Vatikan: Rücktritt Benedikts XVI. ohne äußeren Druck

Der frühere Vatikansprecher und jetzige Präsident der vatikanischen Joseph-Ratzinger-Stiftung Federico Lombardi hat neue Verschwörungstheorien um den Rücktritt Benedikts XVI. als haltlos zurückgewiesen.

Konkret bezog er sich auf Mutmaßungen des emeritierten Erzbischofs von Ferrara, Luigi Negri, die US-Regierung unter Barack Obama könnte den damaligen Papst wegen dessen klarer Haltung zu Lebensschutz und Schutz der traditionellen Familie zu seinem Amtsverzicht am 28. Februar 2013 gedrängt haben. Solche Äußerungen stifteten „unnötige Verwirrung“, schrieb Lombardi dem Herausgeber des italienischen Blogs „Il Sismografo“ (Mittwoch).

Federico Lombardi

ORF/Martin Cargnelli

Erzbischof mit wenig Faktenwissen

Erzbischof Negri gebe selbst zu, dass er wenig Ahnung von den Fakten habe, bemerkte Lombardi. Er verwies auf die Erklärung, die Benedikt XVI. seinerzeit zu seinem Rücktritt gegeben und die er in einem Interviewband des Journalisten Peter Seewald wiederholt hatte.

Niemand habe ihn zu dem Rücktritt gedrängt oder gar versucht, ihn zu erpressen, so Benedikt XVI. in dem Interviewbuch. „Wenn das versucht worden wäre, wäre ich gerade nicht gegangen, weil es nicht sein darf, dass man unter Druck geht.“ Diese Darstellung sei „absolut verschieden von dem, was Negri behauptet“, betonte Lombardi. Der frühere Vatikansprecher äußerte sich befremdet, dass Negri „so demonstrativ“ dem widerspreche, was Benedikt XVI. feierlich erklärt und später bekräftigt habe.

„Merkwürdiger Freundschaftsbeweis“

Negri spreche zwar gern von seiner „festen Freundschaft“ mit Benedikt XVI., so Lombardi weiter. Vor diesem Hintergrund scheine die entgegengesetzte Darstellung des Sachverhalts ein „merkwürdiger Freundschaftsbeweis“.

Absolut zutreffend hingegen sage Negri in dem Interview, dass Benedikt XVI. geistig völlig klar, aber körperlich gebrechlich sei. Eben in jener „perfekten Geistesklarheit“ sei sich Benedikt XVI. vor vier Jahren bewusst gewesen, dass er bald nicht mehr imstande sein würde, lange Zeremonien, Audienzen oder Versammlungen zu leiten, geschweige denn Reisen und Pfarrbesuche zu unternehmen.

Als Grund für den Amtsverzicht Benedikts XVI. (2005-2013) müsse man daher nicht einen „schrecklichen Druck aus Übersee“ annehmen, so Lombardi. „Wir können ruhig davon ausgehen, dass es seine sehr weise und vernünftige Entscheidung war, vor Gott und vor den Menschen“. Dafür könnten ihm die Gläubigen dankbar sein, „und auch einige seiner Nachfolger“, fügte Lombardi hinzu.

religion.ORF.at/KAP

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