Asyl: Papst fordert von Europa Aufnahmebereitschaft

Papst Franziskus hat Europa aufgefordert, weiterhin Flüchtlinge aufzunehmen. Wegen der vielen Flüchtlinge und der Sorge vor Terrorismus drohe Europas Aufnahmesystem ins Schwanken zu kommen.

Bei der Neujahrsansprache an das Diplomatische Corps im Vatikan erklärte der Papst, dass Europa sich nicht erlauben könne, seine „Werte und Prinzipien der Menschlichkeit, des Respekts für die Würde jeder Person und der gegenseitigen Solidarität“ zu opfern. Europa müsse die „Sorgen um die Sicherheit“ überwinden und nicht „die Grundlagen seines humanistischen Geistes“ verlieren. „Europa hat mit der Unterstützung seines großen kulturellen und religiösen Erbes die Mittel, die zentrale Rolle der Person zu verteidigen und eine richtige Balance zwischen der zweifachen moralischen Pflicht zu finden, die Rechte der eigenen Bürger und die Aufnahme der Migranten zu garantieren“, sagte der Papst.

Die Ausschreitungen in der Silvesternacht in Köln, bei denen Frauen sexuell angegriffen und bestohlen wurden, lösten eine Debatte über die Einwanderungs- und Integrationspolitik aus. Bei den Verdächtigen handelte es sich Polizeiangaben zufolge zumeist um Asylbewerber. Auch die islamistischen Anschläge von Paris hatten die Furcht verstärkt, dass Extremisten mit dem Flüchtlingsstrom unerkannt nach Europa kommen könnten.

Abkehr vom Waffenhandel

Vor den Diplomaten erneuerte Franziskus zudem seinen Appell, den Menschenhandel zu stoppen. Zu viele Flüchtlinge seien weiterhin vom Schutz der internationalen Abkommen ausgeschlossen, kritisierte er. Zudem sagte er, die Aufnahme und Integration von Menschen, die vor Elend, Krieg, Verfolgung und den Folgen des Klimawandels flüchteten, müsse stets vom Bemühen um eine Verbesserung der Lage in den Herkunftsländern begleitet sein.

Dies erfordert nach seinen Worten die Abkehr von eingefahrenen Missständen wie dem Waffenhandel, der Korruption und im Bereich der Rohstoffgewinnung. Franziskus wandte sich auch gegen Strategien, „die den Völkern, an die sie sich richten, ideologisch fremd sind“.

Papst Franziskus predigt

REUTERS/Osservatore Romano

Papst Franziskus mahnt, Europa solle weiter Flüchtlinge aufnehmen

Als besondere Gefahr für ein friedliches Zusammenleben bezeichnete der Papst den religiösen Fundamentalismus und Extremismus. Diese entstünden aus einer Instrumentalisierung von Religion für machtpolitische Ziele. Religiöser Fanatismus sei aber auch eine Reaktion auf fehlende Ideale und die Ablehnung von Religiosität, „die den sogenannten Westen dramatisch kennzeichnet“. Franziskus versicherte, der Heilige Stuhl werde sich immer für das friedliche Miteinander der Kulturen und den interreligiösen Dialog einsetzen.

Zielländer „nicht alleine lassen“

Der Papst dankte Italien auch für seinen Einsatz in der Flüchtlingsrettung im Mittelmeer und äußerte die Hoffnung, das Land möge auch in Zukunft Schutzsuchende aufnehmen. Allerdings dürften jene Länder, die vorrangig Ziel von Flüchtlingen sind, mit der Problematik nicht alleine gelassen werden, betonte Franziskus.

Papst Franziskus sprach sich in der Vergangenheit schon oft für Solidarität mit und Hilfe für Flüchtlinge aus. Im Herbst des vergangenen Jahres hatte der Papst während des Angelus-Gebets an alle Pfarren, Klöster und religiöse Gemeinschaften in Europa appelliert, eine Flüchtlingsfamilie zu beherbergen. Angesichts des Leids der Zehntausenden Menschen, die „in der Hoffnung auf Leben“ Krieg und Hunger zu entkommen versuchten, reiche es nicht, „Mut, Geduld“ zu predigen, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche.

Friedliche Lösungen

Für 2016 rief der Papst bei der Neujahransprache zu neuen Anstrengungen für ein Ende des Krieges in Syrien sowie für eine friedliche Lösung zwischen Israelis und Palästinensern auf. Außerdem erwähnte er die Migrationssituation an der Grenze zwischen Mexiko und den USA, die Konflikte in Zentralafrika, Libyen und in der Ukraine und äußerte sich besorgt über den jüngsten Atomtest Nordkoreas. Zufrieden zeigte er sich über das Atomabkommen mit dem Iran und den zu erwartenden Klimavertrag nach der Weltklimakonferenz von Paris.

religion.ORF.at/APA/Reuters

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