Ungarn: Klage über fehlende Menschlichkeit bei Asyl

Bestürzt hat sich die katholische Gemeinschaft Sant’Egidio über die geplante Verschärfung der Asylgesetze in Ungarn geäußert: Geplante Maßnahmen des diese Woche eingereichten Gesetzesentwurfs stünden im Widerspruch zu den Menschenrechten.

Das Argument der öffentlichen Sicherheit dürfe kein Grund für die Aussetzung rechtstaatlicher Prinzipien sein, heißt es in einem Schreiben am Freitag. Die Parlamentarier rief Sant’Egidio dazu auf, bei der Abstimmung nächste Woche gegen das Gesetz zu stimmen und einen menschenwürdigen Umgang mit Asylsuchenden zu sichern.

Rechte und Freiheit beschnitten

Der Vorschlag der rechtskonservativ-christlichen Regierung sieht eine weitere Einschränkung der Rechte von Migranten beim Asylaufnahmeverfahren vor. Beschnitten wird dabei auch die Freiheit der legal nach Ungarn eingereisten Flüchtlinge, die bereits einen rechtmäßigen Asylantrag eingereicht haben und keinerlei Gesetzesverletzung begangen haben, wie Sant’Egidio kritisierte.

Als problematisch erachtet die Gemeinschaft auch den Wegfall des besonderen Schutzes von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen unter 14 Jahren. In einigen Fällen werde sogar die Möglichkeit, gegen Beschlüsse der Migrantenbehörde zu berufen, weitgehend abgeschafft.

„Widerspruch zu christlicher Identität“

Der neue Maßnahmenkatalog stehe im Widerspruch zum christlichen Erbe und zur christlichen Identität, auf die sich Ungarns Grundgesetz und Politiker gerne berufen, heißt es weiter in dem offenen Brief. Es sei durchaus möglich, Solidarität, Rechtstaatlichkeit und Sicherheit miteinander so zu vereinbaren, dass diese Grundprinzipien einander stärken, verwies Sant’Egidio auf das Beispiel des gemeinsam mit der Valdenserkirche initiierten humanitären Korridors für Italien und Frankreich. Wenn hingegen die Solidarität geschwächt werde, nähme die Unmenschlichkeit zu.

Zeltlager im Winter „inakzeptabel“

Besorgt äußerte sich Sant’Egidio über die Zukunft Ungarns: „Die Geschichte urteilt streng über jene, die die Grundregel ‚Was du nicht willst, dass man dir tut, das füg auch keinem andern zu‘ verletzen“, so der Brief.

Es sei höchst bedenklich, dass die Regierung kürzlich international anerkannte Aufnahmestationen geschlossen und ihre Bewohner im Winter in Zeltlager umgesiedelt habe. Man dürfe nicht zulassen, dass Migranten, die Ungarns Grenzen legal passieren wollen, gelegentlich tagelang bei Temperaturen unter minus zehn Grad in Zelten übernachten müssten.

Kaum vorstellbares Leid

Europäer könnten sich kaum das Leid vorstellen, aus dem die in Ungarn gestrandeten Familien aus den von Terror, Ausbeutung und Verfolgung geplagten Krisenregionen zu entfliehen suchten, mahnte die katholische Laienorganisation.

Jeder könne sich aber ein Bild darüber machen, „wenn man sich die Mühe nimmt, und mit diesen Menschen spricht, ihre persönliche Geschichte anhört“, hieß es, und weiter: „Das Schicksal der Armen und Ausgelieferten kann man nur hinter dem Schreibtisch betrachtet nicht verstehen.“ Viele Ungarn hätten ähnliche Schicksalsschläge im Zweiten Weltkrieg, im Holocaust, in den Unterdrückungen der Nachkriegszeit oder nach der Revolution von 1956 auch selbst erlebt.

religion.ORF.at/KAP

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