Spionage-Razzien gegen türkischen Islamverband DITIB

Das deutsche ATIB-Pendant DITIB ist offenbar wegen Spionageverdachts ins Visier der deutschen Polizei geraten, berichtet „Spiegel Online“. Auch in Österreich wird der Verein geprüft.

In den Ländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hätten Kriminalbeamte am Mittwoch Früh die Wohnungen von vier DITIB-Geistlichen durchsucht, so „Spiegel Online“. Die Ermittler stellten Beweismittel sicher. Das Material, darunter Kommunikationsmittel, Datenträger und schriftliche Unterlagen, werde nun ausgewertet, teilte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft am Mittwoch in Karlsruhe mit. Es werde geprüft, inwieweit sich der Tatverdacht gegen die Geistlichen erhärten lasse. Festnahmen habe es keine gegeben.

Dem Einsatz seien monatelange Ermittlungen gegen den in Köln ansässigen Verein vorangegangen. DITIB-Imame und Religionsattaches sollen im Auftrag des staatlichen türkischen Amtes für religiöse Angelegenheiten Diyanet Gemeindemitglieder sowie deutsche Lehrer bespitzelt und sodann angebliche Anhänger des islamischen Predigers Fetullah Gülen in Ankara gemeldet haben.

Vorwürfe der Grünen

Das Verfahren gehe auf eine Anzeige des Grün-Politikers Volker Beck zurück. Kürzlich hatte sein österreichischer Kollege Peter Pilz ähnliche Vorwürfe in Richtung des hiesigen DITIB-Pendants ATIB (Türkisch-Islamische Union) lanciert und eine Sachverhaltsdarstellung bei der Landespolizeidirektion Wien eingebracht. Demnach würde der türkische Staat auch in Österreich mutmaßliche Oppositionelle verfolgen. Auch ATIB werde über die staatliche Religionsbehörde Diyanet gesteuert. ATIB wies die Vorwürfe zurück - mehr dazu in ATIB weist Vorwürfe von Pilz zurück.

Auch DITIB hatte die Vorwürfe zunächst als „fern der Wirklichkeit“ abgestritten. Später hieß es dann, einige Imame hätten eine Anweisung der Diyanet fehlinterpretiert. Zu DITIB gehören in Deutschland rund 900 Moscheegemeinden. Der Chef des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes, Burkhard Freier, hatte vor einigen Wochen im Düsseldorfer Landtag gesagt, mindestens 13 DITIB-Imame hätten angebliche Gülen-Anhänger nach Ankara gemeldet.

Laut „Spiegel Online“ war die Polizeiaktion zunächst für Ende Jänner geplant, wurde jedoch kurzfristig verschoben. Anfang Februar trafen sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Ankara.

Prüfung der Vorwürfe

Die österreichische Polizei untersucht unterdessen die vom Grünen-Abgeordneten Peter Pilz gegen ATIB vorgelegten Unterlagen „auf ihre strafrechtliche Substanz“ hin, wie Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck am Mittwoch betonte.

Angesichts der Vorwürfe der Grünen gegen den türkisch-islamischen Verein lässt die österreichische Regierung prüfen, ob ein Verstoß gegen das Verbot der Auslandsfinanzierung vorliegt. „Wenn es da Verstöße gibt, wird man das prüfen und ahnden“, sagte die zuständige Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) am Dienstag vor dem Ministerrat.

Auslandsfinanzierung verboten

Seit dem neuen Islamgesetz dürfen Moscheevereine nicht mehr direkt vom Ausland aus finanziert werden. ATIB gilt als Auslandsarm der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet, die Grünen vermuten einen Verstoß gegen das Auslandsfinanzierungsverbot.

Wie Duzdar, die für Kultusfragen zuständige Staatssekretärin im Kanzleramt, vor der Regierungssitzung sagte, wäre eine Prüfung dieser Frage ohnehin im März vorgesehen gewesen - ein Jahr nach Inkrafttreten des Verbotes. Angesichts der aktuellen Vorwürfe sei das Kultusamt angewiesen worden, die Prüfung vorzuziehen.

religion.ORF.at/APA/dpa

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