D: Wieder Kritik an Tanzverboten am Karfreitag

Kritiker halten sie für nicht mehr zeitgemäß, andere sehen es als Zeichen des Respekts vor Tradition und Religion: In Deutschland sorgen die per Landesgesetze verordneten „Tanzverbote“ am Karfreitag alljährlich für hitzige Debatten.

Ein ganztägiges Tanzverbot gilt am Karfreitag in den meisten deutschen Bundesländern, in den übrigen zumindest zu bestimmten Zeiten. „Alter Zopf“, „überkommene Rücksichtnahme“, „Ausbremsen von Nachtschwärmern“ - solche Worte von Kritikern sind noch verhältnismäßig sachlich. In den vergangenen Jahren luden sie zu „Tanz-Demonstrationen“ und „Heidenspaß“-Partys. Die Kirchen pochen dagegen auf die Bedeutung des Karfreitag.

An Leiden erinnern „Kulturgut“

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sagte zu den Kritikern, er habe kein Verständnis für die Debatte. An das Leiden zu erinnern, sei „ein wichtiges Kulturgut“ - auch jenseits der christlichen Religion.

In der evangelischen Kirche gilt der Karfreitag als einer der höchsten Feiertage, für Katholiken ist er ein Fast- und Abstinenztag. Unterdessen gab es immer wieder Tanzverbote zu bestimmten Tagen oder Zeitabschnitten. Allgemeine derartige Regelungen herrschten in Deutschland zeitweise auch aus politischen Gründen, etwa während der beiden Weltkriege.

Regelungen sind Ländersache

Die heutigen Regelungen sind Ländersache. Verschiedene deutsche Bundesländer lockerten ihre Gesetze in den vergangenen Jahren. Zuletzt verkürzte Schleswig-Holstein das Tanzverbot. Zwei Stunden fallen künftig weg. Das Verbot gilt nicht mehr rund um die Uhr, sondern von 2.00 Uhr Früh am Karfreitag bis 2.00 Uhr Früh am Karsamstag. Das Katholische Büro des nördlichsten deutschen Bundeslandes kritisierte die Änderung als leichtfertig; sie zeuge von mangelndem Respekt gegenüber der christlichen Kultur.

Baden-Württemberg lockerte das Feiertagsgesetz im vergangenen November, allerdings bezüglich der bis dato geschützten Sonntage. Die stillen Feiertage bleiben weiterhin geschützt. Bayern, das 2013 ebenfalls das Feiertagsgesetz gelockert hatte, entschied 2014, dass an den stillen Tagen keine Zirkusvorstellungen erlaubt sind, im konkreten Fall an Allerheiligen. Das „Tanzverbot“ betrifft in aller Regel nicht nur Tanz-, sondern auch etwa Sportveranstaltungen.

Bis zu 15 Tage Tanzverbot

Hessen ist das Land mit den meisten stillen Feiertagen. An 15 Tagen, darunter auch Neujahr, herrscht dort zeitweiliges Tanzverbot. Die wenigsten stillen Tage begehen Berlin, Bremen und Schleswig-Holstein. Dort sind Karfreitag, Volkstrauertag und Totensonntag geschützt, doch in Berlin und Bremen könnte das bald fallen.

Am stärksten wurde die Regelung 2013 in Bremen gelockert. Nach einer Petition entschied der Landtag, das Tanzverbot am Karfreitag auf die Zeit zwischen 6.00 bis 21.00 Uhr zu begrenzen, am Volkstrauertag und Totensonntag auf 6.00 bis 17.00 Uhr, und es an allen weiteren Tagen aufzuheben. 2018 soll das Tanzverbot endgültig abgeschafft werden. Aktuell gibt es erneut Streit in der Hansestadt: Schausteller möchten die Osterwiese am Karfreitag schon um 18.00 Uhr öffnen.

Regionale Besonderheiten berücksichtigt

Neben dem Karfreitag gibt es deutschlandweite Einschränkungen nur am Volkstrauertag - einem staatlichen Gedenktag - und am Totensonntag. Für alle anderen stillen Tage gilt längst, was der Städte- und Gemeindebund im vergangenen Jahr für den Karfreitag forderte: Regionale Besonderheiten werden berücksichtigt. So ist Allerheiligen nur in Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland ein stiller Tag. In Niedersachsen herrscht zu Allerseelen ein Tanzverbot in Gemeinden mit über 40 Prozent katholischer Bevölkerung.

Die Diskussion ist indes nicht nur in Deutschland aufgeheizt. In Irland wehren sich Pub-Betreiber gegen das Ausschankverbot am Karfreitag, in der Schweiz hoben mehrere Kantone die Tanzverbote in den vergangenen Jahren auf.

In Österreich regelt allein das Kärntner Veranstaltungsgesetz, dass am Karfreitag „Veranstaltungen verboten“ sind und am Karsamstag erst am Nachmittag beginnen dürfen. In Burgenland, Niederösterreich und Salzburg sowie in Wien und Tirol sind jene Veranstaltungen verboten, die geeignet sind, „religiöse Gefühle der Bevölkerung verletzen“ beziehungsweise „den Charakter dieser Tage stören“. In Vorarlberg ist nur die Veranstaltung von Lichtspielen eingeschränkt, sofern diese der Bedeutung des Karfreitags „abträglich“ ist. Keine Sonderregelungen für den Karfreitag gibt es in den Veranstaltungsgesetzen in Oberösterreich und der Steiermark.

religion.ORF.at/KAP

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