„Kondomstreit“: Malteser-Großmeister tritt zurück

Der Großmeister des Malteserordens, Matthew Festing, ist Medienberichten zufolge von seinem Posten zurückgetreten. Hintergrund soll ein Jahre zurückliegender Streit um Kondome sein.

Anlass für den Rückzug sei eine entsprechende Aufforderung von Papst Franziskus, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters Mittwochfrüh unter Berufung auf einen Sprecher des Ordens. Der 67-jährige Brite Festing war im März 2008 auf Lebenszeit zum 79. Großmeister des Malteserordens gewählt worden. Der Vatikan bestätigte den Rücktritt am Mittwoch. Franziskus schätze „die Loyalität und Ergebenheit“ Festings gegenüber dem Nachfolger Petri und die Bereitschaft des Zurückgetretenen, „demütig dem Orden und der Kirche zu dienen“, heißt es in der Mitteilung.

Streit um Absetzung

Den Angaben zufolge war er am Dienstag mit dem Papst zusammengetroffen, um über den andauernden Streit über vatikanische Ermittlungen in der Malteser-Leitung zu sprechen. Anlass des vatikanischen Vorgehens ist ein Streit um die Absetzung des Deutschen Albrecht von Boeselager als Großkanzler der Malteser.

Robert Matthew Festing und Papst Franziskus

APA/AFP/POOL/Gabriel Bouys

Matthew Festing und Papst Franziskus bei einer Privataudienz im Juni 2016

„Kondomstreit“ Hintergrund?

Großmeister Festing hatte die Entlassung im vergangenen Dezember mit „schwerwiegenden Problemen“ begründet, die während Boeselagers Zeit als Verantwortlicher für die Koordination der humanitären Hilfe des Ordens aufgetreten seien. Hintergrund war offenbar ein jahrelang zurückliegender Streit um Kondome. Die Hilfsorganisation des traditionsreichen Ordens hatte vor Jahren in Myanmar Kondome verteilt, obwohl die römisch-katholische Kirche Verhütungsmittel ablehnt.

Boeselager betonte, die Amtsenthebung entbehre „jeder rechtlichen Grundlage“, die Vorwürfe, er stelle sich gegen die Sexual- und Familienlehre der Kirche, nannte er laut einem der Nachrichtenagentur dpa vorliegenden Schreiben „absurd“. Mitte Jänner reichte er vor dem zuständigen ordensinternen Magistralgericht Einspruch gegen seine Enthebung und seinen Ausschluss aus dem Orden ein.

Zusammenarbeit verweigert

Festing hatte sich zuletzt gegen eine vatikanische Untersuchung der Leitungskrise gewehrt und eine Zusammenarbeit mit der zuständigen Untersuchungskommission unter Leitung des früheren Vatikan-Diplomaten Erzbischof Silvano Tomasi verweigert. Festing sprach unter Verweis auf die Souveränität des Ordens von einer „rechtlichen Bedeutungslosigkeit“ der Kommission. Bei der Ersetzung Boeselagers gehe es um eine „interne Leitungsentscheidung des Ordens“.

Österreicher interimistischer Großmeister

Der Österreicher Fra Ludwig Hoffmann-Rumerstein wird interimistischer Leiter des Malteserordens. Das berichtet das vatikanische Blogportal Il Sismografo am Mittwoch. Nach dem Rücktritt eines Malteser-Großmeisters tritt automatisch der bisherige Großkomtur (Gran Commendatore, Vize-Großmeister) in dessen Funktion. Hoffmann-Rumerstein wurde 1994 vom Souveränen Rat des Malteserordens für die Zeit bis 2004 zum Großkomtur des Malteserordens gewählt. Im Mai 2014 wurde er erneut vom Generalkapitel zum Großkomtur gewählt.

Ludwig Hoffmann-Rumerstein wurde am 21. Jänner 1937 in Innsbruck geboren. Er studierte nach der Matura 1957 Rechtswissenschaften in Österreich und nach dem Lizenziat Philosophie an der Gregoriana in Rom. 1970 trat er in den Malteserorden ein, legte 1984 die ewigen Gelübde ab. Damit wurde er Professritter und Mönch im Sinne des Kirchenrechts.

Hoffmann-Rumerstein war 1968 Mitbegründer des Malteser-Hilfsdienstes Tirol, ab 1984 Mitglied des Souveränen Rates. 1971 und 1979 war er Leiter der Gruppe ehrenamtlicher Helfer in Innsbruck und von 1977 bis 1979 deren Kommandant. Von 1979 bis 1986 war er im Verwaltungsrat des Malteser Hospitaldienst Austria. Zudem war er vier Jahre verantwortlicher Leiter der Lourdes-Krankenwallfahrt des Malteser Hospitaldienstes Austria.

Laienorden seit dem Mittelalter

Der im elften Jahrhundert in Jerusalem gegründete Souveräne Malteserorden sieht sich als eine der ältesten Institutionen der christlichen Zivilisation. Seit dem Jahr 1113 ist er ein päpstlich anerkannter religiöser Laienorden der katholischen Kirche. Der einflussreiche, erzkonservative Malteserorden mit weltweit 13.500 Mitgliedern hat den Status eines Völkerrechtssubjekts. Kardinalpatron ist seit 2014 der US-amerikanische Kardinal Raymond Leo Burke.

Der Malteserorden war ursprünglich eine von Kaufleuten aus dem süditalienischen Amalfi begründete Hospitalbruderschaft, die in Jerusalem wirkte. Zunächst war die Ausrichtung des Ordens rein karitativ, im Zug der Entwicklung des Lateinischen Königreichs Jerusalem musste er aber auch militärische Aufgaben übernehmen. Nach dem Ende des Königreichs durch die muslimisch-mameluckische Eroberung der Festung Akkon im Jahr 1291 wurde Rhodos Ordenssitz, vom 16. bis Endes des 18. Jahrhunderts Malta.

Humanitärer Einsatz

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts kehrten sowohl der katholische als auch der evangelische Ordenszweig zur ursprünglichen karitativen und sozialen Aufgabenstellung der Malteser/Johanniter zurück. Von besonderer Bedeutung wurde der Einsatz der Lazarettzüge der Malteser in verschiedenen kriegerischen Auseinandersetzungen, insbesondere im Ersten Weltkrieg.

Ausgangspunkt des heutigen intensiven humanitären Einsatzes des Ordens in Österreich war die Hilfe für die ungarischen Flüchtlinge nach der Niederschlagung der Revolution von 1956. Aktuell sind in den Hilfswerken von Maltesern und Johannitern in Österreich ständig rund 1.500 ehrenamtliche Helfer im Einsatz. Ihr Leitprinzip ist der „Kampf gegen die acht Elende der Welt“: Krankheit, Hunger, Schuld, Unglaube, Heimatlosigkeit, Verlassenheit, Gleichgültigkeit und Lieblosigkeit.

religion.ORF.at/KAP/dpa

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