Bischof Küng: Vertuschung von Missbrauch vorbei

Der St. Pöltner Bischof Klaus Küng, in der Bischofskonferenz für Missbrauchsprävention und Opferschutz zuständig, hat sich für die „entschiedene Aufdeckung“ von Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen ausgesprochen. Die Zeit des Vertuschens sei vorbei.

Küng äußerte sich in einem Interview, das am Mittwochnachmittag in der Ö1-Sendereihe „Praxis - Religion und Gesellschaft“ ausgestrahlt wurde. In der katholischen Kirche habe hier in den vergangenen Jahren einen „Gesinnungswandel“ stattgefunden und es werde nun viel für die Prävention getan, „auch im Sinne des Nachgehens“, so Küng.

Gewissen der Kirche

„Schweigen ist Gift“, bekannte der Bischof, der bedauerte, dass das Missbrauchs-Thema lange Zeit ein Tabu gewesen sei. Das Leid der Opfer laste schwer auf dem Gewissen der Kirche und die „abscheulichen Taten“ hätten bei den Missbrauchten schwerste Wunden hinterlassen, zitierte Küng Papst Franziskus.

Bischof Küng

APA/GEORG HOCHMUTH

St. Pöltner Bischof Klaus Küng ist für Missbrauchsprävention zuständig

Die Kirche müsse alles in ihrer Macht Stehende tun „um zu garantieren, dass so etwas keinen Platz hat“. Seiner Wahrnehmung nach habe sich in der „mühsamen, schmerzhaften Arbeit“ seit dem Höhepunkt der Missbrauchskrise im Jahr 2010 diesbezüglich bereits viel getan, sagte der Bischof. Es wäre allerdings „zu einfach“ zu sagen, man tue bereits genug.

Präventionsarbeit leisten

Aufgabe der Kirche sei vor allem auch die Präventionsarbeit, betonte Küng. Für die Zukunft müsse der Schwerpunkt in der Prävention darin liegen, „dass sich alle Mitarbeiter an bestimmte Regeln halten“. Dies werde etwa durch Verpflichtungserklärungen der Priester oder der Angestellten erreicht. Es sei sehr wichtig, „bewusst zu machen, dass hier ein Bereich ist, der wirklich größte Umsicht erfordert im Bezug auf Kinder“, so Küng. Die Kirche solle hier wieder eine Vorbildfunktion einnehmen.

Anlass für das Interview gab der Dokumentarfilm „Die Kinder lassen grüßen - neun Betroffene kirchlicher Gewalt klagen an“ von Patricia Machart, der in der Vorwoche in Wien Premiere hatte. In dem Film schildern neun Menschen, die als Kinder und Jugendliche Vergewaltigungen, Schläge und grausame Strafen durch Kirchenvertreter erfuhren ihre Lebensgeschichten. Auch das Wegsehen und Schweigen jener, die vom Missbrauch wussten ist Thema.

Betroffene übten Kritik

In einem vor dem Abspann eingeblendeten Text ist zu lesen, dass die „Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt“ 2012 den Bischöfen eine Dokumentation über 35 beschuldigte Priester übergeben habe. Die Bischöfe wären demzufolge aber nicht bereit gewesen, die betreffenden Kirchenmitarbeiter ihrer Ämter zu entheben.

Er müsse dieser Darstellung widersprechen, sagte Bischof Küng im Ö1-Interview. Die Kirche habe hier sehr wohl die nötigen Mittel eingesetzt und alle 35 angeführten Fälle auch untersucht. Manche Priester seien als Folge laisiert worden, einige seien „unter ganz strengen Maßnahmen und Bedingungen“ im Einsatz geblieben. Manche seien allerdings entlastet worden: Bei diesen Fällen habe es sonst keinerlei Anschuldigungen oder Hinweise auf eine Missbrauchs-Vergangenheit gegeben, auch nicht über die diözesanen Ombudsstellen, sagte Küng.

Opferschutzkommission aktiv

Küng verwies auf die Unabhängige Opferschutzkommission unter Waltraud Klasnic - auch bekannt als Klasnic-Kommission. Diese Initiative der Kirche habe sich seit 2010 mit insgesamt 1.550 Fällen befasst, wobei 1.455 Fälle - 94 Prozent - zugunsten der Opfer entschieden worden seien. 49 Fälle - drei Prozent - seien abgelehnt worden und weitere drei Prozent seien derzeit noch in Bearbeitung.

Die kirchliche Stiftung Opferschutz, der Küng vorsteht, habe in der Folge alle Entscheidungen der Klasnic-Kommission akzeptiert und freiwillige Zahlungen sowie Therapiekosten für die Opfer zugestanden. Insgesamt seien somit 22 Millionen Euro aufgebracht worden. Die Zahlungen seien jedoch nur ein Teil der Hilfe, stelle doch auch das Anhören der Menschen eine wichtige Aufgabe der Kommission dar. „Das Öffnen der Wunde ist oft ein erster Schritt zur Heilung“, so der Bischof.

Umstrittene Geste der Verantwortung

Das offizielle Österreich und die Kirche setzen am Donnerstagabend im Parlament eine gemeinsame „Geste der Verantwortung“ für das Unrecht, das Heimkinder in den vergangenen Jahrzehnten in staatlichen und kirchlichen Einrichtungen erlitten haben. Etwa 250 Betroffene werden bei dem Gedenkakt anwesend sein.

Die „Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt“ bezeichnete die Veranstaltung als Geste der Verantwortungslosigkeit“ und kündigte in einer Aussendung am Mittwoch Protestaktionen an. Scharfe Kritik übte die Plattform an Politik und Kirche. Die Opfer seien mit „Almosen abgespeist“ worden und die Daten der Täter unter Verschluss gehalten worden, so Sepp Rothwangl von der Plattform.

religion.ORF.at/KAP

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