Nach dem Schisma: Römisch-katholisch und orthodox

Politischer Streit, kulturelle Unterschiede und theologische Differenzen: 1054 kam es zum „Großen Schisma“, der ersten großen Spaltung des Christentums. Die Oberhäupter der Ostkirche im heutigen Istanbul und der Westkirche in Rom exkommunizierten sich gegenseitig.

Ein päpstlicher Gesandter legte im Namen von Papst Leo IX. die Bannbulle gegen den Patriarchen Michael Kerullarios auf den Hauptaltar der Hagia Sophia in Konstantinopel (heutiges Istanbul). Der Patriarch sprach seinerseits über die Lateiner die Exkommunikation aus. Der gegenseitige Bannfluch wurde erst 1965 von Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras I., Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, aufgehoben.

Orthodoxe Kathedrale in Kiew

ORF/Martin Cargnelli

Orthodoxe Kirchen zeichnen sich durch ihre Farbenpracht aus

Folge des Bruchs war die Eigenständigkeit der orthodoxen Kirchen. Nach Katholiken und Protestanten stellen die Orthodoxen heute die drittgrößte Gruppe innerhalb des Christentums. Orthodoxe betrachten sich als Bewahrer der unverfälschten christlichen Überlieferung, sie sind eng an die Tradition gebunden. Ihre Gottesdienste zeichnen sich durch eine besonders feierliche Liturgie aus, sie dauern oftmals viele Stunden, bei hohen Festen eine ganze Nacht.

Autorität des Papstes von Orthodoxen abgelehnt

Die Autorität des Papstes lehnen die Orthodoxen ab. Sie werden nicht - wie in der katholischen Kirche - von einem einzigen Oberhaupt geleitet. Stattdessen gibt es verschiedene Patriarchate wie in Moskau, Istanbul und Jerusalem. Sind katholische Geistliche generell an den Zölibat, die Ehelosigkeit, gebunden, so können orthodoxe Priester vor der Ordination noch heiraten. Nur Bischöfe sollten allein leben.

Papst Johannes Paul II. (1978 bis 2005) hatte zwar die Annäherung der beiden Kirchen zu einem Hauptziel erklärt, das gespannte Verhältnis zwischen Katholiken und Orthodoxen verschlechterte sich jedoch 2002, als der Papst vier Bistümer in Russland einrichtete. Das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen, Patriarch Kyrill, betonte dennoch immer wieder auch die gemeinsamen Werte mit der katholischen Kirche.

Unter Johannes Pauls Nachfolger Benedikt XVI. (2005 bis 2013) gab es dann wieder Zeichen der Entspannung. Zur Amtseinführung von Papst Franziskus im März 2013 reiste auch der orthodoxe Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., an. Es war der erste Besuch seit fast 1.000 Jahren.

Eigenständigkeit in der Orthodoxie

Die orthodoxen Kirchen sind eigenständig. Ihnen gehören weltweit in etwa 15 eigenständigen (autokephalen) Zweigen rund 250 Millionen Gläubige an. Nach Katholiken und Protestanten stellen die Orthodoxen heute die drittgrößte Gruppe innerhalb des Christentums. Schätzungen zu ihrer Zahl gehen aber weit auseinander. Die russisch-orthodoxe Kirche ist bei Weitem die größte: Sie hat nach Angaben aus Moskau etwa 150 Millionen Mitglieder. Daneben gibt es in Europa unter anderem die griechisch- und die serbisch-orthodoxe Kirche.

Zur Gruppe der orientalisch-orthodoxen Kirchen gehören unter anderem die syrische, die koptische, die armenische und die äthiopische Kirche. Der Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., hat als Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christen eine führende Rolle inne.

religion.ORF.at/APA

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