Priester-Outing, Vatikan und die Folgen

Mit seinem Coming-out als Homosexueller in einer Beziehung hat der vatikanische Würdenträger und Mitarbeiter der Glaubenskongregation, Krzysztof Charamsa, eine Bombe platzen lassen. Wie geht es nun weiter?

Mit der Wahl des Zeitpunkts für sein Outing zeigte der polnische Priester Sinn für Timing: Unmittelbar vor dem Beginn der lange vorbereiteten Weltbischofssynode im Vatikan, bei der unter anderem auch über den Umgang der Kirche mit Homosexuellen diskutiert wird, outete sich Charamsa in der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“ (Samstag-Ausgabe) als in einer homosexuellen Beziehung lebender Priester. Damit gab er der Synode schon vor deren Beginn eine Richtung vor, die von vielen so sicher nicht gewünscht worden war: Die Frage nach dem Umgang mit homosexuellen Beziehungen zählt zu den am härtesten umkämpften Bereichen in der Familienpastoral.

Vatikan reagierte „heftig“

Das erkläre auch die „heftige Reaktion“ des Vatikans, sagte der Theologe Gerhard Marschütz vom Institut für Systematische Theologie an der Universität Wien gegenüber religion.ORF.at. Mit dem Outing und dem gemeinsamen Auftreten mit seinem Lebensgefährten habe der Priester eine „öffentliche Zölibatsverletzung“ begangen, so Marschütz. Charamsa hatte sich vor Pressekameras gemeinsam mit seinem Lebensgefährten, dem Katalanen Eduardo Planas, gezeigt, ihn umarmt und ihm den Kopf auf die Schulter gelegt.

Krysztof Charamsa, von der Presse umringt

APA/EPA/Luciano del Castillo

Krzysztof Charamsa

Sendungshinweis:

Praxis - Religion und Gesellschaft
Mittwoch, 7.10.2015, 16.00 Uhr Ö1 und zum Nachhören: Outing im Vatikan

Eine „homosexuelle Veranlagung“ an sich ist nach der Lehre der römisch-katholischen noch keine Sünde, wohl aber ausgelebte Homosexualität. Römisch-katholische Priester dürfen weder hetero- noch homosexuelle Intimbeziehungen haben. Daher war sich Charamsa, der an zwei päpstlichen Universitäten in Rom lehrt, der Konsequenzen sehr wohl bewusst, wie er auch dem „Corriere“ gegenüber sagte.

Bischof entscheidet

Der Vatikan teilte nach dem Outing sofort mit, dass Charamsa seiner Ämter als Assistenzsekretär der Internationalen Theologischen Kommission und als Dozent an zwei päpstlichen Universitäten enthoben werde. Vatikan-Sprecher Federico Lombardi machte klar, wie verärgert er über den von Charamsa bewusst gewählten Zeitpunkt einen Tag vor dem Beginn der Bischofssynode war. Lombardi verurteilte die Äußerungen des Geistlichen als „schwerwiegend und unverantwortlich“. Über seine Zukunft als Geistlicher müsse nun sein zuständiger Bischof entscheiden.

Monsignore Krzysztof Charamsa und sein Lebensgefährte

APA/AFP/Tiziana Fabi

Krzysztof Charamsa und sein Lebensgefährte

Dieser, der Bischof von Pelplin (Polen), Ryszard Kasyna, reagierte ebenfalls umgehend. Er sprach gegenüber Charamsa noch am Samstagabend eine Verwarnung aus. Das ist der erste Schritt hin zu einem Amtsenthebungsverfahren. Eine Enthebung vom Priesteramt passiere freilich nicht „von heute auf morgen“, wie das bei kirchlichen Ämtern der Fall sei, so Theologe Marschütz.

Amtsenthebungsverfahren unumgänglich

Da es aber nicht so aussieht, als ob der Theologe und Priester künftig von seiner Beziehung Abstand nehmen würde, ist ein Amtsenthebungsverfahren wohl unumgänglich. Ludger Müller, Theologe und Vorstand des Instituts für Kirchenrecht an der Uni Wien, sagte auf eine Frage von religion.ORF.at, dass ein solches „Sanktionsverfahren“ vom Bischof abhänge. Der Priester werde auf jeden Fall „Ärger wegen des Verstoßes gegen die Zölibatspflicht“ bekommen - strafverschärfend komme noch hinzu, dass Charamsa in einer „höheren Stellung“ sei.

Er werde in den Laienstand zurückversetzt, so der Kirchenrechtsexperte, „die Weihe behält er bis an sein Lebensende“. „Wenn keine Rechtsmittel eingelegt werden - und das ist in dem Fall unwahrscheinlich -, kann der Bischof sofort handeln“, sagte Müller. Es werde also nur wenige Wochen dauern, bis Charamsa laisiert werde. „Danach hängt es vom Bischof ab, mit welchen Aufgaben er ihn betraut.“ Ein laisierter Priester darf nicht mehr die Messe zelebrieren, im Normalfall keine Beichte abnehmen und wird normalerweise auch nicht mehr als Religionslehrer eingesetzt.

Sakramente nur „in Todesgefahr“

Nur in „Todesgefahr“ darf ein laisierter Priester theoretisch noch Sakramente spenden, also etwa einem Sterbenden die Beichte abnehmen und die Krankensalbung (früher „Letzte Ölung“) verabreichen, so Müller. Was den Titel „Monsignore“ angeht, so hänge das einzig von der Entscheidung des Papstes ab, so Müller weiter.

Dass das Outing einen Einfluss auf den Verlauf der Synode haben wird, glaubt Müller nicht, denn „solche Fälle gibt es immer wieder“. Wenn, dann stelle das eher ein Hindernis dar für jene, die sich jetzt als liberal positionieren wollten.

Umzug nach Spanien

Über seine Pläne für die Zukunft informierte Charamsa einstweilen die italienischen Medien: Er wird nach Spanien ziehen. Laut italienischen Medien möchte der 43-jährige Theologe in Barcelona mit seinem Partner Eduardo Planas zusammenleben. „Ich will nicht weiterhin für einen Eklat sorgen“, sagte Charamsa einem APA-Bericht zufolge gegenüber italienischen Medien.

Er „packe alles in zwei Koffer ein und verlasse das römische Kloster, in dem ich lebe. Ich habe schon die Fahrkarte nach Barcelona in der Tasche“, so der Priester. Er hoffe, dass sich die am Sonntag begonnene Familiensynode im Vatikan mit der Frage homosexueller Gläubiger und ihrer Familien befassen werde - mehr dazu in Nach Coming-out: Geouteter Theologe zieht zu Freund.

Johanna Grillmayer, religion.ORF.at

Mehr dazu:

Links: