Papst bekräftigt Linie zu Homosexuellen

Die katholische Kirche sollte sich bei Homosexuellen entschuldigen - das hat Papst Franziskus beim Rückflug von seiner Armenien-Reise gesagt. Seine Aussage scheint vielen wie eine Bekräftigung der „Wer sind wir, über sie zu urteilen?“-Replik von 2013.

Es gehört schon zu seinen Reisen dazu: Während der von Journalisten begleiteten An- und Rückreisen per Flugzeug hat Papst Franziskus bereits mit so mancher Aussage aufhorchen lassen. Nun ging es unter anderem - schon zum zweiten Mal - um den Umgang der Kirche mit Homosexuellen.

Erneut Homosexuelle erwähnt

Während der aktuellen „fliegenden“ Pressekonferenz wiederholte der Papst gleichsam seine Aussage vom Juli 2013: Wenn Menschen homosexuell veranlagt seien und in gutem Glauben Gott suchten, „wer sind wir, über sie zu urteilen?“. Und jetzt eine Entschuldigung - oder vielmehr das Einräumen, dass eine solche berechtigt wäre.

Papst Franziskus auf dem Heimflug aus Armenien

Reuters/Tiziana Fabi

Papst Franziskus auf dem Heimflug aus Armenien

Franziskus reagierte damit auf die Frage einer Journalistin, was er zu dem Vorwurf sage, der nach dem Attentat auf einen Treffpunkt von Homosexuellen in Orlando erhoben wurde, die katholische Kirche habe zum Hass auf diese Personen beigetragen. Die Amerikanerin Cindy Wooden vom Catholic News Service berief sich darin auf eine kürzlich in Dublin getätigte Aussage des deutschen Kardinals Reinhard Marx. Er hatte gesagt, die Kirche müsse für die Ausgrenzung von Homosexuellen um Entschuldigung bitten.

Schon früher Entschuldigungen durch Päpste

Entschuldigungen durch Päpste hat es schon früher gegeben - meist posthum an Opfer von Diskriminierung und Gewalt (auch) durch die katholische Kirche gerichtet. So sprach Papst Johannes Paul II. im „Heiligen Jahr“ 2.000 ein „Mea culpa“ aus, um sich für die Kreuzzüge, Inquisition und Judenverfolgung zu entschuldigen. Auch die Verfolgung von Galileo Galilei durch die Kirche bat Johannes Paul II. um Verzeihung, für ihre Verstrickung in Sklaverei und für Schweigen und Untätigkeit während des Holocaust.

Auch Benedikt XVI. entschuldigte sich 2008 bei den Opfer von durch die Kirche verschuldeter Missbrauchsfälle. Diese Abbitten der beiden Vorgänger von Franziskus seien allerdings „sorgfältig geplant und orchestriert“ gewesen, schreibt Kimberly Winston über die rezenten Papst-Aussagen in einem Kommentar für Religious News Service. Und noch nie zuvor ging es um homosexuell lebende Menschen. Franziskus’ Aussage ist in mehrfacher Hinsicht etwas Neues.

„Es ist neu“

Winston zitiert den Jesuiten James Martin, der in einem Artikel der „America - The National Catholic Review“ schrieb: „Egal wenn viele sagen, dass das nichts Neues ist, es ist neu.“ Kein Papst habe je auf diese Art über die LGBT-Community (LGBT: Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender, Anm.) gesprochen.

Hätte das jemand nur wenige Jahre zuvor getan, so Martin, wäre die Person wahrscheinlich „zensuriert, gemaßregelt und zum Schweigen gebracht worden“. Papst Franziskus wisse, dass sich lesbische und schwule Menschen durch seine Kirche an den Rand gedrängt fühlten. Der Katechismus der Kirche sage, dass diese Personen nicht diskriminiert werden dürften, sondern respektiert und seelsorglich begleitet werden müssten, bekräftige Franziskus seinen Anspruch.

Es gebe jedoch in einigen Ländern Kulturen, die eine „andere Mentalität“ in dieser Frage hätten, so der Papst. Während in Europa viele Katholiken seine „milde“ Linie gegenüber Schwulen und Lesben befürworten, trifft er bei Geistlichen aus Afrika, Asien und Lateinamerika damit vielfach auf Ablehnung.

„An Homosexuellen schuldig gemacht“

„Wenn Franziskus jetzt eine Entschuldigung bei den Homosexuellen für sinnvoll erachtet, macht er deutlich, was über Jahrhunderte nicht in die Köpfe und Herzen der kirchlichen Obrigkeit, aber auch des Kirchenvolks wollte – und mancherorts bis heute dort nicht angekommen ist: Die Kirche hat sich an Homosexuellen schuldig gemacht“, schreibt der deutsche „Kölner Tages-Anzeiger“ in seiner Onlineausgabe von Dienstag.

Einige Bischöfe, besonders in Entwicklungsländern, „verwenden eine sehr beleidigende Sprache (...) wenn sie über die LGBT-Community sprechen“, so Jesuit Martin. In Ländern, in denen Schwule und Lesben verfolgt werden, erhielten sie entweder keine Unterstützung seitens der Kirche oder es werde der Verfolgung „aus taktischen Gründen zugestimmt“.

Homosexuelle Menschen fühlten sich in ihren Heimatgemeinden „unwillkommen“, schreibt der Jesuit, weil einige Priester, „ob von der Kanzel oder in privaten Gesprächen“, eine solche Umgebung gestalten würden. Zumindest könnten nun die Bischöfe sich dazu ermutigt fühlen, Homosexuellen besser - oder überhaupt - zuzuhören.

religion.ORF.at

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