Landau: Solidarität statt Untergangsstimmung
Nach mehr als 20 Jahren in verantwortlicher Position in der Caritas führt Landau seine Leser auf knapp 200 Seiten zu vielen Orten und Erlebnissen, die sein Denken und Handeln geprägt haben: In Flüchtlingsunterkünfte in Österreich und im Nordirak, zu Menschen im Senegal, die gegen den Hunger kämpfen.
Er berichtet von alleinerziehenden Müttern, von Männern, Frauen und Kindern, die ihre Heimat verlassen mussten, und er erzählt von Bettlern auf den Straßen Wiens. Und er betont, dass Hilfe möglich ist. „Wir können etwas ändern, wenn wir wollen - nicht alles, aber erstaunlich viel“, so Landau im Kathpress-Interview.
„Renaissance der Zivilgesellschaft“
„Den Menschen Mut machen, die Angst nehmen und die Zuversicht stärken“, darum gehe es letztlich in seinem Buch, betonte der Caritas-Präsident. „Andersrum: Mein Buch soll eine Absage an alle Arten von Untergangsstimmung sein.“ Stattdessen plädiert Landau für eine „Renaissance der Zivilgesellschaft, weil wir alle Verantwortungsträger sind - für uns selbst und für andere in gleicher Weise“. Solidarität heiße, „ein Stück vom anderen in sich selbst zu erkennen und danach zu handeln“.
APA/Helmut Fohringer
Aus dieser „Schicksalsgemeinschaft“ dürfe niemand ausgeschlossen werden oder sich davonstehlen - weder in Österreich, noch in der EU oder weltweit, zeigte sich der Caritas-Präsident gegenüber Kathpress überzeugt.
Freude über Papst
Große Freude bereitet Landau Papst Franziskus, der seit rund drei Jahren die Option der Kirche für die Armen neu buchstabiert. Im Prinzip stellt Landau auch die gleichen Erwartungen an Kirche wie Politik, wenn er schreibt: „Ich träume von einer Bundesregierung, die am Vormittag berät zum Wohle dieses Landes, und die am Nachmittag zu obdachlosen Menschen, in Werkstätten für arbeitslose Jugendliche, oder in ein Senioren- und Pflegewohnhaus geht und ebenso das Gespräch mit pflegenden Angehörigen sucht. Denn überall dort konkretisiert sich dieses Wohl, das es gemeinsam anzustreben gilt.“
Ähnliches gelte aber auch und gerade für die Vertreter der Kirchen, sagte der Caritas-Präsident: „Ich würde mir hier eine Bischofskonferenz wünschen, die morgens tagt und nachmittags Geflüchtete oder psychisch kranke Menschen besucht. Denn in der Begegnung mit ihnen wird nicht nur Politik, sondern auch der Glaube konkret.“
Schlüsse aus dem Sterben der Eltern
In großer Offenheit erzählt Landau in seinem Buch auch vom Sterben seiner Eltern und welche Schlüsse er daraus für die Gesellschaft zieht. So hält er wörtlich fest: „Daran, wie mit dem Tod der oder des Einzelnen umgegangen wird, lässt sich auch erkennen, wie es um die Solidarität in einer Gesellschaft insgesamt bestellt ist. Zu einer Kultur des Lebens gehört - davon bin ich überzeugt - eine Kultur des Sterbens, eine Kultur der Solidarität mit den Sterbenden.“
Eindringlich warnt der Caritas-Präsident vor der aktiven Sterbehilfe: „In einer Gesellschaft, die aktive Sterbehilfe legalisiert, wird Solidarität in ihr Gegenteil verkehrt. Unsolidarisch ist plötzlich der, der selbst dann nicht sterben möchte, wenn er für die Gesellschaft keinen wirtschaftlichen Nutzen mehr bietet. Solidarisch der, der sich im Sinne des Gemeinwohls aus eben diesem Gemeinwohl verabschiedet.“
Warum lässt Gott das Leid zu?
Gerade für einen Caritas-Präsidenten stelle sich oft die Frage, wie Gott so viel Leid in der Welt zulassen kann. Und Landau bekennt offen: „Ich habe darauf keine befriedigende Antwort. Was ich aber weiß, ist, dass dieses Leid Anruf an uns alle ist, es aus der Welt zu schaffen. Was nicht gilt, ist wegzuschauen angesichts der Not und des Unrechts, dort, wo wir in Anspruch genommen sind, wo wir uns im Antlitz des Anderen, der Anderen, insbesondere der Menschen in Not ganz persönlich gefordert erfahren.“
Buchhinweis
Michael Landau: Solidarität - Anstiftung zur Menschlichkeit. Brandstätter Verlag, 192 Seiten, 22,90 Euro.
Für Landau steht fest, „dass der Schlüssel zu einem geglückten Leben eben nicht nur darin liegt, sich nur um das eigene Glück, sondern gerade auch um das Glück der anderen zu sorgen“. Sein Buch durchzieht die Überzeugung eines positiven Menschenbild verbunden mit dem Mut, dort anzupacken, wo Not sichtbar wird; und dies alles auf dem Fundament eines tiefen persönlichen Glaubens und Gottvertrauens.
„Was zählen wird, sind die Taten“
So schreibt er wörtlich: „Wir werden am Ende unseres Lebens nicht vor der Frage stehen, was wir verdient haben. Auch nicht vor der Frage nach unseren Titeln, unserem Prestige in der Gesellschaft, so angenehm all das auch sein mag. Sondern wir werden vor der Frage stehen, ob wir aufeinander geachtet haben, füreinander da waren, ob wir als Menschen gelebt haben. Was zählen wird, sind die Taten, nicht die Theorien. Kriterium für die Taten aber sind die anderen.“
Das Buch ist im Buchhandel erhältlich. Die Buchpräsentation findet am 13. September um 19.30 Uhr in der Buchhandlung Morawa (Wollzeile 11, 1010 Wien) statt. Weitere Präsentationstermine in Wien sind am 21. September (Buchhandlung Facultas am Stephansplatz) und am 24. September (Wien Museum). Danach tourt der Caritas-Präsident mit seinem Buch durch Österreich.
religion.ORF.at/KAP