Bischöfe: Papst-Schreiben „große Ermutigung“

Österreichische Bischöfe haben sich am Freitag positiv zum Papst-Dokument „Amoris Laetitia“ geäußert. Als „große Ermutigung“ würdigte es der Grazer Bischof Krautwaschl, der Feldkircher Bischof Elbs sieht darin die Fortsetzung eines „lebensnahen Weges“.

„Ich freue mich über die Art und Weise, wie unser Papst in diesem Dokument nach einem langen Prozess des Zuhörens, beginnend bei der weltweiten Befragung, argumentiert“, so Wilhelm Krautwaschl am Freitag in einer Aussendung der Diözese Graz-Seckau. Franziskus nehme neben der „Schönheit von Ehe und Familie“ auch die vielen oft schwierigen Lebenslagen wahr, in denen sich Menschen heute weltweit befinden. Und er lade ein, diese auf ihrem Weg zu begleiten.

Papst „zeigt Herz“

Für den steirischen Bischof ist das ein Auftrag: „Es gilt mit dem Evangelium in der Hand den Menschen in ihren Situationen zur Seite zu stehen - und diesen Mühen dürfen wir uns nicht entziehen.“ „Dieser Papst ist ein großer Seelsorger. Er zeigt Herz“, befand der Grazer Pastoralamtsleiter Karl Veitschegger: „Nicht von oben herab werden kirchliche Morallehren verkündet“, der Papst ermutige vielmehr seelsorglich Tätige, Menschen bei Schritten hin zu einem „versöhnten Leben“ zu unterstützen.

Verschiedenfarbige Ausgaben des Papst-Schreibens "Amoris Laetitia"

APA/AFP/Alberto Pizzoli

Papst-Schreiben „Amoris Laetitia“

Heidi Derler, Vorsitzende des Familienreferats der Diözese Graz-Seckau, freute sich, dass der Papst Situationen im Blick habe, „wie ich sie als Lehrerin täglich von den Kindern zu hören bekomme oder in meiner Umgebung beobachte“. Gerhard Hofbauer, Leiter des Familienreferats der Diözese Graz-Seckau, meinte dazu: „Papst Franziskus öffnet Türen, indem er zur Begleitung und Unterscheidung von schwierigen Lebens- und Beziehungssituationen aufruft.“

Papst setzt „lebensnahen Weg“ der Synode fort

Als eine Fortsetzung des „lebensnahen Weges“, der mit der Familiensynode eingeschlagen wurde, wertet der Feldkircher Bischof Benno Elbs - als Vertreter der Österreichischen Bischofskonferenz bei der Bischofsversammlung im vergangenen Oktober dabei - das nachsynodale Schreiben „Amoris Laetitia“ von Papst Franziskus. Dessen Grundton sei „ermutigend, einladend und bestärkend“.

Der Papst unterstreiche die Aufgabe der Kirche, auf die Menschen zuzugehen, so Elbs. „Abgrenzungen und Ausgrenzungen sind nicht der Stil von Papst Franziskus. Mehr noch, als Tenor schwingt im gesamten Text immer die Aufforderung mit, Menschen mit all ihren Fehlern immer wieder auch die Türen zu öffnen“, beschrieb Elbs in seiner Stellungnahme am Freitag eine „Grundlinie“ des Schreibens.

Familie und Ehe als „Sehnsuchtsort“

Der Papst betone die große Bedeutung von Familie und Ehe als „Sehnsuchtsort für viele Menschen“ und „Lebensschule“, wies der Bischof hin. Das Festhalten an einem „erstrebenswerten Ideal“ werde zugleich ergänzt durch einen respektvollen, wertschätzenden Umgang mit Menschen und Situationen, die dem Ideal nur zum Teil entsprechen oder vielleicht sogar widersprechen. „Man könnte es so formulieren“, so Elbs: „Für den Blick auf das Ideal wurde die Moralbrille durch die Ermutigungsbrille ersetzt.“ Genau darin liege auch der große Schatz des Schreibens. Für die „heißen Eisen“ bedeutet das nach den Worten des Bischofs, dass Papst Franziskus auch hier den Weg der Integration vorschlägt.

„Gerechtigkeit im Einzelfall“

Von der Synode oder seinem Schreiben könne laut dem Papst keine auf alle Fälle anzuwendende generelle gesetzliche Regelung kanonischer Art erwarten werden: „Es ist nur möglich, eine neue Ermutigung auszudrücken zu einer verantwortungsvollen persönlichen und pastoralen Unterscheidung der je spezifischen Fälle.“ Bischof Elbs dazu: „Hier ist die ‚Gerechtigkeit im Einzelfall‘, das Prinzip des Begleitens, Unterscheidens und Integrierens angesprochen. Das heißt nichts anderes, als dass es unsere Aufgabe ist, die Menschen von Situation zu Situation zu einer Gewissensentscheidung zu führen.“

Dabei seien die Ortskirchen gefordert. „Gleichzeitig heißt das aber auch, dass es unterschiedliche Lösungsansätze in den Ortskirchen geben kann und darf“, so Elbs. Der Schlüssel dazu laute: „Es gibt keine Abstufung des Gesetzes, aber es gibt sehr wohl verschiedene Stufen, dessen Anforderungen zu verstehen, zu schätzen oder zu erfüllen.“ Bischof Elbs wertete das neue Schreiben als einen Schritt, den Papst Franziskus die Kirche auf die Menschen zu machen lässt. „Ermutigung statt moralischer Druck lautet die Devise. Glaube ist ‚Lebensmittel‘ und Hilfe für die Seele.“

