„Vatileaks 2“: Prälat gestand Beziehung zu PR-Agentin
Der Prozess gegen insgesamt fünf Personen wegen unerlaubter Veröffentlichung vertraulicher Dokumente über finanzielle Missstände wurde am Montag im Vatikan fortgesetzt, nach kurzer Zeit aber wieder unterbrochen und auf 7. Dezember vertagt. Vallejo Balda soll zuvor der römischen Tageszeitung zufolge gegenüber den Ermittlern zugegeben haben, eine sexuelle Beziehung zu der ebenfalls angeklagten italienischen PR-Agentin Francesca Chaouqui gehabt zu haben.
Angeblich Geheimdienst-Kontakte
Laut Balda hatte sie Kontakte zu italienischen Geheimdiensten. Er selber habe dem Papst Chaouqui als Mitglied der Prüfungskommission der vatikanischen Finanzen COSEA vorgeschlagen, berichtete „La Repubblica“. Balda befindet sich seit einem Monat in einer Zelle der vatikanischen Gendarmerie in Untersuchungshaft.
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Chaouqui wurde vorübergehend festgenommen, jedoch wegen ihrer Kooperationsbereitschaft und einer Schwangerschaft wieder freigelassen. Die PR-Beraterin kündigte unterdessen eine Klage gegen den inhaftierten Prälaten Vallejo Balda an. Er wolle sie aus Rache verleumden, sagte Chouqui gegenüber der Zeitung.
Prozess erneut vertagt
Das vatikanische Gericht habe beschlossen, einem Antrag der Anwältin von PR-Agentin Chaouqui nachzugeben, die mehr Zeit für die Vorbereitung der Verteidigung gefordert hatte, berichtete der mitangeklagte Journalist Gianluigi Nuzzi laut italienischen Medien. Ursprünglich hatten Vatikan-Insider mit einem Urteil in dem Prozess vor dem am 8. Dezember beginnenden Jubiläumsjahr gerechnet.
Anklage wurde zudem gegen eine fünfte Person, Nicola Maio, erhoben, der wie Chaouqui und Balda früherer Mitarbeiter der COSEA-Kommission ist. Die drei werden beschuldigt, eine „kriminelle Vereinigung“ mit dem Ziel der Veröffentlichung von Dokumenten gebildet zu haben, die „wesentliche Interessen des Heiligen Stuhls und des Staates betreffen“, heißt es im Vatikan-Dokument, mit dem der Prozess gegen die fünf Angeklagten beschlossen wurde. Den Prozess führt Gerichtspräsident Giuseppe Dalla Torre zusammen mit drei weiteren Richtern.
Nuzzi wirft dem Vatikan in seinem jüngsten Buch „Alles muss ans Licht“ vor, ein System von Korruption, Günstlingswirtschaft, Privilegien und Geldwäsche zu unterhalten - mehr dazu in in Aufdeckerbuch: „Krieg“ im Vatikan. Gegen ihn und den Journalisten Emiliano Fittipaldi, der mit seinem Buch „Avarizia“ ebenfalls über Missstände im Vatikan berichtet hatte, leitete die vatikanische Justiz ein Verfahren wegen „möglicher Beihilfe zur Verbreitung vertraulicher Informationen und Dokumente“ ein. „Ich hoffe, dass die Rechte der Verteidigung respektiert werden“, kommentierte Fittipaldi nach Angaben italienischer Medien. Den Angeklagten drohen bis zu acht Jahre Haft.
religion.ORF.at/APA
Mehr dazu:
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(religion.ORF.at; 24.11.2015) - Vatikan-Prozess: Nuzzi drohen acht Jahre Haft
(religion.ORF.at; 24.11.2015)