dem Gebiet des heutigen Mexiko, um den Katholizismus in die „Neue Welt“ zu bringen. Er zog dann weiter Richtung Norden und gründete mehrere Missionen. Dort, im heutigen Kalifornien, wird er als Gründervater verehrt. Papst Franziskus verteidigte Serra in der Vergangenheit gegen Kritik und lobte ihn für seinen missionarischen Eifer und sein Wirken für das Christentum.

Ein Bild von Junipero Serra, darüber ein Stopzeichen und der Satz: Sagt Nein zur Heiligsprechung, auf Twitter im Umlauf.

Twitter

Auf Twitter wird für die Petition geworben.

Von der indigenen Bevölkerung wird Serra aber äußert kritisch gesehen. Denn sobald die Europäer in ihre Region kamen, wurde die Lebensgrundlage der ansässigen Bevölkerung zerstört, durch eingeschleppte Krankheiten starben Tausende. Als etwa spanische Soldaten und Siedler Frauen vergewaltigten, seien ihnen spanische Priester nicht zu Hilfe gekommen, kritisieren die Initiatoren der Petition gegen die Heiligsprechung von Serra. Nahrung und Schutz in den Missionen bekamen die Menschen nur, wenn sie sich taufen ließen. Wer einmal getauft war, durfte die Mission meist nicht mehr verlassen.

Zwang und Gewalt

Indigene werfen Serra auch vor, dass Frauen und Männer in den Missionen voneinander getrennt und Familien auseinandergerissen wurden. Wenn sich die Menschen den ihnen auferlegten Regeln widersetzten, wurde körperliche Gewalt angewendet. Die Indigenen seien nicht als Menschen anerkannt und als solche behandelt worden.

Der Papst müsse verstehen, dass Serra „für die Ausbeutung, Unterdrückung, Versklavung und den Völkermord an tausenden indigenen Kaliforniern verantwortlich war, was letztlich zu einer der größten ethnischen Säuberungen in Nordamerika führte“, heißt es in der von Toypurina Carac, Sprecher der Kizh Gabrieleno im Großraum Los Angeles, eingebrachten Petition.

Vatikan soll Leid anerkennen

Man wolle den Papst mit der Petition respektvoll zum Umdenken drängen. Man wolle keine Entschuldigung, sondern eine Abkehr von der Lehre der Entdeckung: „Wir wollen, dass die unmenschliche Behandlung unserer Vorfahren anerkannt wird.“

Papst Franziskus entschuldigte sich erst kürzlich bei der indigenen Bevölkerung in Südamerika für die Sünden von Missionaren während der Kolonialzeit. „Im Namen Gottes sind viele und schwere Sünden gegen die Einwohner begangen worden“, sagte der Papst während seines Bolivien-Besuchs im Sommer. Doch auch in Kalifornien habe es Unterdrückung und Versklavung durch Missionare gegeben, so Carac. Die Heiligsprechung von Serra widerspreche den Bestrebungen des Papstes, sich für die indigene Bevölkerung einzusetzen.

Eine Statute von Junipero Serra vor der Carmel-Mission in Kalifornien

Reuters/Michael Fiala

Eine Statute von Junipero Serra vor der Carmel-Mission in Kalifornien

Kind seiner Zeit

Historiker beurteilen Serra teilweise milder, aber ohne ihn aus der Verantwortung zu nehmen. Damals habe man die Indigenen als geistige Kinder betrachtet, „die mit den Mitteln der damaligen Pädagogik zu erziehen waren“, und dazu gehörten Schläge, sagte der Historiker Steven Hackel gegenüber der „Badischen Zeitung“ (Dienstag-Ausgabe). Serra habe sich auch selbst geschlagen, „um Christus näher zu sein“, sagte Hackel, der vor zwei Jahren eine Biografie des Missionars veröffentlichte. „Serra hat ein zeittypisches System installiert, an das er glaubte, aber für die Ureinwohner war es tödlich“, so der Historiker.

Die selbst katholisch erzogene Vertreterin der Tongva im Gebiet von Los Angeles Julia Bogany sagte der „Badischen Zeitung“, es sei Serra nicht wirklich um das Seelenheil der Menschen gegangen. „Es gibt zeitgenössische Darstellungen, auf denen unsere Vorfahren Ketten tragen – warum war das nötig?“, fragte Bogany. Zudem hätten Priester sterbliche Überreste nur dann der Familie übergeben, wenn die Verwandtschaft sich auch taufen ließ.

Papst überzeugt von Serra

In einer Predigt im Mai 2015 verteidigte Papst Franziskus den vor 230 Jahren verstorbenen Missionar. Serra habe wie viele Missionare der indigenen Bevölkerung Nordamerikas das Christentum gebracht und sie vor den Übergriffen der Kolonialherren verteidigt.

Junipero Serra wurde 1987 von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. Weil Papst Franziskus wie bereits einige Male in seinem Pontifikat auf die Bestätigung eines Wunders verzichtete, wird der von Massen verehrte und von vielen gehasste Missionar nun am 23. September in Washington heiliggesprochen. Die 10.200 Unterschriften werden daran kaum etwas ändern.

Clara Akinyosoye, religion.ORF.at

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