Küng: „Amoris Laetitia“ weist ins konkrete Leben

„Amoris Laetitia“ weist „in großer pastoraler Liebe in die Realitäten des konkreten Lebens“. Diesen Eindruck hat Österreichs „Familienbischof“ Klaus Küng (St. Pölten) nach der Lektüre des nachsynodalen Schreibens von Papst Franziskus. Es sei ein „reichhaltiger Schatz“ mit zahlreichen Impulsen, „eine Ermutigung und Stärkung“. In einer Zeit, in der sich viele nach erfüllender Partnerschaft, Sinn und Harmonie sehnten, eröffne der Papst auch den tiefen sakramentalen Sinn von Ehe und Familie, wies Küng hin.

Der Auftrag der Kirche sei es immer, den Menschen in ihren jeweiligen Lebenssituationen entgegenzugehen, wie Franziskus in seinem Schreiben betone. Gemeinsam mit den anderen Diözesen werde es nun zu einer intensiven Aufarbeitung des umfassenden Dokuments kommen.

„Kirche und Gesellschaft brauchen Familien als lebensnotwendige und stärkende Grundlagen“, so der Bischof. Das bedeute auch, dass Schritt für Schritt die Schönheit von Ehe und Familie neu entdeckt werden müsse. In der Seelsorge müssten Menschen offenherzig unterstützt werden; Küng plädierte auch für eine vertiefte Ehevorbereitung und die Neuentdeckung der Familie als Hauskirche. Gleichzeitig brauche es angesichts vielfältiger sozialer Herausforderungen auch eine familienfreundliche Politik, forderte der Bischof.

Bürgler: „Tür der Barmherzigkeit öffnen“

Papst Franziskus will mit Entschiedenheit für alle die Tür der Barmherzigkeit öffnen: Diesen Eindruck von „Amoris Laetitia“ untermauert der Innsbrucker Diözesanadministrator Jakob Bürgler mit folgendem zentralen Zitat aus dem Dokument: „Es geht darum, alle einzugliedern; man muss jedem Einzelnen helfen, seinen eigenen Weg zu finden, an der kirchlichen Gemeinschaft teilzuhaben, damit er sich als Empfänger einer ‚unverdienten, bedingungslosen und gegenleistungsfreien‘ Barmherzigkeit empfindet.“

Für Franziskus gehöre die Barmherzigkeit zum Kern der christlichen Botschaft, so Bürgler in seiner auf der Website der Diözese Innsbruck veröffentlichten Stellungnahme. Der Papst habe nicht nur am Beginn des Außerordentlichen Heiligen Jahres der Barmherzigkeit die Heiligen Pforten geöffnet. „Auch in seinem neuen Schreiben wird spürbar, wie sehr er die Menschen mag, und wie sehr er die Zuwendung Gottes den Menschen erfahrbar machen möchte.“

Diese Tür war nach Bürglers Dafürhalten in der Frage des Umgangs mit Menschen in „irregulären“ Situationen nie ganz zu. „Papst Franziskus will nun aber die Tür mit Entschiedenheit öffnen, damit die Menschen nicht den Eindruck haben, vor der Tür bleiben zu müssen.“ Er warne vor der vereinfachenden Unterscheidung zwischen Ehen und Familien, die „in Ordnung“ sind und den Regeln entsprechen, und den „irregulären“ Situationen, die ein Problem darstellen. „So einfach und Schwarz-Weiß ist die Sache nicht“, so Bürgler.

Lackner: Kirche „als Weggefährtin“

Die Kirche soll „als Weggefährtin den Familien nahe sein“: Dieser Anspruch wird nach den Worten des Salzburger Erzbischofs Franz Lackner im neuen Papst-Dokument vor allem durch die beiden Schlüsselbegriffe „abwägen“ und „begleiten“ zum Ausdruck gebracht. Franziskus gebe darin eine ganzheitliche Sicht auf den hohen Wert der Familie, aber auch auf Probleme, die sich in der heutigen Zeit ergeben. „Die Spannung zwischen Idealgestalt - Ehe und Familie als unersetzlicher Ort persönlicher Liebe, die das Leben weitergibt - und Realgestalt - Verletzlichkeit des Ehelebens - wurde nicht einseitig aufgehoben“, so Lackner.

Der Erzbischof betont die kirchliche „Verantwortung vor Ort“. Es gelte, im seelsorglichen Begleiten „ein Abwägen einzuüben“, wo es um das konkrete Lebensschicksal Einzelner geht. Dabei seien sowohl ein rigoroses Ja oder Nein als auch „Laxheit“ fehl am Platz. Es gelte, Familie und Ehe als „Ort der Gemeinschaft, Schule der Menschlichkeit, Sakrament der Liebe Gottes zu uns Menschen“ zu bestärken und zu ermutigen, sagte Lackner.

Papst Franziskus spreche in der ihm eigenen offenen Sprache die Freude der Liebe an, die in der Familie gelebt wird, verweise aber auch auf jene Familien, „die Grenzsituationen des Lebens schmerzlich erleben“. Der Fokus des Dokuments liege auf der Ermutigung, „das Leben der Familie liebevoll zu hüten“, denn - so Lackner - sie sei „in erster Linie eine Chance“ und nicht Problem.

religion.ORF.at/KAP

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