Syrische Flüchtlinge als „Gäste des Papstes“

Seit Mitte April leben auf Betreiben des Papstes drei syrische Flüchtlingsfamilien in Rom, in einer Einrichtung der Gemeinschaft Sant’Egidio. Sie erarbeiten sich langsam eine neue Zukunft.

Vor eineinhalb Monaten hat Papst Franziskus von seinem Besuch auf der griechischen Insel Lesbos drei Flüchtlingsfamilien mit nach Rom genommen. Eineinhalb Monate später können sie sich laut dem britischen „Guardian“ (Onlineausgabe) langsam mit dem Gedanken anfreunden, tatsächlich in Sicherheit zu sein. Fünf Jahre lang hatte etwa Ramy Alshakarji mit seiner Familie zuvor versucht, in Syrien einen sicheren Ort zu finden. Sie seien jeden Moment bereit gewesen, zu sterben, zogen ständig um wegen der permanenten Bombardements, sagte der Familienvater gegenüber der Zeitung.

Flüchtlingsfamilien, die Papst Franziskus von seinem besuch auf der Insel Lesbos mit nach Rom genommen hat

Reuters/Max Rossi

Suhila und Ramy mit ihren Kindern

Hoffnung auf ein neues Leben

Ramy, seine Frau Suhila Ayiad und deren drei Kinder im Alter zwischen sieben und achtzehn Jahren lernen in der Sprachschule von Sant’Egidio Italienisch, es stelle sich langsam Normalität ein, erzählte Suhila. Sie hätten eine Moschee gefunden, und ihre siebenjährige Tochter Quds habe sich mit der Tochter einer der freiwilligen Helferinnen angefreundet. „Wir wollen uns stabilisieren und niederlassen“, so der 51-jährige Ramy, „die letzten fünf Jahre in Syrien konnten wir nicht am Fenster stehen, weil du nicht wusstest, wann die nächste Kugel fliegt“.

Jetzt, im historischen Stadtteil Trastevere in Rom, erinnert die syrischen Familien viel an ihr früheres Zuhause. Die Temperatur ist ähnlich wie in der Heimatstadt von Ramy und Suhila, Deir ez-Zor, und die Gerüche und das Ambiente der italienischen Altstadt sei vergleichbar mit Damaskus vor dem Krieg, erzählte Hasan Zaheda, 31 dem „Guardian“. Auch er gehört mit seiner Frau Nour Essa und Sohn Riad zu den vom Papst geretteten Syrern. Die Unterkunft in Rom unterscheidet sich allerdings sehr von der in der Heimat. Dort, nahe der Hauptstadt, hatten sie ein Haus mit einem kleinen Garten, in Rom teilen sie sich zu dritt ein Zimmer, Bad und Küche mit anderen Bewohnern des Hauses Sant’Egidio.

Flüchtlingsfamilien, die Papst Franziskus von seinem besuch auf der Insel Lesbos mit nach Rom genommen hat

Reuters/Max Rossi

Nour, Hasan und Riad

Papst: Gerettet, weil sie Menschen sind

Ramy und Suhila konnten als einzigen Gegenstand einen Falafel-Former auf ihre Flucht mitnehmen. Hasan und Nour verließen Syrien, nachdem Hasan zum Kriegsdienst eingezogen wurde - ohne solch ein Erinnerungsstück. Sie hatten hauptsächlich Milch für ihren kleinen Sohn Riad im Gepäck. Nun sind die studierte Mikrobiologin und der Landschaftsdesigner dabei, sich wieder ein Leben aufzubauen, und hoffen, vergleichbare Arbeiten zu finden. Arbeiten dürfen sie erst, wenn ihre Asylanträge positiv bewertet wurden - was durch die Tatsache, dass die Familien „Gäste des Papstes“ sind, wie ein Sprecher von Saint’Egidio es ausdrückte, gute Aussichten hat.

„Wir werden uns in jedem Fall integrieren“, sagte Nour. „Du musst dein Leben neu anpassen, und du musst von null anfangen.“ Im Flugzeug von Lesbos nach Rom habe sie Papst Franziskus auf die Journalisten-Frage, warum er muslimische Familien mitgenommen habe, antworten hören, weil sie Menschen seien, die leiden und gerettet werden müssten, erzählte Nour berührt. Es sei ein Wunder. Die Geste des Papstes habe ihren Glauben an Gott und das Schicksal gestärkt.

Zunächst gilt es, Italienisch zu lernen, und sich vom Gefühl, Besucher zu sein, zu einem neuen Heimatgefühl zu entwickeln. Doch, wie Ramy es beschreibt, „es ist wie bei einem Baum. Die Äste können in des Nachbars Garten wachsen, die Wurzeln aber bleiben da, wo der Baum gepflanzt wurde“.

religion.ORF.at

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