Papst vergleicht Europas Populisten mit Hitler

In einem neuen Interview, das in der deutschen „Welt am Sonntag“ zu lesen ist, zieht Papst Franziskus Parallelen zwischen den neuen populistischen Bewegungen in Europa und dem Aufstieg Adolf Hitlers vor 1933.

Mit Blick auf den neuen US-Präsidenten Donald Trump rät der Papst zu Besonnenheit und zum Abwarten. In der Weltwirtschaftskrise sei Deutschland ruiniert gewesen und habe Hitler gewählt, sagte das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche: „Hitler hat die Macht nicht an sich gerissen, er wurde von seinem Volk gewählt und hat sein Volk zerstört. In Zeiten der Krise versagt das Urteilsvermögen.“

Suche nach „Heilsbringer“ in Krisenzeiten

In Krisenzeiten suchten die Menschen „einen Heilsbringer, der uns unsere Identität wiedergibt“, sagte Franziskus. „Wir schützen uns mit Mauern und Stacheldraht vor den anderen Völkern, die uns unsere Identität nehmen könnten.“ Das sei „sehr schlimm“.

Papst Franziskus

APA/AFP/Andreas Solaro

Papst Franziskus über den „charismatischen Anführer“ Hitler: „Wir wissen, was dann passiert ist.“

Das Jahr 1933 in Deutschland sei „typisch“. Deutschland habe sich in einer Krise befunden und seine Identität gesucht. „Da kam dieser charismatische Anführer und versprach, ihnen eine Identität zu geben. Aber er gab ihnen eine verquere Identität, und wir wissen, was dann passiert ist.“

Nach Trump-Amtseid Aufruf zu Besonnenheit

Mit Blick auf den neuen US-Präsidenten Donald Trump ruft Franziskus die Welt zur Besonnenheit auf. Niemand sollte „sich erschrecken oder sich freuen über etwas, was passieren könnte“, so der Papst weiter: „Man wird sehen, was er tut, dann werde ich mir meine Meinung bilden.“, sagte Franziskus. Der Papst gab das Interview am Freitag in den Minuten, in denen Trump seinen Amtseid ablegte.

Hilfe für Flüchtlinge und Grenzschutz

Zum Thema Flüchtlinge warnt Franziskus die Welt vor Abschottung, betont aber zugleich das Recht der Staaten zum Schutz ihrer Grenzen: „Jedes Land hat das Recht, seine Grenzen zu kontrollieren, zu wissen, wer hereinkommt und wer hinausgeht.“ Und die Länder, die in Gefahr sind - durch Terrorismus oder ähnliche Dinge - hätten das Recht, sie noch strenger zu kontrollieren, „aber kein Land hat das Recht, seinen Bürgern das Recht auf den Dialog mit seinen Nachbarn zu nehmen“.

Zugleich rief das Oberhaupt der katholischen Kirche die europäischen Staaten auf, mehr zu tun, um Flüchtlinge zu integrieren. „Das Problem ist: Wir nehmen diese Menschen auf, geben ihnen Unterkunft“, sagte Franziskus: „Italien und Griechenland haben hier beispielhaft gehandelt.“ Aber nun müsse ein Prozess der Integration beginnen. Sonst riskiere Europa die Bildung weiterer Ghettos wie etwa in Belgien, wo die Attentäter von Brüssel aus solchen Ghettos stammten.

Über diese Themen hinaus spricht der Papst in dem Interview auch über viele innerkirchliche Fragen. Geführt wurde es von einem Journalisten der spanischen Tageszeitung „El Pais“. Diese gehört wie die „Welt am Sonntag“ zur „Leading European Newspaper Alliance“, in der sieben Zeitungen zusammenarbeiten.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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