„Vatileaks 2“: Papst warnt vor Machthunger

Die vatikanischen Staatsanwälte haben nun vier Kardinäle wegen Veruntreuung von Spendengeldern befragt. Papst Franziskus sagte in Florenz indes, dass er Gott bitte, Bischöfe vor Machtversessenheit zu schützen.

Die vatikanische Staatsanwaltschaft ermitteln wegen des rätselhaften Verschwindens einer Liste vatikanischer Immobilien, die an Prominente und Bekannten von Kirchenmännern zu Spottpreisen vermietet worden seien, und befragte deshalb vier Kardinäle, wie die römische Tageszeitung „Il Messaggero“ am Dienstag berichtete.

Einige Immobilien in Rom wurden als Hotels und als Sauna vermietet, wie italienische Medien berichteten. Vier Milliarden Euro wird das Immobilienvermögen des Vatikan in Rom geschätzt. Auf rund zehn Milliarden Euro werden die Immobilien geschätzt, die der Vatikan in Rom und im Ausland, darunter in der Londoner City und in Paris, besitzt.

Papst: „Konservatismus“ keine Lösung

Der Papst will ein Projekt zur stärkeren Zentralisierung bei der Verwaltung der Immobilien durchsetzen, die zur Zeit unter Kontrolle der Güterverwaltung APSA stehen. Er will alle Gebäude genau unter die Lupe nehmen, über die der Vatikan verfügt, verlautete aus dem Vatikan - mehr dazu in Papst nimmt vatikanische Immobilien unter die Lupe.

Der mit dem Skandalen und der Reform der Kirche beschäftigte Papst Franziskus warnte zudem bei einem eintägigen Besuch in Florenz vor „Konservativismus und Fundamentalismus“ in der Kirche. Auch bat er Gott, die Bischöfe vor „Machtversessenheit“ zu schützen.

„Evangelische Armut“

„Angesichts des Übels und der Probleme der Kirche ist es sinnlos, Lösungen im Konservativismus und im Fundamentalismus sowie in der Restauration von Verhalten und überholten Formen zu suchen, die auch vom kulturellen Standpunkt nicht mehr bedeutend sind“, sagte der Papst in seiner Ansprache vor der fünften Nationalen Konferenz der italienischen Kirche, an der rund 2.500 Delegierte aus sämtlichen italienischen Diözesen teilnahmen.

Die Reform der Kirche sei nicht nur ein Plan zur Strukturänderung. Reform der Kirche bedeute, sich in Christus zu verankern und sich vom Heiligen Geist führen zu lassen. Er drängte die Kirche, „Demut, Desinteresse und Seligkeit“ wiederzufinden. „Die evangelische Armut ist kreativ, nimmt auf, unterstützt und ist hoffnungsreich“, erklärte Franziskus.

Enthüllungen und Verhaftungen

Wegen der Entwendung der Dokumente über die Finanzlage des Vatikan war vor zehn Tagen der spanische Prälat Lucio Angel Vallejo Balda festgenommen worden, der sich seitdem bei der vatikanischen Gendarmerie in Untersuchungshaft befindet. Ermittelt wird auch gegen die PR-Beraterin Francesca Chaouqui.

Die beiden werden beschuldigt, den Investigativjournalisten Nuzzi und Emiliano Fittipaldi heikle Dokumente über Missstände und Veruntreuung von Spendengeldern in der Kirche zugespielt zu haben. Die Sachbücher der beiden Journalisten wurden vergangene Woche veröffentlicht. Gerüchte, nach denen der Vatikan auch gegen einen ehemaligen RAI-Manager ermittelt, wurden am Samstag dementiert.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu: