D: Islamexpertin Kaddor nach Drohungen beurlaubt

Die deutsche Islamwissenschaftlerin und Gründungsvorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes Lamya Kaddor ist am Mittwoch aus Sicherheitsgründen als Lehrerin beurlaubt worden. Kaddor erhält seit Erscheinen ihres neuen Buches Morddrohungen.

Wie die deutsche Tageszeitung „Welt“ am Mittwoch berichtet, ist Kaddor mit sofortiger Wirkung vom Schuldienst beurlaubt worden. „Heute morgen ist die Entscheidung nach längeren Beratungen gereift, dass es absolut nicht mehr geht. Ich habe dann die Bezirksregierung um Beurlaubung gebeten, sie hat nicht einmal zwei Stunden später zugestimmt. Vorerst bis zu den Sommerferien 2017 bin ich nun beurlaubt“, sagte die syrischstämmige Islamwissenschaftlerin der „Welt“.

Lamya Kaddor

APA/EPA/Jörg Carstensen

Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor

Hunderte Hasszuschriften

Vor zwei Wochen erschien Kaddors neues Buch “Die Zerreißprobe. Wie die Angst vor dem Fremden unsere Demokratie bedroht“ - seitdem erhält die renommierte und in vielen Talksendungen gern eingeladene Religionspädagogin beleidigende Briefe und sogar Morddrohungen.

„In Hunderten Hasszuschriften wurde kritisiert, dass ich in meinem Buch schreibe, dass auch die alteingesessenen Deutschen eine Bringschuld haben, wenn es um die Integration geht, nämlich Integrationswillige auf Augenhöhe zu respektieren“, sagte Kaddor der „Welt“. Auch die Forderung Kaddors, dass Alteingesessene und die Nachkommen von Migranten zusammen eine neue deutsche zu einem Einwanderungsland und einer Demokratie passende Identität entwickeln sollen, brachte ihr hasserfüllte Briefe ein.

„Gesellschaftliches Klima macht Angst“

Kaddor sagte, dass ihr das gesellschaftliche Klima mittlerweile Angst mache und kritisierte, dass wichtige Politiker versuchen auf „sogenannte besorgte Bürger, die nur Gift versprühen wollen“ zuzugehen. Das bringe allerdings nichts.

Buchhinweis:

Lamya Kaddor: Die Zerreißprobe. Wie die Angst vor dem Fremden unsere Demokratie bedroht, Rowohlt Verlag

Kritik übte sie auch an „sogenannten Intellektuellen“, die als „geistige Brandstifter“ den Hass schürten, „den andere dann ausleben und der sich täglich in Beschimpfungen und eben in Morddrohungen gegen mich und andere entlädt“.

Die Autorin, die bis zuletzt islamischen Religionsunterricht erteilte, wird regelmäßig zu Debatten zum Thema Migration, Islam und Integration eingeladen und eckt mit ihren Standpunkten mitunter auch bei Muslimen an. Oft wird Kaddor zum Thema Kopftuch gefragt, das sie als Muslimin selbst nicht trägt und als für die heutige Zeit obsolet bezeichnete.

religion.ORF.at

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