Papst: Kindesmissbrauch ist eine Krankheit

Papst Franziskus hat Kindesmissbrauch als eine Krankheit bezeichnet. „Wenn wir nicht davon überzeugt sind, dass es eine Krankheit ist, können wir das Problem nicht lösen“, sagte der Papst in einem Interview im „Corriere della Sera“ am Donnerstag.

Papst Franziskus führte ein Gespräch mit den Teilnehmern der 88. Generalversammlung der Vereinigung der Generaloberen, das ab Donnerstagmittag im Wortlaut abrufbar ist. Er mahnte zu Vorsicht bei der Ordensaufnahme von Bewerbern, die anderswo abgewiesen wurden, wie die italienische Tageszeitung „Corriere della Sera“ vorab über den Inhalt berichtete.

Papst Franziskus betet, Angelus-Gebet

APA/AFP/Filippo Monteforte

Papst Franziskus hat Kindesmissbrauch als eine Krankheit bezeichnet

Vorgeschichte von sexuellem Missbrauch

Sexueller Missbrauch habe häufig eine Vorgeschichte, oft seien spätere Täter früher selbst Opfer sexueller Gewalt geworden, sagte der Papst. „So wird der Missbrauch der Zukunft gesät, das ist verheerend.“

Wenn Priester oder Ordensleute in Missbrauchsfälle verwickelt seien, habe dies auch mit der Realität eines Zerstörers zu tun. „Es ist klar dass hier der Teufel präsent ist, der das Werk Jesu durch den, der es verkünden soll, zerstört“, so Franziskus.

Lebenslauf von Priesteramtskandidaten genau ansehen

Für die Zulassung zum Priesteramt müsse immer die „affektive Reife“ der Kandidaten sichergestellt sein. Bei Abweisungen andernorts sollten dort ausführliche Informationen über die Gründe eingeholt werden, schärfte der Papst den Ordensvertretern ein.

Die dreistündige Unterhaltung hinter verschlossenen Türen, die bereits am 25. November 2016 stattgefunden hatte, war vom Papst-Vertrauten Pater Antonio Spadaro transkribiert worden. Sie erscheint am Donnerstag in der 4.000. Ausgabe der renommierten römischen Jesuitenzeitschrift „Civilta Cattolica“ online und am Samstag in der Printausgabe.

Im „Corriere“ waren auf zwei Seiten vorab Auszüge davon veröffentlicht. Themen waren außer dem Missbrauch auch Reformen, die Priesterausbildung, der Nachwuchsmangel, die Rolle von Orden und Probleme des Vatikan.

Prophetisches Ordensleben

Das Ordensleben müsse „prophetisch“ sein und müsse „das Evangelium ohne Beruhigungsmittel“ vermitteln, forderte der Papst in dem Gespräch. Auch die Askese müsse prophetisch sein und den Menschen freier machen, statt auf weltliche Weise nur zur Selbstbestätigung „wie gut und stark ich bin“ zu dienen.

Ordensleute sollten dazu beitragen, das mitunter in der Kirche vorzufindende „weltliche und fürstliche Klima“ zu zerstören. „Und man muss gar nicht Kardinal werden, um sich als Fürst zu fühlen - es reicht schon, klerikal zu sein. Das gehört zum Schlimmsten, was es in der Organisation der Kirche gibt“, sagte Franziskus.

Selbst der Vatikan sei nicht vor Korruption sicher, so der Papst weiter. „Es gibt Korruption im Vatikan. Aber ich bin mit mir im Frieden.“ Er sei seit seiner Wahl innerlich viel ruhiger als zuvor in seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires. Wenn es ein Problem gebe, vertraue er es dem Heiligen Josef an, indem er einen kleinen Zettel unter dessen Statue in seinem Zimmer lege.

Vertuschungsvorwürfe gegen den Vatikan

Seit kurzem ist der Vatikan aber erneut Vorwürfen ausgesetzt, Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche systematisch zu vertuschen. Der italienische Enthüllungsjournalist Emiliano Fittipaldi wirft Franziskus in einem neuen Buch vor, nicht genug gegen den Missbrauch von Kindern und gegen pädophile Priester zu tun.

In dem Interview, das bereits Ende November geführt worden war, räumte Papst Franziskus ein, dass es Korruption im Vatikan gebe. „Es gibt Korruption“, sagte er. Er selbst lasse sich davon aber nicht aus der Ruhe bringen.

religion.ORF.at/dpa

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