US-Wahlkampf: Politik von der Kanzel

In den tief religiös geprägten USA haben die Kirchen auch großen politischen Einfluss. Das zeigt eine umfassende Studie des US-amerikanischen Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center.

Die meisten christlichen Kirchgänger würden sich regelmäßig politische Themen in Predigten ihrer Kirchen anhören, so die Studie. Das sei vor allem während der derzeit laufenden Wahlkampfsaison der Fall: 64 Prozent der Befragten gaben laut der am Montag veröffentlichten Studie an, ihr Geistlicher habe während des Frühjahrs und Sommers mindestens ein politisches oder soziales Thema angesprochen.

14 Prozent sprachen über Kandidaten

Das berichtete die US-Nachrichtenwebsite Religion News Service mit Bezug auf die Pew-Studie, die im Juni und Juli online und per E-Mail unter 4.602 repräsentativ ausgewählten Erwachsenen, die regelmäßig eine christliche Kirche besuchten, erhoben worden war. Darunter fanden sich verschiedene protestantische und katholische Kirchen. 14 Prozent der Befragten gaben an, ihre Pfarrerin oder ihr Pfarrer habe über „einen bestimmten Präsidentschaftskandidaten“ gesprochen.

Dabei könnten Kirchen dafür, dass sie eine oder einen Kandidaten gutheißen oder ablehnen, ihren steuerbefreiten Status verlieren, so Religion News Service. Das schreibt das „Johnson Amendment“ vor, ein Zusatzartikel zur amerikanischen Verfassung, den übrigens Donald Trump und die Republikaner gerne abschaffen möchten. Mehr als drei Viertel der Kirchgänger gaben an, dass „nur manchmal, selten oder nie“ über Politik geredet würde. Meist geschehe das in Form von „Bemerkungen zu politischen und sozialen Themen“.

„Hot Topics“ Religionsfreiheit und Homosexualität

Zu den „heißen Themen“ gehören hier Religionsfreiheit und Homosexualität - etwa 40 Prozent der regelmäßigen Gottesdienstbesucher haben laut Studie von dem einen oder anderen Thema gehört. Darauf folgten Abtreibung mit 29 Prozent, Einwanderung mit 27 Prozent, Umweltthemen mit 22 Prozent und wirtschaftliche Ungleichheit mit 18 Prozent.

32 Prozent hörten von ihrem Geistlichen, dass die Religionsfreiheit in Gefahr sei, bei 22 Prozent war Abtreibung Thema. 19 Prozent hatten Aussagen über die Notwendigkeit, die Umwelt zu schützen, gehört. Aussagen von der Kanzel über Homosexualität waren durchmischt: So hörten 20 Prozent kritische Ansichten über gleichgeschlechtliche Beziehungen, zwölf Prozent berichteten von Aufforderungen, LGBT-Menschen (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender - Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender) zu akzeptieren. Weitere sieben Prozent hörten beide Seiten von der Kanzel.

Mehr Geistliche für Clinton

Die Vorwahlen zur Präsidentschaftswahl im November fanden auch ihren Niederschlag in der Studie: Neun Prozent der Kirchenbesucher gaben dem Pew Center zufolge an, Pastoren hätten sich für einen der Präsidentschaftskandidaten ausgesprochen, elf Prozent berichteten von Aussagen gegen einen der Bewerber.

Obwohl sich einige prominente evangelikale Kirchenführer für Trump ausgesprochen hatten, haben mehr Befragte gehört, dass ihr Geistlicher gegen den republikanischen Kandidaten opponierte (sieben Prozent) als gegen die Demokratin Hillary Clinton (vier Prozent). Sechs Prozent hatten Clinton gegenüber freundliche Bemerkungen gemacht gegenüber einem Prozent Befürworter für Trump.

Schwarze Gemeinden am stärksten politisiert

Schwarze Protestanten stellten in dem Sample die Gruppe dar, die am ehesten in der Kirche etwas über die Kandidaten hörte: 28 Prozent berichteten von Zustimmung für Clinton gegenüber zwei Prozent für Trump; 20 Prozent bekamen von der Kanzel gegen Trump gerichtete Bemerkungen zu hören, während sieben Prozent gegen Clinton gerichtete hörten.

Alles in allem wünschen die meisten Amerikaner eher keine deutliche Stellungnahme zur Tagespolitik seitens ihrer geistlichen Führerinnen und Führer. Zwar gab fast die Hälfte (47 Prozent) der vom Pew Center Befragten an, Kirchen und andere Glaubenseinrichtungen sollten ihre Ansichten zu sozialen und politischen Angelegenheiten kundtun, aber nur 29 Prozent wollen, dass religiöse Institutionen ihre Vorliebe für den einen Kandidaten oder die andere Kandidatin während eines laufenden Wahlkampfs zum Ausdruck bringen.

religion.ORF.at

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