Jesuit: Papst macht Kirche der Zukunft sichtbar

Papst Franziskus lässt die Entwicklung der katholischen Kirche von morgen erkennen: Zu dieser Einschätzung kommt der Jesuitenpater Bernd Hagenkord, der Leiter der deutschsprachigen Abteilung von Radio Vatikan.

Hagenkord referierte beim Medientag der österreichischen Orden in Salzburg, wie die Ordensgemeinschaften am Freitag mitteilten. Dem Jesuiten zufolge stehe der Papst aus Argentinien für ein „Losgehen im Vertrauen auf den Heiligen Geist“. Er entziehe sich dabei schneller Erklärungen und profitiere stark von seiner großen Menschennähe, Kommunikationsgabe und Authentizität, mit der er „in derselben Liga wie Mutter Teresa oder der Dalai Lama“ spiele.

Dezentralisierung beschleunigt

Der Papst verwende vor allem Verben der Bewegung wie „aufstehen, losgehen, vorangehen, mitgehen“ und setze selbst Schritt für Schritt zu einer verkündenden Kirche, wobei die Frage „Wann endlich?“ bei ihm nicht funktioniere, so der Ordensmann.

Franziskus habe den Prozess der Dezentralisierung beschleunigt: „Die stark vatikanzentrierte Kirche war gegen die Nationalismen und Militarismen des 19. Jahrhunderts sinnvoll, ist es aber nicht mehr in der globalisierten Welt.“ Statt feste Positionen und Regeln aufzustellen, stoße der Papst völlig angstfrei Prozesse in Richtung einer „Dynamisierung des Glaubens“ an - „womit er letztlich für ein sehr anstrengendes Christentum steht“, sagte Hagenkord.

Übliche Einordnung „unmöglich geworden“

Unmöglich geworden sei im neuen Pontifikat die nur in Europa und Nordamerika übliche Einordnung in „liberal“ und „konservativ“, wobei der Vatikan-Journalist eine Ersetzung des Wortpaares in „konstruktiv“ und „destruktiv“ vorschlug. Hagenkord: „Im deutschen Sprachraum gibt es viele die sich selbst als progressiv sehen, doch seit 40 Jahren dasselbe sagen. Das halte ich für konservativ. Viele, die wir hingegen für konservativ halten, sind hingegen offen und pastoral; die Schubladen stimmen also nicht mehr.“ In der Kirche gebe es durchaus „viel Destruktives, das wir hinter uns lassen müssen“, plädierte der Experte.

Jesuitenpater Bernd Hagenkord

Kathbild/Franz Josef Rupprecht

Jesuitenpater Bernd Hagenkord

Bei Franziskus müsse man zudem „von der Rändern her denken“, sagte Hagenkord. Dieser andere Sichtweise, die mit der über 1.000-jährigen Dominanz Europas breche, ändere die Welt und richte den Blick auf „jene, die nicht so viel haben“ und auf Menschen in Bedrohungen wie etwa durch den Klimawandel. Zwar sei der Papst dafür kritisiert worden, dass er die neoliberale Wirtschaft dermaßen verurteile und nur die „elende Armut“ im Gegensatz zum Reichtum sehe, nicht etwa den Mittelstand. Dass Franziskus aus dem Standpunkt „nicht hinter dem Altar, sondern von jenen aus, die draußen stehen und an der Tür klopfe“ sehe und denke, sei aber durchaus „die Perspektive Jesu“, so der Jesuit.

Unbequem auch für die Orden

Besonders für Ordensleute fordere der Papst diese Sichtweise von den Rändern aus, so der Radio-Vatikan-Redaktionsleiter weiter. Grundvoraussetzung für den Gang in die Peripherie sei dabei allerdings, „dass Jesus im Zentrum steht“. Ordensgemeinschaften sollten wirken, „nicht weil wir ein Kloster, ein Krankenhaus oder eine Schule haben, sondern weil Jesus da ist“. „Unbequem“ für die Orden sei der Papst dabei vor allem durch sein Pochen auf die Armut, die für ihn „Mutter und Mauer des Ordenslebens“ und somit dessen Kern sei. „Der Papst meint einmal ein wenig ironisch, das Beste, was einer Kongregation passieren kann, ist ein schlechter Verwalter“, erinnert sich der Vatikan-Experte.

Die „sieben Werke der Barmherzigkeit“ würden von Franziskus nicht im übertragenen Sinn gewollt, „sondern tatsächlich“, so Hagenkord, der hier von „ganz, ganz konkret“ gemeinten Forderungen sprach. Orden sollten sich auch etlichen weiteren „Zumutungen“ des Papstes stellen, um damit zum Christsein im 21. Jahrhundert beizutragen: Er sehe die Orden als ständiges Suchen und Wunsch, die Welt zu verändern, wobei er sich einer neuen Sprache bediene, die „poetischer und spiritueller“ sei.

religion.ORF.at/KAP

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